Wenn ich eine Figur zeichne, dann mache ich ein ähnliches Gesicht, wie die entstehende Figur. Ich wurde vor vielen Jahren in einem Seminar von einem belustigten Teilnehmer darauf hingewiesen. Damals unterrichtete ich “Methoden und Techniken der Prozessorganisation” und hatte, um das trockene Thema aufzulockern, eine Pinnwand mit allerlei schrägen Männchen vollgemalt – die alle im Prozess involviert waren.
Machen wir wohl immer die passende Mine zu dem, was wir gerade tun? Ein grimmiges Gesicht, wenn wir eine Reklamation schreiben oder ein fröhliches, wenn wir etwas schönes Fotografieren? Eigentlich wäre das ja das Normale und Natürliche!
Wir identifizieren uns aber nicht nur mit dem eigenen Produkt, sondern auch mit den Schöpfungen von Anderen. Jeder Autor und jeder Filmemacher setzt alles daran, dass der Leser oder Kinobesucher sich mit dem Helden identifizieren kann.
Besonders interessant ist das bei den Comic. Weshalb erkennt ein Kind (und auch viele Erwachsene) sich in einer Ente wieder, die in Entenhausen wohnt? Weil die Ente niemandem von uns gleicht! Je abstrakter die Figur, umso mehr Leute finden sich darin wieder! Bei der Erfolgsserie “Tim und Struppi” von Hergé zum Beispiel ist es sogar so, dass der Hintergrund jeweils viel naturalistischer dargestellt wird als die Figuren selber. Das ist kein Zufall – sondern Teil des Erfolgsrezepts!
Beobachte einmal die Gesichter der Menschen, die Bilder betrachten, sei es in einer Galerie oder Kunstausstellung - identifizieren sie sich oder nicht? Beobachte Menschen die aus dem Kino kommen – hat es geklappt? Und wie steht es mit uns selber: in welchen Helden oder Werbefiguren, in welchen Kinostars oder Fernsehmoderatorinnen erkenne ich mich selber wieder?
Entstehenlassend / 49cm x 73cm / Gouache und Acryl auf Filzmatte / 2011, Nr.11-063
