Von Stefan Sasse
Schon mal von John Asht gehört? Ich auch nicht. Er schreibt "phantastische Literatur", ausdrücklich nicht zu verwechseln mit Fantasy-Literatur, und sein Roman "TWIN-PRYX: Zwillingsbrut" (Leseprobe) ist vor einem Jahr erschienen. Kennt jemand Myriel vom Blog "Bücherzeit"? Ich auch nicht. Aber John Asht und sein Verlag Roder schienen sie irgendwie als eine gewaltige Bedrohung aufzunehmen. Kurzfassung: sie mochte das Buch nicht, fand es katastrophal, brach es nach 90 von 900 Seiten ab und verfasste einen kurzen Blogbeitrag darüber, warum sie es scheiße fand. Mr. Asht, höchstpersönlich, verfasste daraufhin einen eigenen Blogbeitrag, in dem er sich (im Internet) darüber ausheulte, dass heutzutage nicht nur studierte Literaturwissenschaftler im Print rezensieren dürfen, wo dann das gehobene Bildungsbürgertum sich für das Literarische Quartett warmläuft, sondern jede "gescheiterte Studienhopperin" ihren Senf (im Internet) abgeben darf. Aber, immerhin, Mr. Asht höchstpersönlich kann, vermutlich vor einem Lagerfeuer, abgesessen von der Harley Davidson, Rache schwören: das Internet ist ja schließlich kein rechtsfreier Raum! So weit kommt es noch, dass da jeder schreiben kann, was er will! Und so griff Mr. Asht ans Hüftholster, holte "Jura für Dummies" raus und postete Myriel einen Kommentar unter ihre Rezension:
Schon mal von John Asht gehört? Ich auch nicht. Er schreibt "phantastische Literatur", ausdrücklich nicht zu verwechseln mit Fantasy-Literatur, und sein Roman "TWIN-PRYX: Zwillingsbrut" (Leseprobe) ist vor einem Jahr erschienen. Kennt jemand Myriel vom Blog "Bücherzeit"? Ich auch nicht. Aber John Asht und sein Verlag Roder schienen sie irgendwie als eine gewaltige Bedrohung aufzunehmen. Kurzfassung: sie mochte das Buch nicht, fand es katastrophal, brach es nach 90 von 900 Seiten ab und verfasste einen kurzen Blogbeitrag darüber, warum sie es scheiße fand. Mr. Asht, höchstpersönlich, verfasste daraufhin einen eigenen Blogbeitrag, in dem er sich (im Internet) darüber ausheulte, dass heutzutage nicht nur studierte Literaturwissenschaftler im Print rezensieren dürfen, wo dann das gehobene Bildungsbürgertum sich für das Literarische Quartett warmläuft, sondern jede "gescheiterte Studienhopperin" ihren Senf (im Internet) abgeben darf. Aber, immerhin, Mr. Asht höchstpersönlich kann, vermutlich vor einem Lagerfeuer, abgesessen von der Harley Davidson, Rache schwören: das Internet ist ja schließlich kein rechtsfreier Raum! So weit kommt es noch, dass da jeder schreiben kann, was er will! Und so griff Mr. Asht ans Hüftholster, holte "Jura für Dummies" raus und postete Myriel einen Kommentar unter ihre Rezension:
Na ja, von einer 23-jährigen Fantasy-Leserin, die mit gehobener Literatur überhaupt nichts anfangen kann, erwarte ich auch nicht mehr als eine solch’ unqualifizierte Pseudo-Rezi. Mädel, schreib’s dir hinter die Ohren: Phantastische Literatur ist nicht „Fantasy“. Also, tu uns allen einen Gefallen und bleib bei deinen Zwergen und Elfen – für mehr reichts nicht! … außerdem werde ich „Myriel“ und „Bücherzeit“ von meinem Rechtsanwalt gerichtlich ahnden lassen – denn mir sieht diese Einrichtung sehr suspekt aus – etwa so, wie von gewissen Leuten bezahlt, um einem Autor zu vernichten. Das wird teuer, Lady!Wie er auf den Trichter kommt, erklärt er übrigens in seinem eigenen Blogpost:
Stattdessen aber bekommt sie eine Anzeige wegen Verstoßes gegen § 15 UWG "Geschäftlicher Verleumdung". Traurig! Eine veröffentlichte Rezension ist nämlich eine ernstzunehmende Literaturkritik und daher eine konkrete Leserempfehlung - es geht also um Absatzmärkte, um den Verkauf eines Produktes und schließlich um Arbeitsplätze. Sobald eine Rezension veröffentlicht ist, untersteht sie nur dann dem Schutze der freien Meinungsäußerung, insofern sie zutreffend fundiert und objektiv analysiert ist - vor allem aber muss der Rezensent das gesamte Werk von der ersten bis zur letzten Seite gelesen haben. Ansonsten spricht man von gezielter Geschäftsschädigung wider besseren Wissens. Das ist kriminell und wird vom Gesetz geahndet sowie von der Staatsanwaltschaft vor Gericht gebracht, nach UWG (Unlauterer Wettbewerb Gesetz)Das Beste daran ist noch, dass Asht sich in seinem Post anfangs pessimistisch über die Zukunft des freien Internets geäußert hat. Ich bin nun wahrlich kein Experte, aber die Behauptungen, die Asht und sein Verlag hier aufstellen, klingen reichlich absurd in meinen Ohren. Aber selbst wenn sie wahr wären und es möglich wäre, in Hamburg oder so auf dieser Grundlage zu klagen: es ist völlig unverhältnismäßig. Die Idee alleine, einen Hobby-Rezensenten wegen einer qualitativ schlechten Rezi nicht einfach nur abzumahnen, sondern anzuzeigen ist geradezu absurd. Es ist das Schießen auf einen verwundeten Spatzen, mit einem thermonuklearen Sprengsatz. Glücklicherweise wird sich ja sicherlich irgendjemand im Verlag besinnen, Asht auf die Finger klopfen und ihm mitteilen, dass das, was er gerade abzieht, nicht nur eben unverhältnismäßig ist, sondern auch schädlich für seinen Ruf und den des Verlags. - Oder auch nicht. Die Verlegerin meldet sich höchspersönlich zu Wort und kommentiert Asht gleich hintendrein:
