Ein schwächelnder König der Spartaner, ein halbtalentierter Faxenmacher und andere (1)

Die Veranstaltung von Sturm Box-Promotion in Köln am 25.06.2011 begann für mich mit einer Enttäuschung. Der für den ersten Kampf angekündigte Mario Lupp fiel aus. Braucht irgendjemand einen Sieg in seinem Kampfrekord, Lupp kommt und verliert. Der Kampfrekord 64 Kämpfe, 6 Siege, keinen durch KO, 56 Niederlagen, 20 durch KO und 1 Unentschieden spricht für sich. Zurzeit kann er 25 Niederlagen in Folge vorweisen. Manche sprechen hier von Fallobst. Mir nötigt er einfach nur Respekt ab.
So musste Tiran Mkrtschjan sein Profidebüt im Supermittelgewicht gegen einen geben, dessen Name ich nicht mitbekommen habe und auch nicht herausfinden konnte. Daher nenne ich ihn einfachheitshalber X. – Vermutlich ist der Wunsch der Pressevertreter nach einem Blatt Papier, auf dem die aktuelle Kampffolge abzulesen ist, für Sturm Box-Promotion nicht realisierbar. Der Kampf selbst jedenfalls zwischen Mkrtschjan und X, der auch sein Profidebüt gab, war über weite Strecken einfach ereignislos. Mkrtschjan, dem man ansieht, dass er eigentlich ein Kickboxer und kein Boxer ist, punktete mit Links-Rechts-Kombinationen und X mit Einzelschlägen zum Kopf. Ab der zweiten Runde versuchte sich Mkrtschjan als Faxenmacher. Er provozierte X, streckte sein Kinn vor, stand ohne Deckung herum, ließ seine Faust kreisen und versuchte den Naseem Hamed zu geben. Immerhin wurde durch die Showeinlagen der Kampf ein kleines bisschen kurzweiliger. Spätestens als Mkrtschjan dann seinen Mundschutz verlor, wurde mir klar, als er mal wieder seine Zunge herausstreckte, wurde allen klar, dass die berufliche Zukunft von Mkrtschjan nicht die des Faxenmachers sein kann. Ob aus dem 25-jährigen Kickboxer noch ein Boxer wird, wird sich zeigen. Jedenfalls reichte es hier zu einem einstimmigen Punktsieg.
Der Mittelgewichtler Manuel Flaißt (3 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO) blieb auch in seinem vierten Kampf ungeschlagen. Bevor der Kampf aber beginnen konnte, musste der Ringrichter die Ecke von Flaißt erst einmal darüber aufklären, dass man einen Mundschutz zum Boxen braucht, auch wenn man gegen einen sehr-sehr schwachen Gegner antritt. Das hatte dann zur Folge, dass ein Betreuer loslaufen musste, um diesen unnötigen Gegenstand aus der Kabine zu holen, was natürlich seine Zeit dauerte. Aber eigentlich hätte Flaißt den Mundschutz tatsächlich gar nicht gebraucht, denn sein Gegner Torsten Roos (8 Kämpfe, 1 Sieg, 7 Niederlagen, 6 durch KO), der in keiner Rangliste geführt wird, versuchte erst gar nicht zu kämpfen. Roos konzentrierte sich auf seine Doppeldeckung. Wie beim Sandsacktraining schlug Flaißt schöne präzise Kombinationen. Er verteilte seine Schläge schön auf Körper und Kopf. Im zweiten Durchgang zwang ein Körpertreffer Roos dann zu Boden. Hiernach wurde er erst durch den Ring und dann durch die Ringseile getrieben. Der gut und unauffällig agierende Jürgen Langos brach dann endlich dieses unsägliche Mismatch ab.
Der erste richtige Boxkampf des Abends fand zwischen Adnan Redzovic und Werner Kreiskott im Schwergewicht statt. Der bereits 34 Jahre alte Bosnier Redzovic (3 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO) ist Kick- und Thaiboxer, was man ihm auch ansieht, der sich seit geraumer Zeit als Boxer versucht. Redzovic ist die Nummer 251 der unabhängigen Weltrangliste. Sein Gegner Kreikott, die Nummer 476 in der Welt, ist technisch noch limitierter als Redzovic, aber er ist tapfer. Kreiskott (27 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO, 16 Niederlagen, 6 durch KO, 1 Unentschieden) ist der vielleicht tapferste deutsche Schwergewichtler überhaupt. Immer wieder versucht er, mit überfallartigen Attacken und weit hergeholten Schwingern Chancen zu nutzen, die er meist gar nicht hat. So war es auch diesmal. Er war in allen Belangen unterlegen, aber er kämpfte und suchte bis zum Schluss seine Chance, obwohl sein Gegner alles daran setzte, vorzeitig zu siegen. Am Ende stand ein klarer und glanzloser Punktsieg für Redzovic. Für Kreiskott aber war es ein großer moralischer Sieg.
Allein die Ansetzung der Mittelgewichtsbegegnung zwischen Mike Keta und Gökhan Kaya grenzt, jedenfalls für mich, an Körperverletzung. Keta (10 Kämpfe, 9 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) ist bereits die Nummer 160 in der Welt. Sturm Promotion vergleicht ihn sogar mit Mike Tyson. Und dann lässt man ihn gegen einen Mann wie Kaya boxen. Kaya (5 Kämpfe, 5 Niederlagen, 3 durch KO), der noch keinen einzigen Profikampf gewinnen konnte, wird noch nicht einmal in irgendeiner Rangliste geführt. Beide machten das, wofür sie bezahlt wurden. Keta verprügelte seinen Gegner und Kaya versuchte so lange wie möglich zu überleben. In der zweiten Runde wurde der Kampf, den man niemals hätte ansetzen dürfen, abgebrochen.
Tiran Mkrtschjan gegen X, Manuel Flaißt gegen Torsten Roos und Mike Keta gegen Gökhan Kaya sind drei Kämpfe von insgesamt sieben, die die Boxwelt definitiv nicht gebraucht hat. Ich würde schon gerne wissen, welcher Matchmaker für diese Kampfansetzungen verantwortlich ist und dafür auch noch Geld bekommen hat. Solche Kämpfe sind zu tolerieren bei Veranstaltungen, die insgesamt nur über ein Budget von ein paar Tausend Euro verfügen. Aber im Vorprogramm einer Weltmeisterschaft, in diesem Fall einer Titelverteidigung von Felix Sturm, sollte es solche Kämpfe aber nicht geben. Entweder will Felix Sturm so wenig Geld wie nur irgend möglich für das Vorprogramm ausgeben, oder er hat schlicht logistische Schwierigkeiten dabei, anständige Kämpfe für das Vorprogramm auf die Beine zu stellen. Wenn es nur das Letztgenannte ist, bin ich gerne bereit ihm zu helfen.
© Uwe Betker



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