Ein Unglück als Glücksfall für die Denkmalpflege

Die nach einem schweren Brandschaden restaurierte Pfarrkirche in Waxweiler ist – auch dank der Anwendung traditioneller Lehmbau-Technik – ein Musterbeispiel nachhaltiger Sanierung.

Weithin sichtbar: der brennende Kirchturm des „Eifeldoms“ in Waxweiler.

Weithin sichtbar: der brennende Kirchturm des „Eifeldoms“ in Waxweiler.

Als kurz vor Weihnachten 2004 das Feuer ausbrach war in der kleinen Eifel-Gemeinde Waxweiler die Aufregung groß. Bei Renovierungsarbeiten war die Turmhaube der Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in Brand geraten, das Bild vom brennenden Kirchturm ging durch alle Medien.


Dem Entsetzen über die Brandkatastrophe folgte große Entschlossenheit von Bürgern, Planern und Verwaltung: Der Schaden musste beseitigt und das Wahrzeichen Waxweilers wieder weithin sichtbar werden. Eine Ausschreibung der notwendigen Restaurierungsarbeit wurde beschlossen. Claytec-Handelspartner Daniel Hormisch, der Architekt Manfred Berg und Claytec-Handwerkspartner Walter Thielen bildeten eine Arbeitsgruppe. Gemeinsam gab man ein Angebot für die Sanierung des barocken Sakralbaus ab.

Gegen Mitbewerber durchgesetzt

Naturbaustoffhändler Daniel Hormisch erzählt, wie es dann weiterging: „Nachdem wir unser gemeinsames Angebot abgegeben hatten, stellte sich heraus, dass es neben unserem noch ein weiteres Angebot auf die Ausschreibung gab. Mitbewerber war ein großes süddeutsches Unternehmen, das sich auf Kuppelbauten spezialisiert hat. Es war für uns schwer einzuschätzen wie unsere Chancen gegen diesen Mitbewerber sein würden. Als sich dann im Laufe der öffentlichen Diskussion herausstellte, dass die Sanierung mit nachhaltigen Materialien unter den Kriterien des Denkmalschutzes ausgeführt werden sollte, wurde uns allmählich klar, dass wir eine reelle Chance hatten, den Auftrag zu erhalten. Denn der Mitbewerber hatte lediglich eine Lösung mit konventionellen Baustoffen in Trockenbauweise, sprich: Metallprofile und Gipskartonplatten, im Angebot.“ Als man dann tatsächlich den Zuschlag bekommen habe, sei man stolz und froh gewesen, als Handwerker und Dienstleister aus der Region mit der wichtigen Aufgabe betraut zu werden, den Waxweiler Bürgern „ihre“ Kirche wiederzugeben.

v.l.n.r.: Ausfachung des Kirchendachs mit Lehm-Wickelstaken, Wickelstaken im Detail, fertige Ausfachung nach dem Verstreichen

v.l.n.r.: Ausfachung des Kirchendachs mit Lehm-Wickelstaken, Wickelstaken im Detail, fertige Ausfachung nach dem Verstreichen

Rückblickend denkt Hormisch heute noch oft daran, wie engagiert und kreativ er mit seinen Partnern damals an die große Aufgabe herangegangen war: „Wir haben gesagt wir machen das, und dann haben wir losgelegt.“ Bei der Arbeit sei man dann mit vielen Herausforderungen konfrontiert gewesen, für die man den optimalen Lösungsweg erst einmal erarbeiten musste. So war etwa die Herstellung von Wickelstaken für Thielen und Hormisch seinerzeit zumindest praktisch noch Neuland. An unbeschädigten Stellen habe man den Aufbau dieser klassischen Technik studiert, so Hormich, und sich danach in einem regionalen Sägewerk die Eichenstaken auf Maß zusägen lassen. Der Rohlehm für die Ausfachung kam von Claytec und die Strohballen vom Nachbarbauern. Zusätzlich zum Studium am Objekt absolvierte Walter Thielen eine Fortbildung zur Fachkraft Lehmbau im Zentrum für Restaurierung und Denkmalpflege in Herrstein. Die Vermittlung der traditionellen Technik der Ausfachung mit Wickelstaken ist ein Bestandteil dieser vom Dachverband Lehm organisierten Weiterbildung.

