Wer auf dem Dorf groß wird kennt jeden, das bedeutet nicht, dass man jeden wirklich kennt. Jedes Jahr an Allerheiligen sehe ich einen meiner Spielkameraden aus Kindertagen, üblicherweise tauschen wir ein kurzes Hallo aus. In diesem Jahr mehr als ein Lächeln, Fragen, Interesse, Kommunikation. Beeindruckt hat mich das Gespräch, weil es alles, nur nicht oberflächlich war, er sehr ehrlich von sich und seinem Schicksal erzählt hat. Ohne etwas zu verstecken, ohne sich ein gutes Image zu geben. Er war krank, hat völlig unerwartet eine schlimme Diagnose bekommen. Heute ist er gesund, aber in der Zwischenzeit war ihm seine Familie zu eng geworden, die Partnerschaft nicht mehr erfüllend. Er ist ausgebrochen, hat etwas anderes ausprobiert. Dann wollte er zurück. Ob ihm verziehen wurde? Nein. Er ist wieder bei Frau und Kindern angekommen, aber das Zusammenleben hat sich verändert. Er kämpft um das, was er aufs Spiel gesetzt hat – aber nichts ist mehr leicht und unbeschwert. Ein Satz, der mir in Erinnerung bleiben wird: “Ich wollte etwas anderes – weil ich nicht verstanden habe, was ich hatte. Jetzt würde ich alles tun, um das wiederzubekommen, was ich vorher nicht geschätzt habe.” Den er auf eine Weise gelassen ausspricht. Ihm ist bewusst, dass sein Leben nie mehr sein wird, wie zuvor. Aber er ist bereit, sich zumindest ein Stück davon zurückzuholen …