Kaum wird es wärmer, nerven sie schon wieder mit ihrem Gesumme, setzten sich auf die Backe oder auf den Computerbildschirm und sausen wieder davon: die Stubenfliegen.
Die eine spaziert an der Fensterscheibe, die andere an der Zimmerdecke mit den Füssen nach oben. Freeclimbing? Buldering? Sie hat Drüsen an den Beinen, die eine raffinierte Flüssigkeit aussondert, und durch die Form der Fußlappen kann sie die Kapilarkräfte maximal ausnutzten.
Wenn es nochmal kalt wird, dann kommen sie in einen Starrezustand, und scheint die Sonne, dann tauen sie wieder auf. Aber am erstaunlichsten ist es, dass sie in wildem Zick-Zack fliegen können und wenn sie irgedwo sitzen, kann man sie kaum erwischen. Das liegt an ihren Augen.
Wenn man nämlich doch mal eine erwischt, und ihren Kopf genau anguckt, sieht man, dass der zur Hauptsache aus zwei grossen Halbkugeln besteht. Ihre Facettenaugen. Diese Kuppeln links und rechts am Kopf bestehen aus unzähligen Einzelaugen (sogenannten Ommatidien). Diese Einzelaugen sind alle unbeweglich (sie kann also nicht schielen) und jedes Einzelauge hat sein Sehzentrum ein klein wenig in eine andere Richtung.
Stubenfliegen haben so etwas 4000 Augen, während Libellen auf 28‘000 kommen. Je schneller ein Insekt fliegen kann, umso mehr Einzelaugen hat es. Die Libelle hat sogar noch einige Spezialaugen extra, die sie für die Stabilität braucht. Da jedes Auge in eine andere Richtung zielt, sehen viele Insekten konstant 360°. Also ständig Panoramablick! Wow.
Nun, auch wenn die Stubenfliege so viele Augen hat, ist die Auflösung (also die Farben und Details der Dinge) viel geringer als bei uns. Denn jedes der 4000 Augen hat nur wenige Sinneszellen (Sehnervenenden), und deckt zudem nur einen Teilbereich des Sehfeldes ab. Also ein wenig körnig sieht ihr Panorama schon aus.
Aber das verrückte ist die Schnelligkeit der Augen! Bekanntlich muss ein Kinofilm mindestens 28 Bilder pro Sekunde abspulen, damit wir die Illusion der Bewegung wahrnehmen. Für eine Stubenfliege wäre das aber eine langsame Diashow. Sie bräuchte mindestens 300 Bilder pro Sekunde, damit sie dies als Film empfinden würde. Deshalb erscheint ihr auch unsere Bemühungen, sie zu fangen, als sehr langsam und sie kann gemütlich noch davonfliegen. Die Fliege lebt also konstant in Zeitlupe. Deshalb kommt vielleicht einer Eintagsfliege ihr ein und einziger Tag so unglaublich lang vor!
Wir sind umgeben von sensationellen Wunderwerken.
Täglich die persönliche Zeitlupe einschalten lohnt sich!
BILD:
Vergrößerung / 45cm x 65cm / Gouache auf Zeichenpapier / 2011, Nr11-059
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