Grundregel Nummer 1 für eine Rezension ist, dass man das Buch überhaupt gelesen hat!!!Wow. Das ist wohl die Rick Perry der Verlegerinnen. Mal kurz als Grundkurs: eine freundlich-distanzierte, etwas formal gehaltene Mail, in der man die Rezensentin auf die wahrgenommenen Qualitätsdefizite hinweist und bittet, die Rezension noch einmal zu überdenken, wäre der richtige Weg gewesen. Wenn das nicht passiert, kann man einfach Rezensionsexemplare verweigern. Wenn Madame ihr Belegexemplar selbst gekauft oder sonstwie besorgt hat, dann geht schlicht gar nichts anderes. Man packt nicht das juristische Großkaliber aus und droht, eine kleine Bloggerin finanziell zu vernichten, deren Wirkungsradius so groß nun wirklich nicht sein kann. Wenn man das natürlich trotzdem tut muss man schnell feststellen, dass Leute wie ich dabei mithelfen, den Wirkungsradius plötzlich enorm zu vergrößern. Denn das Internet und die Möglichkeit, auch schlechte Rezensionen über schlechte Bücher zu verfassen, sind wesentlich wichtiger als der verletzte Stolz eines Phantasie-Buch-Autoren, den man nicht mit einem Fantasy-Buch-Autor verwechseln sollte. Er kann Myriel ja dann ihre Elfen und Zwerge lassen und weiter über Fransen-Indianerinnen in Sibirien schreiben, während er auf eine Rezension im FAZ-Feuilleton hofft.
Es ist absolut unfair, sich hinter einem anonymen Decknamen zu verstecken und einfach ein Buch zu verreißen, das man gar nicht kennt. Ein Buch mit über 900 Seiten ernsthaft bewerten zu wollen, obwohl man gerade mal 90 Seiten gelesen hat, ist nicht nur höchst unprofessionell, es zeigt auch, dass hier jemand Internetforen missbraucht, um den Autor oder den Verlag anzufeinden. Das sollte von einem seriösen Forum eigentlich angemahnt und unterbunden werden, denn persönliche Differenzen, wie auch immer sie geartet sein mögen, haben in einer Rezension nichts verloren – genauso wenig wie starke Emotionen, egal ob positiv oder negativ, denn diese trüben die Wahrnehmung und verzerren das Bild.
Aber es ist natürlich bequem, so schön anonym einen Verriss zu posten. Man muss ja dem vermeintlichen „Gegner“ dabei nicht in die Augen schauen. Nicht gerade mutig, aber eben einfach. Auf diese Weise kann man auch wunderschön sogenannte „Freundschaftsdienste“ erfüllen und sich zum Handlanger anderer machen. Allerdings besitzt jeder Verlag und auch jeder Autor die Handhabe, eine feindliche und destruktive Kampagne ahnden zu lassen, sodass dann vor der Staatsanwaltschaft auch der Deckname nichts mehr nützt. Die Person wird identifiziert und zur Rechenschaft gezogen.
Literatur ist aber nicht einfach nur gut oder schlecht. Jeder Leser nimmt ein Buch unterschiedlich wahr. Dabei spielt die bisherige Leseerfahrung eine Rolle, der Bildungshintergrund, die persönlichen Vorlieben und und und.
In der heutigen literarischen Landschaft gibt es eine Flut von Büchern, die Leser bedienen, die nicht mehr nachdenken wollen und keine großen Ansprüche an den Inhalt stellen – immer schön nach dem gleichen Schema gestrickt, denn viele Verlage werfen nur noch möglichst schnell neue Bücher auf den Markt. Anspruch wird ersetzt durch einen entsprechend hohen Werbeetat.
Daneben gibt es aber noch solche Autoren, die sich Zeit nehmen für ihr Werk, die Handlungsstränge ausarbeiten und eine Geschichte entwickeln. Daraus entstehen Bücher, die nicht zur Massenware zählen und die den Leser zum Mitdenken anregen wollen – keine vorgekaute Kost. Damit bilden diese Bücher ein Gegengewicht zur heutigen Massenware Buch und bereichern das literarische Angebot im deutschsprachigen Raum. Diese Bücher wissen noch etwas zu erzählen und können den Horizont erweitern.
Wer damit nicht mehr umgehen kann, sollte sich künftig besser nur noch mit anspruchsloser Kost berieseln lassen. Das ist auch den Machthabern lieber, denn diese Art von Fast-Food-Leser lassen sich optimal lenken und kontrollieren – eben weil sie allmählich das rationale Denken verlernen.