Eine Nation unter Waffen

 

Diese ganzen Redneck-Trottel, die mit ihrer Waffennarretei aus den Honky Tonks wackeln oder aus ihren Anwaltskanzleien strömen, sind verdammt noch eins unsere Freunde. Ihr sonderbarer Ansatz der Befriedung der Gesellschaft, in der sie leben, schadet uns doch nicht. Die meinen nämlich, dass Littleton, Blacksburg oder Newtown zu verhindern gewesen wäre, wenn sämtliche Lehrer an den Schulen auch bewaffnet zur Schule gegangen wären. Es gibt gewissermaßen nicht zu viel Waffen, die im Umlauf sind, sondern gegenteilig, es sind viel zu wenig.
Wir halten solche Ansicht hier in Deutschland zuweilen für reaktionär und schütteln verständnislos die Locken, wenn wir mit ihnen konfrontiert werden. Entgeht uns dabei der gesunde Geschäftsinn, den wir sonst an den Tag legen, wenn wir Waffen verschiffen? Da lauert doch dicker Umsatz. Umsatz, den wir sonst gerne in unsere Geschäftsbücher eintragen, wenn in anderen Teilen der Welt Waffen benötigt werden. Dabei ist des Rednecks Zu-wenig-Waffen-Theorie eine Goldgrube.

Bewaffneten sich die Lehrer auch im Unterricht - privat sind sie es ja unter Umständen schon -, so müssten nach Maßgabe dieser Eskalationstrategie auch die Kinderchen Schussgerät mit in die Schule nehmen. Schließlich könnte der Lehrer irgendwann austicken, wenn es zu viel Geschrei und Geschwätz gibt, da könnte er ja in Versuchung geraten. Nach der Sache in Newtown sagte ein befragter Amerikaner, wenn ein Lehrer eine Waffe gehabt hätte, dann hätte man dem Typen schnell den Kopf weggeknallt und dann wäre die Katastrophe eher ein Kataströphchen gewesen. Das kann man mal Weitsicht nennen! Kurzum, wenn der Lehrer ausrastet, dann müssen die Kinder die Möglichkeit haben, ihm den Kopf wegzuschießen. So funktioniert Befriedung.
Seien wir plötzlich nicht so ethisch. Das verhindert nur Geschäfte. Im Gegenteil, eine aufgerüstete Zivilgesellschaft bringt Innovationen mit sich. Mobiltelefone für Kinder gibt es doch auch. Warum nicht auch handliche und kindergerechte Pistolen? Sonst heißt es doch auch, dass Panzer nach Arabien Arbeitsplätze sicheren und schaffen. Sozial ist, was Kinderpistolen schafft. Und es sind ja nicht nur die Kinder, die dann Waffen benötigen, sondern auch die Eltern. Vor allem die Eltern! Schon mal Kinder erlebt, die wütend auf ihre Eltern sind? Man muss sich doch wehren können! Und das ganze andere Personal in Schulen braucht selbstverständlich auch Waffen. Und Kindergärtnerinnen, wenn es chic wird, dass man schon Hosenscheißer waffentechnisch ausstattet. Alles zur Sicherheit, versteht sich.
Was sollen wir denn da moralisieren? Wir liefern doch auch in andere Landstriche. Aufrüstung ist doch sonst ein Grund zur Freude. Die ganze liberale Rotte, die Waffenkontrollgesetze fordert, die ist doch nicht gut für den Waffenstandort Deutschland. Der Redneck und seine Waffenliebelei ist es hingegen schon. Wo sind denn plötzlich unsere Prioritäten? Warum so moralingetränkt, wenn einer von denen erläutert, auf Amerikas Straßen sind zu wenig Waffen unterwegs? Uns soll es doch recht sein. Trifft uns dann etwa die Schuld, wenn die schöne Theorie nicht aufgeht und alle fünf Sekunden jemand durch eine Waffe ums Leben kommt. Alle fünf Sekunden verhungert auch ein Kind - und das, liebe Leute, ist doch nur eine Marginalie.
Die Geschäftstüchtigkeit deutscher Waffenkonzerne und ihrer politischen Schmierlappen verhindert Panzer für Arabien oder Maschinengewehre für Afrika nicht. Der Bürger zuckt nur mit den Achseln. So ist das halt mal, Geschäft ist Geschäft und von irgendwas muss man ja leben. Bis der Redneck kommt, der amerikanische Freund. Dann versteht man die Welt nicht mehr. Wie kann man nur so blöd sein, fragt man sich dann, wenn man so einen Typen das Maul aufmachen sieht und hört. Klar, der ist ja wie wir, denkt man. Westliche Kultur und so. Westliche Aufklärung. Weißer Mann. Und dann will er aufrüsten, will er Pädagogen mit Knarren sehen. Und dann kehrt der Bürger, der bei Panzer für die nicht-weiße Welt mit seinen Schultern zuckt, seinen Widerwillen heraus, wird ganz ethisch, wütend sogar und kann nicht begreifen, wie sich weiße Vernunftsmenschen gegenseitig in die Eskalation peitschen.
Ein fiktiver Präsident namens Romney hätte womöglich die Waffengesetzgebung gelockert. Und nehmen wir nur kurz an, ein deutsches Magazin hätte unter Berufung auf geheime Dokumente darüber geschrieben, dass diese Lockerung den deutschen Waffenlieferanten Mehraufträge in Milliardenhöhe einbrächte, was hätten wir da im Angesicht von Littleton, Blacksburg und Newtown geschimpft und gewettert. Geschäftssinn ade! Dergleichen regt uns auf. Arme weiße Kinder unter der Fuchtel bewaffneter Pädagogen. Schwarze Kinder unter dem Diktat von der westlichen Welt bewaffneter Generale sind leichter zu ertragen.
Eskalation als Deeskalation. Im Kalten Krieg haben wir das als Methode erlebt. Atomwaffen und noch mehr Atomwaffen. Immer zwei oder drei mehr als der Gegenspieler besitzen. Eskalation ist das Prinzip in dieser Welt. Wir eskalieren ja auch. Der Markt hat versagt. Lösung: Noch mehr Freihandel und Deregulierung. Die Freiheit ist vom Terrorismus gefährdet. Lösung: Freiheit einfrieden. Es fehlt Binnennachfrage. Lösung: Noch mehr sparen.
Seid also nicht so verlogen, sondern unterstützt den Redneck. Für eure Arbeitsplätze. Für den Wohlstand in Deutschland. Mehr Waffen müssen unser Schaden nicht sein. Man könnte natürlich dieselbe Moral walten lassen, wenn mal wieder Waffenladungen in den Kongo gehen sollen. Aber das könnte Arbeitsplätze gefährden und von irgendwas muss man doch leben ...

 


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