Ein Lebensende

Der Lehrling kommt von der Auslieferung für ein Dosett zurück mit der Nachricht, dass Herr Karoli* – der ältere Mann, der das Dosett hätte bekommen sollen- die Tür nicht aufgemacht hat.

Oh oh. – der Mann geht selber kaum noch aus dem Haus, er ist gesundheitlich nicht mehr sehr gut dran, wie ich aus den bisherigen Anrufen mit ihm und dem Inhalt des Dosettes, das er einmal wöchentlich von uns bekommt entnehmen konnte. Er hat die Spitex (Haushilfe), die täglich für ihn sorgt, seit seine Frau gestorben ist … aber aus den wenigen direkten Anrufen, die ich mit ihm hatte, konnte ich entnehmen, dass sein Lebenswille seit dem Tod der Frau stark abgenommen hat.

Alles nicht so gut – Im Verlauf des Tages versuche ich mehrmals ihn anzurufen und als das nicht klappt, frage ich bei der Spitex nach, ob die etwas wissen.

„Oh“ sagt die Frau von der Spitex „Herr Karoli? Der ist vor 4 Tagen verstorben. Da müssen sie kein Dosett mehr bringen.“

Ich bin etwas geschockt – tatsächlich schaffe ich es nur noch „Uh – Danke vielmals für die Mitteilung“ zu murmeln um dann aufzuhängen und mich in mein Büro zurückzuziehen.

Das muss ich erst einmal verdauen.

Es sterben zwar immer wieder auch von unseren Patienten, aber irgendwie ist das auch immer wieder ein Schock. Manchmal kleiner, manchmal grösser. Bei dem hier definitiv grösser.

Und das obwohl ich ihn nicht mal so gut kannte. Vor dem Tod seiner Frau habe ich ihn gelegentlich (so einmal im Monat) in der Apotheke gesehen – da war er noch vital und immer sehr höflich, sogar freundlich zu uns. Gebraucht hat er nicht viel … oder vielleicht hat er es von woanders bekommen. Danach hat die Spitex uns die Aufgabe für seine Rezepte übertragen und dass wir wöchentlich das Dosett richten sollen. Als wir das und den Lieferdienst dafür eingerichtet haben, hatte ich gelegentlich telefonischen Kontakt mit ihm. Das war nur ein paar Wochen vorher – seitdem lief das mit dem Dosett.

Liegt es daran, dass ich mehr Kontakt mit ihm hatte als vielleicht mit anderen Patienten? Oder weil er wirklich ein freundlicher Mensch war, dem man ein anderes Ende gewünscht hätte? Er wollte ja eigentlich gehen … ich find’s nur traurig, dass er so gar niemanden hatte, der sich sonst kümmerte. Oder bin ich emotional aufgewunden, weil mir die Spitex, die seine Umstände kannte und die das mit dem Dosett liefern etcetera wusste, mir das so nonchalant (und erst nach Nachfrage!) am Telefon mitteilt? Hätten die mehr machen sollen? Hätten wir mehr machen sollen oder können?

Das muss ich jetzt erst mal verdauen. Und dann die ganzen Sachen von seinem Dosett entsorgen. Entschuldigt, wenn ich den Rest des Tages etwas abwesend wirke.

*wie immer alle Namen geändert


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