EIN VETERAN KLAGT AN: Mein letzter Brief (Thomas Young)

“Thomas Young wurde im Irakkrieg schwer verwundet. Jetzt liegt der Friedensaktivist im Sterben und schreibt einen letzten Brief an George W. Bush – eine schonungslose Abrechnung.

Thomas Young in der Sterbeklinik (Bild: Claudia Cuellar)

Thomas Young in der Sterbeklinik (Bild: Claudia Cuellar)

An: George W. Bush und Dick Cheney

Von: Thomas Young

InfoboxThomas Young
Thomas Young (33) wurde am 4. April 2004, nur fünf Tage nach seiner Ankunft im Irak, in Bagdad von einer Kugel in die Wirbelsäule getroffen und ist seither von der Brust abwärts gelähmt. Nach seiner Rückkehr war er zu einer der ersten Veteranen, die den Irakkrieg öffentlich kritisierten. Der Dokumentarfilm «Body of War» (2007) handelt von seinem erfolglosen Versuch der Wiedereingliederung ins Zivilleben. Nach mehreren schweren Komplikationen, die von seinen Kriegswunden herrühren, kann Young nur noch über einen Schlauch ernährt werden. Inzwischen liegt er in einer Sterbeklinik in Kansas City und hat angekündigt, die künstliche Ernährung im April einzustellen.
Ich schreibe diesen Brief am 10. Jahrestag des Irakkriegs und im Namen meiner Kameraden. Ich schreibe diesen Brief im Namen der 4488 Soldaten, die im Irak fielen. Ich schreibe diesen Brief im Namen der Hunderttausenden verwundeter Veteranen und im Namen jener, denen seelische und körperliche Wunden das eigene Leben zerstört haben. Ich bin einer von denen, die schwer verwundet wurden. Ich bin querschnittgelähmt, seit ich 2004 in Sadr City in einen Hinterhalt geriet. Mein Leben neigt sich dem Ende zu. Ich befinde mich in einer Sterbeklinik.

Ich schreibe diesen Brief im Namen der Männer und Frauen, die ihren Ehepartner verloren haben, im Namen von Kindern, die einen Elternteil verloren haben, im Namen von Vätern und Müttern, die Söhne und Töchter verloren haben und im Namen jener, die meine Tausenden Kameraden mit Hirnverletzungen pflegen. Ich schreibe diesen Brief im Namen jener Veteranen, deren Trauma und Ekel über das, was sie im Irak gesehen, ertragen und selbst gemacht haben, sie in den Selbstmord getrieben haben und im Namen jener Soldaten, von denen im Schnitt jeden Tag einer Selbstmord begeht. Ich schreibe diesen Brief im Namen der rund einen Million toten Iraker und der zahllosen irakischen Verwundeten. Ich schreibe diesen Brief in unser aller Namen – dieser menschlichen Trümmerlandschaft, die Ihr Krieg zurückgelassen hat. Im Namen jener, die den Rest ihres Lebens mit endlosem Schmerz und Kummer verbringen werden.

Zwei Tage nach 9/11 wurde ich Soldat. Ich tat es, weil unser Land angegriffen worden war. Ich wollte gegen jene zurückschlagen, die knapp 3000 meiner Landsleute umgebracht hatten. Ich wurde nicht Soldat, um in den Irak zu gehen, ein Land, das mit 9/11 nichts zu tun hatte und keine Bedrohung für seine Nachbarn, geschweige denn für die USA darstellte. Ich wurde nicht Soldat, um die Iraker zu «befreien» oder imaginäre Massenvernichtungswaffen auszuschalten oder etwas, was Sie zynisch «Demokratie» nannten, in Bagdad und im Nahen Osten zu installieren. Ich wurde nicht Soldat, um den Irak wiederaufzubauen, was mit dem Ölreichtum Iraks bezahlt werden sollte, wie Sie uns damals weismachten. Tatsächlich kostete dieser Krieg die USA über drei Billionen Dollar. Vor allem aber wurde ich nicht Soldat, um einen Präventivkrieg zu führen, was laut internationalem Recht illegal ist. Als Soldat im Irak beförderte ich, wie ich heute weiss, Ihren Schwachsinn und Ihre Verbrechen. Der Irakkrieg ist der grösste strategische Fehltritt in der amerikanischen Geschichte. Er hat das Kräftegleichgewicht im Nahen Osten zerstört. Er brachte eine korrupte und brutale pro-iranische Regierung an die Macht, die ihre Herrschaft mit Folter, Todesschwadronen und Terror zementiert. Der Iran ist nun die dominierende Regionalmacht. Egal in welcher Beziehung – moralisch, strategisch, militärisch und wirtschaftlich: Der Irakkrieg war ein Desaster. Sie, Herr Bush und Herr Cheney, haben ihn angefangen. Also sollten auch Sie die Konsequenzen tragen.”

Kompletter Brief: http://www.20min.ch/ausland/dossier/irak/story/Mein-letzter-Brief-13758049

Zur Person:

EIN VETERAN KLAGT AN: Mein letzter Brief (Thomas Young)

“Thomas Young (33) wurde am 4. April 2004, nur fünf Tage nach seiner Ankunft im Irak, in Bagdad von einer Kugel in die Wirbelsäule getroffen und ist seither von der Brust abwärts gelähmt. Nach seiner Rückkehr war er zu einer der ersten Veteranen, die den Irakkrieg öffentlich kritisierten. Der Dokumentarfilm «Body of War» (2007) handelt von seinem erfolglosen Versuch der Wiedereingliederung ins Zivilleben. Nach mehreren schweren Komplikationen, die von seinen Kriegswunden herrühren, kann Young nur noch über einen Schlauch ernährt werden. Inzwischen liegt er in einer Sterbeklinik in Kansas City und hat angekündigt, die künstliche Ernährung im April einzustellen.”

Quelle: http://www.20min.ch/ausland/dossier/irak/story/Mein-letzter-Brief-13758049


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