Aus: Spektrum der Wissenschaft, Juli 2012
Fortschritten in Medizin und Gesundheitssystem sowie dem steigenden Lebensstandard ist es zu verdanken, dass wir heute immer älter werden. Dabei hat sich jedoch die biologisch vorgegebene Lebensspanne nicht erhöht. Vielmehr fallen die Menschen nur immer seltener vorzeitig schweren Erkrankungen oder den Folgen mangelhafter Ernährung zum Opfer. Seit kurzem jedoch sind Forscher erstmals Möglichkeiten auf der Spur, wirklich die Lebensspanne zu verlängern und das Altern mit all seinen Gebrechen hinauszuzögern. Über ihre Aufsehen erregenden Erkenntnisse berichtet Spektrum der Wissenschaft in seiner Juli-Ausgabe.
Schon vor längerem haben Biologen herausgefunden, dass die unterschiedlichsten Organismen von Hefezellen über Spinnen bis zu Hunden, wenn sie zeitlebens einer strengen Hungerdiät ausgesetzt sind, ein bis zu doppelt so hohes Alter erreichen wie normal ernährte Artgenossen. Unklar war jedoch, worauf dieser Effekt letztlich beruht. Außerdem ließ sich die Erkenntnis nicht beim Menschen anwenden. Wer will sich schon ein langes Leben durch andauerndes extremes Fasten erkaufen?
Vor drei Jahren ließen dann Versuche an Mäusen aufhorchen. Wissenschaftler hatten den Nagern eine Substanz gefüttert, die vor fast einem halben Jahrhundert in einer Bodenprobe von der Osterinsel entdeckt und Rapamycin genannt worden war – in Anlehnung an Rapa Nui, den Namen der Einheimischen für das Eiland. Die Tiere, die durch unglückliche Umstände bei Versuchsbeginn schon recht betagt waren, lebten daraufhin um ein Drittel länger als gleich alte Artgenossen.
Zum ersten Mal war es somit gelungen, mit einem Wirkstoff die Lebensspanne von Säugern deutlich zu erhöhen – ein sensationeller Durchbruch in der Alternsforschung. Leider hat Rapamycin so schwere Nebenwirkungen, dass sich sein Einsatz bei gesunden Menschen verbietet. Doch Untersuchungen seiner Wirkungsweise wecken inzwischen Hoffnungen, mit anderen, harmloseren Substanzen denselben Effekt erzielen zu können. Sie machen auch klar, wieso Hungern das Leben verlängert. Demnach blockiert Rapamycin die Bildung eines Enzyms namens TOR, das als Nährstoffsensor fungiert. Bei ausreichend Nahrung veranlasst es die Zelle, den Stoffwechsel anzukurbeln, zu wachsen und sich zu teilen. Bei Nahrungsmangel hingegen versetzt es sie in den Energiespar- und Reparaturmodus. Indem es die Zelle gegen widrige Bedingungen wappnet, härtet es sie offenbar auch gegen den Zahn der Zeit ab.
Rapamycin und Nahrungsmangel beeinflussen also beide jenes Enzym, das eine zentrale Rolle beim Zellwachstum spielt. Forscher suchen nun nach alternativen Wegen, in den TOR-Signalweg einzugreifen. Beispielsweise konnten sie bei Würmern die TOR-Produktion genetisch unterdrücken und so die Lebensspanne der Tiere mehr als verdoppeln. Leider scheidet eine solche Genmanipulation beim Menschen gleichfalls aus.
Die Hoffnungen der Wissenschaftler ruhen inzwischen auf Metformin, einem erprobten Medikament zur Behandlung von Diabetes. Wie sich gezeigt hat, beeinflusst es ebenfalls die Aktivität von TOR. Außerdem aktiviert es ein weiteres mit den Altern zusammenhängendes Enzym namens AMPK, das die Stressantwort der Zellen einleitet und auch durch Fasten stimuliert wird. Metformin hatte in Versuchen mit Mäusen die gleiche Wirkung auf die Genaktivität wie Hungern, und es gibt Anhaltspunkte dafür, dass es die maximale Lebensspanne der Nager verlängert. Das wird derzeit in strengen wissenschaftlichen Tests überprüft. Ob das Mittel auch beim Menschen eine Kalorienrestriktion nachahmt, dürfte allerdings frühestens in einigen Jahren klar sein.
