Eine Hommage an den Triathlonkosmos

Foto: Marcel Hilger

Sonntagmorgen. 6:15 Uhr. Der epische Sound meines Handyweckers begrüßt mich. Ich leicht schmunzelnd an die weißkahle Decke starrend, frage mich, ob ich auch irgendwann eine Langdistanz racen werde. Ich denke nach. Auch über die Wortschnipsel der tiefen Stimme, die mir jeden Morgen souffliert:

Du wirst den Menschen ein leuchtendes Beispiel sein.

Sie werden dir nacheifern, sie werden stolpern, sie werden fallen.

Doch schließlich werden sie zu dir in die Sonne aufsteigen.

Mit der Zeit wirst du ihnen helfen, Wunder zu verbringen.

88 Sekunden, die mich trotz Pathos irgendwie erden. Zeitsprung. 6:20. Das in der Kaffeemaschine aufgekochte Wasser brodelt noch ein paar Momente vor sich her. Meine Finsishertasse vom Neuruppin-Triathlon wartet schon auf die morgendliche Flutung – es ist das braune, flüssige Gold, das sie und ich lieben. Ich lasse noch schnell a bisl‘ Butter und Kokosfett hineinplumpsen. Fertig, Siegel kann drauf: Bulletproof!

6:24 Uhr. Noch wenige Sekunden, dann startet er – der triathletische Wahnsinn! Will einen genüsslichen Schluck nehmen, verziehe dabei mein Gesicht. Im Nanosekundenbereich signalisieren meine Mundrezeptoren dem Oberstübchen: „AHHHH HEIß!!!“. Schmerzverzogen, kleckere ich  – natürlich – auf das frischgewaschene Swim-Frodo-Run-Shirt. Verbuche es unter „klassisch tollpatschig wie immer“. Aber gut. Kurz nach 6:25 Uhr – fuck, wie geil, da strömen sie wieder los – tausende adrenalingetränkte Triathleten starten ihr Langdistanz Highlight. Und ich? erliege meiner ganz eigenen Langdistanz…

Zweimal im Jahr zum krassen Couchpotato mutieren

Absolut. Zweimal im Jahr, nämlich in der jeweils zweiten Woche des Julis bzw. Oktobers, mutiere ich zum krassen Couchpotato. Aber mal so richtig ey.

Diesmal musste ich eine schwere Entscheidung fällen. Was gebe ich mir? Ironman oder Challenge? Frankfurt oder Roth? Das Battle um Kienle, Böcherer und Lange oder das um Frommhold, Bracht und Clavel. Die Starterliste von Roth spuckt auch einen Herr Domke aus. Tangiert meine Gewissenskonflikt null, ist ja auch nicht am Start. Muss trotzdem kurz schmunzeln. Schon irgendwie cool, dieser Sportspinner. Egal. Es brauchte eine Entscheidung. Und sie kommt 2-Tab’ig daher. Ganz richtig gelesen: ZWEITABIG. Habe ich gerade erfunden. Und so switche ich zwischen Langener Waldsee und Main-Donau-Kanal. Feiere erst Lukasz Wojt’s first-out-of-Water-Status, später den zweitbesten Swimsplit von Maurice Clavel.

Die Momente von T1 aus Frankfurt verfolge ich müslilöffelnd. Ach so, hatte ich vergessen. Während Kienle & Co ihre heftigsten Freistil-Skills auspackten, bowl‘te ich schnell mein Standardporridge zusammen. Ja, noch so ein sinnfreies Verb. Da müssen wir jetzt durch. Ersparen wir uns wenigstens die Zutaten. Sie wären so innovativ, wie die viel zitierte Floskel mit dem umfallenden Sack Reis in…du weißt schon wo!

Ob ich heut‘ nochmal die Horizontale verlasse?

Lasse es mir schmecken. Ergötze mich an den sündhaft teuren Carbonmaschinchen und jubel Lange zu, wie er den führenden Wojt quasi stehen lässt. „Joo looos Patrick, auf geht’s BALLERN!“, doch er kann mich nicht hören. Muss an der Leitung liegen. Schreie nämlich ziemlich laut. Ich mein, ich hätt‘s jetzt nicht gemerkt, aber das dezent verärgerte „Hast Du sie noch alle, hier so laut am Sonntagmorgen rumzubrüllen?!?“ meiner Mum, geht auch nicht an mir vorbei. Genauso wie der Startschuss in Roth. Ob die Frommhold-Festspiele beginnen?