Irreparables Eisengeflecht - Wasserschaden am Fachwerk – weitgehend intakte, Jahrhunderte alte Lehm-Ausfachungen

Irreparables Eisengeflecht – Wasserschaden am Fachwerk – weitgehend intakte, Jahrhunderte alte Lehm-Ausfachungen

Bemerkenswert: Bei den Sanierungsarbeiten stießen die Handwerker auf eine bis dahin eher unbeachtet gebliebene, irreparabel geschädigte Eisengeflecht-Konstruktion aus den 1920-er Jahren im Bereich des Dachstuhls. Zwar gab es auch an den mit Lehm ausgefachten Eichenbalken nicht reversible Schäden, allerdings nur in Bereichen, die durch undichte Stellen im Kirchendach direkter Feuchtigkeit ausgesetzt waren. An anderen Stellen hatte die Konstruktion aus Lehm und Holz mehrere Jahrhunderte komplett unbeschadet überstanden.

Gemisch aus Blähton und Lehm – Einbringen der Leichtlehm-Schüttung – plan gezogene Zwischendecke

Gemisch aus Blähton und Lehm – Einbringen der Leichtlehm-Schüttung – plan gezogene Zwischendecke

Auch bei der Restaurierung der Zwischendecke kam Lehm zum Einsatz. Hier wurden Liapor Blähtonkugeln mit Wasser und Lehmpulver zu einer Leichtlehmschüttung vermischt und damit die Zwischenräume zwischen den Deckenbalken verfüllt. Im Kirchenbau machen sich die Eigenschaften des Lehms als Klimaspeicher besonders bemerkbar. Hier, wo zum Gottesdienst nur einmal am Wochenende aufgeheizt wird, hilft die Verwendung des sorptionsfähigen Naturmaterials, die zwangsläufig auftretenden hohen Schwankungen der Raumluft-Feuchtigkeit auszugleichen.

Barocke Farbgebung statt Nut- und Federbrettern

Barocke Farbgebung statt Nut- und Federbrettern

Unter dem Deckengewölbe wurden Schilfrohrplatten als Putzträger befestigt, auf die ein Grundputz aus Lehm aufgebracht wurde. Abschließend wurde die Decke mit einer Kalkglätte versehen. Diese diente als Malgrund für die vorgesehene Deckenmalerei. Diese künstlerische Deckengestaltung, geschaffen im Jahr 2006, zeigt eine Neuinterpretation eines barocken Himmels. Wo vor der Restaurierung profane Nut- und Federbretter den Blick auf das gewölbte Kirchendach versperrten, versinnbildlicht nun kunstvolle Deckenmalerei im Farbkanon des Barocks himmlische Weite und Erhabenheit. In der Gegenüberstellung von altem und neuem Zustand zeigt sich, wie viel der Sakralbau durch diese Maßnahme an Tiefe und Atmosphäre gewonnen hat.

Es klingt paradox, aber am Ende erwies sich das Unglück des Kirchturmbrandes für die Bürger von Waxweiler und für den Denkmalschutz als Glücksfall: waren doch zahlreiche Baumängel aus den vergangenen Jahrzehnten erst im Zuge der denkmalgerechten Restaurierung ans Tageslicht geraten. Über kurz oder lang hätten diese zu schwerwiegenden Bauschäden geführt. Nun aber ist die Kirche, auch dank der Wiederbelebung traditioneller, nachhaltiger Bauweisen, auf lange Sicht in einen Zustand versetzt worden, der nicht nur bautechnisch und ökologisch sondern auch ästhetisch vorbildlich ist.


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