Ein offener Brief an die Rentenversicherung

Sehr geehrte Sachbearbeiter der Rentenversicherung Nord,

sicherlich ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass mein Rentenantrag noch nicht abschließend bearbeitet wurde. Das offensichtlich wichtigste Dokument, der Rentenbescheid, wurde bisher nicht erstellt.

Als Sie mir vor einigen Wochen über meine Anwältin die Bewilligung meiner vollen Erwerbsunfähigkeit erklärten, war ich zunächst sehr erfreut. Kaum 16 Monate nach meinem Antrag, zwei amtsärztlichen Untersuchungen, einer Ablehnung aufgrund von angeblicher Arbeitsfähigkeit von mehr als sechs Stunden täglich und Anforderung diverser ärztlicher Unterlagen, boten Sie mir einen Vergleich an.

Im Normalfall hätte ich diesem für mich sehr nachteiligem Vergleich niemals zugestimmt. Beinhaltet er doch den kompletten Verzicht auf eine Nachzahlung seit Antragstellung, da dies bei einer befristeten Rente nicht vorgesehen ist. Sie gestehen mir lediglich die Anerkennung meiner Erwerbsunfähigkeit ab 19.05.2017 zu, da mir zu diesem Zeitpunkt mein Therapeut eine psychische Erkrankung diagnostiziert hat. Die Krebserkrankung, welche mich deutlich mehr einschränkt, erwähnen Sie mit keinem Wort in Ihrem Schreiben. Auch sind Sie der Meinung, meine Arbeitskraft wäre vermutlich in drei Jahren völlig wiederhergestellt und befristen mit dieser Begründung meine Rentenansprüche bis zum 30.11.2020.

Dass Sie meine volle Erwerbsunfähigkeit nur aus dem Grund einräumen, dass ich auf dem derzeitigen Arbeitsmarkt nicht vermittelbar wäre, nicht aber aufgrund der Schwere meiner Erkrankung, nehme ich einmal so hin. Immerhin hätte ich ansonsten nur eine Teilerwerbsunfähigkeitsrente von Ihnen angeboten bekommen.

Leider bin ich gesundheitlich und finanziell nicht in der Lage, mich auf einen langwierigen Rechtsstreit mit Ihnen einzulassen, aus diesem Grund habe ich in Absprache mit meiner Anwältin Ihrem Vergleichsangebot zugestimmt.

Nun war ich irriger Weise der Annahme, wenn wir dem Vergleich uneingeschränkt zustimmen und Ihnen sowie der Staatskasse damit einen enormen finanziellen Vorteil verschaffen, dies eine zügige Bearbeitung Ihrerseits in Gang setzt. In meinen vielen Jahren als Sekretärin eines Anwalts habe ich gelernt, wenn die Gegenseite einen Vergleich annimmt, sei vorbereitet und wickle das Ganze schnell ab, es ist immerhin zum Vorteil des Mandanten.

Dieses scheint bei Ihnen nicht die normale Vorgehensweise zu sein, wie ich diese Woche erkennen musste. Nach einem Telefonat mit drei (!) Sachbearbeiterinnen wurde mir mitgeteilt, dass leider noch wichtige Daten zur Erstellung des Rentenbescheides fehlen würden. Auf meine Nachfrage erklärten Sie (mit einem gewissen Stolz), dass immerhin nach vier Wochen bereits die Kontenklärung erfolgt sei, nun jedoch noch eine Anfrage bei der Krankenkasse gestellt werden müsse, ob ich denn freiwilliges oder Pflichtmitglied sei. Dies sei noch nicht erfolgt, weil die Kollegin das wohl übersehen hätte.

Auf meinen Einwurf, dies ließe sich ja vermutlich schnell aufklären, erklärten Sie mir, dass dies durchaus auf dem kurzen Dienstweg geschehen könnte. Wenn dem so ist und dies die letzte fehlende Information zur Erstellung meines Rentenbescheides ist, frage ich mich, warum eine erste Rentenzahlung zum 30.12.2017 dann nicht möglich sein soll. Die erteilte Auskunft, dass der Buchungszeitraum überschritten sei, erklärt mir den Sachverhalt nicht genügend. Wann beginnen Sie mit dem Einspielen der Buchungsdaten? Drei Monate vor dem Auszahlungsdatum? Oder noch länger?

Auf diesen Einwand hin sowie meine nachdrückliche Erklärung, wir würden derzeit unter dem Existenzminimum leben und nicht wissen, wie wir die Zeit bis Ende Januar überbrücken sollen, sicherten Sie mir zu, sich umgehend um die Beschaffung der Informationen zu kümmern, damit der Rentenbescheid am selben Tag erstellt werden könne und somit doch noch eine Zahlung zum Monatsende erfolgen kann.

Da weder mir noch meiner Anwältin bis zum heutigen Tag ein solches Schreiben zugegangen ist, rief ich heute bei meiner Krankenkasse an, um zu erfragen, ob die Information schon an Sie weitergeleitet wurde. Fassungslos musste ich mir erklären lassen, dass noch nicht einmal eine Anfrage Ihrerseits vorliegen würde. Die überaus fähige Mitarbeiterin der Beitragsabteilung war jedoch in der Lage, sofort eine Beitragsberechnung für mich als freiwilliges Mitglied zu erstellen und dieses sogar per Knopfdruck an Sie weiterzuleiten.

Da stellt sich mir die Frage, wollen oder können Sie nicht kooperativ und entgegenkommend sein? Wann ist Ihrer Meinung nach ein Mensch so krank, dass er Rente beziehen darf? Müssen Sie meine Rente gar aus Ihrer eigenen Tasche zahlen? Das würde immerhin die Art und Weise der Bearbeitung meines Antrages erklären und ein gewisses Verständnis bei mir hervorrufen.

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie nunmehr die zügige Bearbeitung meines Rentenbescheides vorantreiben würden, damit ich wenigstens ab Februar weiß, wie ich die laufenden Kosten decken kann. Weiterhin wünsche ich Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest, welches dank Ihres regelmäßig eingehenden Gehalts essens- und geschenketechnisch gesichert sein sollte.

Wir sehen uns dann auf jeden Fall in drei Jahren zur amtsärztlichen Begutachtung nach Stellung meines Folgeantrages wieder.

Hochachtungsvoll



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