Fortschritten in Medizin und Gesundheitssystem sowie dem steigenden Lebensstandard ist es zu verdanken, dass wir heute immer älter werden. Dabei hat sich jedoch die biologisch vorgegebene Lebensspanne nicht erhöht. Vielmehr fallen die Menschen nur immer seltener vorzeitig schweren Erkrankungen oder den Folgen mangelhafter Ernährung zum Opfer. Seit kurzem jedoch sind Forscher erstmals Möglichkeiten auf der Spur, wirklich die Lebensspanne zu verlängern und das Altern mit all seinen Gebrechen hinauszuzögern. Über ihre Aufsehen erregenden Erkenntnisse berichtet Spektrum der Wissenschaft in seiner Juli-Ausgabe.
Schon vor längerem haben Biologen herausgefunden, dass die unterschiedlichsten Organismen von Hefezellen über Spinnen bis zu Hunden, wenn sie zeitlebens einer strengen Hungerdiät ausgesetzt sind, ein bis zu doppelt so hohes Alter erreichen wie normal ernährte Artgenossen. Unklar war jedoch, worauf dieser Effekt letztlich beruht. Außerdem ließ sich die Erkenntnis nicht beim Menschen anwenden. Wer will sich schon ein langes Leben durch andauerndes extremes Fasten erkaufen?
Vor drei Jahren ließen dann Versuche an Mäusen aufhorchen. Wissenschaftler hatten den Nagern eine Substanz gefüttert, die vor fast einem halben Jahrhundert in einer Bodenprobe von der Osterinsel entdeckt und Rapamycin genannt worden war – in Anlehnung an Rapa Nui, den Namen der Einheimischen für das Eiland. Die Tiere, die durch unglückliche Umstände bei Versuchsbeginn schon recht betagt waren, lebten daraufhin um ein Drittel länger als gleich alte Artgenossen.
Zum ersten Mal war es somit gelungen, mit einem Wirkstoff die Lebensspanne von Säugern deutlich zu erhöhen – ein sensationeller Durchbruch in der Alternsforschung. Leider hat Rapamycin so schwere Nebenwirkungen, dass sich sein Einsatz bei gesunden Menschen verbietet. Doch Untersuchungen seiner Wirkungsweise wecken inzwischen Hoffnungen, mit anderen, harmloseren Substanzen denselben Effekt erzielen zu können. Sie machen auch klar, wieso Hungern das Leben verlängert. Demnach blockiert Rapamycin die Bildung eines Enzyms namens TOR, das als Nährstoffsensor fungiert. Bei ausreichend Nahrung veranlasst es die Zelle, den Stoffwechsel anzukurbeln, zu wachsen und sich zu teilen. Bei Nahrungsmangel hingegen versetzt es sie in den Energiespar- und Reparaturmodus. Indem es die Zelle gegen widrige Bedingungen wappnet, härtet es sie offenbar auch gegen den Zahn der Zeit ab.
Rapamycin und Nahrungsmangel beeinflussen also beide jenes Enzym, das eine zentrale Rolle beim Zellwachstum spielt. Forscher suchen nun nach alternativen Wegen, in den TOR-Signalweg einzugreifen. Beispielsweise konnten sie bei Würmern die TOR-Produktion genetisch unterdrücken und so die Lebensspanne der Tiere mehr als verdoppeln. Leider scheidet eine solche Genmanipulation beim Menschen gleichfalls aus.
Die Hoffnungen der Wissenschaftler ruhen inzwischen auf Metformin, einem erprobten Medikament zur Behandlung von Diabetes. Wie sich gezeigt hat, beeinflusst es ebenfalls die Aktivität von TOR. Außerdem aktiviert es ein weiteres mit den Altern zusammenhängendes Enzym namens AMPK, das die Stressantwort der Zellen einleitet und auch durch Fasten stimuliert wird. Metformin hatte in Versuchen mit Mäusen die gleiche Wirkung auf die Genaktivität wie Hungern, und es gibt Anhaltspunkte dafür, dass es die maximale Lebensspanne der Nager verlängert. Das wird derzeit in strengen wissenschaftlichen Tests überprüft. Ob das Mittel auch beim Menschen eine Kalorienrestriktion nachahmt, dürfte allerdings frühestens in einigen Jahren klar sein.