Zurück nach Frankfurt. Wie aufgezogene Matchboxautos düsen sie nun alle aerodynamisch as fuck los. Okay, beim Luksz frage ich mich schon, ob sie da nicht einen ausgemusterten Schwimmer auf das Zeitfahrrad gesetzt haben. Will es mir fast nicht anmaßen, seine Haltung verdient aber das Prädikat „ausbaufähig“. Trotzdem knallen sie alle was das Zeug hält. Und einzig die Frage bleibt: Wem geht zuerst die Puste aus? Wer platzt, wer ballert aber mal so richtig? Fragen, die ich mir ab 9:15 nicht mehr von der Couch aus stelle. Habe die horizontale aufgegeben. Alles is ready. Klicke mich in die Pedale und starte den (oder das?) Garmin. 60min mit ein paar knackigen Intervallen. Heut ist mein Motivationslevel eh so prall, wie das Dekolletee von Frau Katzenberger. Okay, der war jetzt richtig schlecht. Wollte ihn im ersten Moment nochmal löschen, hab‘s dann aber vergessen. Sachen gibt’s!

Schweißgetränkt, hänge ich Handtuch, Untermatte und meine Alpecin-Klamotten draußen auf die Leine und spurte wieder ins Wohnzimmer. Inzwischen berichten die Sportsfreunde von hr. Großbildschirm, Chillsachen, ein leckerer Eiweißshake – so lässt‘s sich leben!

Der Vergleich ist es Glückes Tod

Während ich ein paar Mal laut Plan mehrere Minuten bis zu 340 Watt fahren sollte, ballern die Pro’s nun schon mehr als 4 Stunden mit wahrscheinlich nicht viel niedrigeren Wattzahlen über den Aspahlt. Aber wie sagt man so schön: Der Vergleich ist es Glückes Tod. Und so freue ich mich über meine, wenn auch kleinen, Fortschritte im Training. Realisiere kurz, dass der Ötztaler schon bald anklopft. Noch 7 Wochen bis zu meinem Saison-Highlight. Huiiii. Aber zurück zum Triathlon Kosmos.

Hatte ihn nämlich kurz verlassen. Bin eingenickt. Einfach so. Kennst Du das, wenn Du so richtig zufrieden auf der gemütlichen Couch einnickst? Das kommt immer richtig gut. Gut, diesmal was es kein gewollter, dafür mal wieder ein akkuaufladener Powernap. Nach dem Status Quo von Frankfurt und Roth suchend, sauge ich TV-Bilder, Kommentare aus Frankfurt sowie Athletentracker der Datev Challenge gleichzeitig auf. Alles klar, Kienle drückt dem Ironman ein weiteres Mal seinen Stempel auf. Gedankensprung nach Roth. „Hä Frommbold?, keine neue Splitzeit? Scheiße!„. NEIN. Sturz. Das Aus. Tut mir echt Leid, Nils. Keep on going!!

Abermaliger Zeitsprung. Knapp 14:08 Uhr. Muss schmunzeln. Hat er es wieder gepackt. Dieser Kienle ist einfach ein geiler Typ! Wobei ich diesmal mein Geld auf Lange gewettet hätte. Und wie sieht‘s 260 Kilometer weiter im Rother-Stadion aus? Dort feiert ein paar Minuten später ein Herr Aernouts den Sieg. Völlig überwältigt dann Maurice als Dritter! Geile Roth-Premiere! Hammer!

Brauche eine Konsumpause

Schlüpfe nicht nur in neue, frische Alpecin-Klamotten, sondern sozusagen auch von der Konsum- in die Produzentenrolle. Jetzt wird selber geackert. Gekurbelt, geballert, geklettert und genossen. So tief ich gedanklich mit den Weiten des Triathlonkosmos verbunden bin, so fokussiert spule ich in diese Wochen und Monaten mein Rennradtraining ab. Einheit für Einheit, mal hier ein Wehwehchen, mal da ein Platten. Letzteres passt grad stilistisch, hatte ich aber gar nicht. Und so ist die Luft in meinen Continental-Reifen und bei mir nicht raus, sondern so prall gefüllt wie…okay, lassen wir’s diesmal gut sein mit schlechten Wie-Vergleichen.

Da gestern Bergtraining anstatt, gibt’s heute noch lockeres Grundlagenrollen. 3 Stündchen. Vielleicht mach ich zweieinhalb draus. Denn zu Hause, auf der gemütlichen Couch im Wohnzimmer, wartet das dritte sportliche TV-Highlight an diesem Tage: die neunte und gleichzeitige Königsetappe der Tour de France. BÄM!

Hier endet meine heutige Geschichte.

Bis bald,

Sören 😜


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