Ein Traum wird wahr

Es gibt Dinge in der Geschichte eines Bogensportlers, die reifen langsam heran und schwelen unter der Decke weiter, treten aber lange Zeit nicht zutage. Jedoch, wenn die Zeit reif ist, geht es ganz schnell und die Entscheidung fällt dann auch sehr leicht.

Jahrelang habe ich jetzt mit zwar überwiegend hochwertigen, aber gebraucht gekauften Bögen geschossen. Einzig die Hoyt 900CX Wurfarme habe ich 2009 neu gekauft; doch glücklich bin ich mit denen nie so richtig geworden. Die gebrauchten Komponenten funktionieren zumeist gut, aber sie werden nie so richtig “meins”. Es wird also mal Zeit für einen neuen Bogen – meinen Traumbogen! Schon etwa zwei Jahre denke ich darüber nach und habe es immer wieder hinten angestellt.

Denn da ist ja noch die Sache mit dem Compound! Irgendwie hatte ich stets das Gefühl, dass ich noch mal klären müsste, wie ich zum Compoundschießen stehe. Nun, das habe ich jetzt getan. Ich finde Compoundschießen spannend und eine Herausforderung. Meine kleineren Erfolge darin bestätigen mir, dass ich es auch da mit etwas mehr Training zu guten bis sehr guten Leistungen bringen könnte. Doch genau da liegt das Problem: das Training mit dem Compound macht mir lange nicht soviel Spaß wie mit den Recurve. Compoundschießen ist toll, ich möchte es nicht gemisst haben, aber es trifft nicht so sehr mein Gemüt, meine Leidenschaft, mein Herz, wie das Recurveschießen. Ich weiß jetzt, wie Compoundschießen geht, was wichtig ist und was nicht, kann es auch an andere weiter geben, aber es wird nicht “meins”.

So ist der Weg frei für das, was mir als Traumbogen vorschwebt. Ein erstklassiges Mittelstück – und als Herz des ganzen: ein neues Paar Border Wurfarme. Bevor ich mich dazu aber durchringe, gibt es noch ein paar Alternativen zu durchdenken: ILF oder Formula? Welche Länge und Zuggewicht? Welches Kernmaterial? Und: Gibt es genauso gute, aber preiswertere Lösungen?

Ich entscheide mich für 68 Zoll Bogenlänge, da dies meinem Auszug am besten entspricht und ein Optimum zwischen Weichheit und Dymamik verspricht. Als Zuggewicht strebe ich 38 Pfund an, denn damit fliegen meine Nano-XR-Pfeile wunderbar; und außerdem habe ich noch etwa 25-30 Easton Navigator 610 Schäfte liegen, die dazu auch wunderbar passen werden. Mit 38 Pfund verspreche ich mir ein Optimum aus Wurfkraft und Präzision im Schuss. – Und ich entscheide mich für Wurfarme mit Holzkern, hieraus erwarte ich für mich ein Optimum aus Stabilität, Präzision und Feingefühl im Endauszug.

Und nein, Formula möchte ich nicht, auch wenn es auch schon Border Wurfarme mit Formula-RX gibt. Wurfarme anderer Marken scheiden Stück für Stück aus. Entweder sind sie gerade nicht in 68/38er Ausfertigung zu bekommen wie Kaya K5 oder sie sind genauso teuer oder gar teurer als Border, z.B. MK Archery Vera. – Was aber macht die Faszination von Border Wurfarmen aus? Erst einmal: man bekommt handwerklich und hochwertig hergestellte Einzelstücke. Das Wesentliche aber ist die Auszugscharakteristik der Border Wurfarme: Durch den extrem geschwungenen Recurve nehmen die Border mehr Energie im vorderen Teil des Auszugbereichs auf als andere Wurfarme; im hinteren Teil des Auszugdiagramms steigt die Auszugskurve im Bereich des Endauszugs nur noch flach an, so dass man im Klickerendauszugsbereich ein ganz weiches Auszugsgefühl hat (geringe Federsteife).

Zuerst nehme ich Kontakt mit Ann von Borderbows auf. Auch sie rät mir zu Medium Wurfarmen (68 Zoll). Leider ist der Direktversand aus Schottland etwas teuer (42 Britische Pfund), so dass ich zusätzlich Kontakt mit Via Claudia Bogensport aufnehme. Rupert Linder berät mich auch noch etwas und prüft die Verfügbarkeit der Wurfarme. Border HEX5-W sind aktuell leider nicht auf Lager, weder bei ihm noch bei Border Archery selbst. Aber HEX-6W sind “on stock”. Mit 50 EUR mehr kann ich leben und bestelle. Mit etwas Glück habe ich die Wurfarme Anfang August!

Nun zum Mittelteil. Ich denke auch hier über ein hochwertiges Mittelstück aus Kleinserienfertigung nach. Hauptsache Metallmittelteil mit Holzgriff. Bernhardini Nilo, Best Moon, Zenith oder Mercury, Samick Xenotech oder Spigarelli Vison kommen mir in den Sinn. Kurzzeitig denke ich über Hoyt Grand Prix Horizon Pro nach, da macht mir mein Händler Wolfgang Hehner von Bogensport-BW ein unerwartetes Angebot: ein wenig geschossenes Hoyt GMX in schwarz, bereits ausgestattet mit den neuen Hoyt Tiller Bolts mit ansonsten vollständigen Unterlagen und Zubehör. Der einzige Nachteil sind zwei kleinere Schmarren im Bereich der Tillersicherungsschrauben, ansonsten sei es nahezu neuwertig. Da ich das GMX schon mal in der Hand hatte und der Preis günstig ist, schlage ich auch hier zu. Heute müsste das GMX bereits in der Post und auf dem Weg zu mir sein.

Mit diesem Bogen will ich also alt werden! – Insofern kann ab Spätsommer/Herbst alles Überflüssige verkauft werden. Den Hoyt Protec Compound werde ich wieder verkaufen genauso wie alle meine Recurvewurfarme in Long und die sonstigen Mittelteile. Ich behalte jedoch die 68/44er Win&Win InnoPower Wurfarme, da ich hiermit einen guten Bogen für Krafttraining und 3D-Schießen habe. Bevorzugt behalte ich dazu das PSE X-Factor Mittelteil, welches aber erst noch repariert werden muss (defekte Gewinde zur seitlichen Wurfarmführung).

Meine Wettkampfstrategie ist jetzt so: Kraft- und Basistraining sowie 3D-Turniere mit dem 44-Pfund-Recurve. Leistungstraining und FITA- und Feldbogenwettkämpfe mit den 38er Border Wurfarmen. Jedoch ist es wahrscheinlich, dass ich die 3D-Meisterschaften im DSB-Bereich nach dem WA-Reglement auch mit dem Borderbogen schießen werde, weil es hier vornehmlich auf Präzision ankommen wird. – Und ggf. kaufe ich mir vielleicht auch irgendwann einmal wieder eine kleine Compound-Giftspritze für 3D-Turniere, nur so zum Spaß …


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