Ein kleines bisschen illegal und nicht ganz so deutsch


"Bundespolizei! Von Ihnen hätten wirgerne den Pass gesehen! Sprechen Sie deutsch? Do you haveidentifaction?" Es rüttelt an meinem Sitzplatz. Aus dem Schlaf und Kontextgerissene Fetzen wollen sich nicht erklären lassen. Wer sind diese Männer? Sindwir schon in Berlin? Und warum sprechen sie jetzt englisch? Ich schweige. Identification,was die Herren wollen, findet sich nicht im luftleeren Raum. Es ist einabstraktes Konstrukt, in diesem Moment dargestellt durch eine gezackteDenkblase mit dem Wort "Hä?" Trockene Spucke verklebt meineMundwinkel. Ich bin "Hä?", das aufgescheuchte, schlappohrige Nagetierim Angesicht höherer Mathematik. Später und einen Raststättenkaffee wacherversteh ich, die seltsamen Herren wollen den genauen Verlauf  einer neun-stelligen Nummer, welche ich nichtauswendig weiß. Doch in diesem Moment blicken meine schlaftrunkeneKarnickelaugen auf Hemd, Gürtelschnalle und Accessoires und finden keinenBezugspunkt für die Frage. "Your passport please." Was dieHerren wollen kann unmögliche meine Angelegenheit sein. Haben diese zweiSchnurrbärtigen Menschen alle anderen 57 Insassen des Reisebusses befragt,bevor sie zu mir kamen? "Nein. Wir fangen bei Ihnen an."  Und erstaunlicherweise hören sie auch bei mir schon auf. Nichtallerdings bevor sie nicht ein Mal durch die Reihen blickten, um sich zuvergewissern, dass auch alle anderen deutsch genug ausschauen. Meine größtegeistige Leistung nach meinem unterbrochenen Nickerchen ist es aufzustehen undmich sichtbar für alle Mitreisenden auf Augenhöhe der Beamten zu stellen. EinKarnickel konfrontiert mit Algebra und Marmorkuchen. "Und warum nurich???...Hä?" Eine Glanzleitung an Zivilcourage. "Verdachtsunabhängige Kontrollen nach polizeiinternenKriterien." Kriterien, welche mir zwar schon einige Momente später klarschienen, doch seit heute durch das Verwaltungsgericht Koblenz unmissverständlichdurchs Netz schallen: Die dürfen das, weil ich für die nicht deutsch genug aussehe;. ddementsprechendpotentiell illegal - in jeglicher Form. Trotz Staatsangehörigkeit seit Geburtund so... Draufgeschissen!Beamte der Bundespolizeidürfen Reisende jedenfalls auf Bahnstrecken, die Ausländern zur unerlaubtenEinreise oder zu Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz dienen,verdachtsunabhängig kontrollieren. Es ist ihnen bei Stichprobenkontrollen nichtverwehrt, die Auswahl der anzusprechenden Personen auch nach dem äußerenErscheinungsbild vorzunehmen.(VerwaltungsgerichtKoblenz, Urteil vom 28. Februar 2012, 5 K 1026/11.KO)Und Ja, ganz genau, dasbedeutet inklusive der Hautfarbe der kontrollierten Personen. Was mir in einemReisebus auf einer Autobahnraste, auf Höhe Hof passierte ist kein Einzelfall,sondern Alltag und ich will dieses nicht wahrhaben. Das Verwaltungsgerichtspricht  anscheinend auch über Busreisen.Anderswo heißt dieses Prozedere "racial profiling" und rangiert alsmoralisch fragwürdig bis rechtswidrig - hier in Deutschland "sollen wiruns da aber nicht so anstellen" , wie mir gesagt wurde. Schließlich ist jajeder dann und wann mal einen kleines bisschen illegal. Ich frage mich, wie das Gericht entscheiden würde, ginge es um blonde,weiße Frauen, die willkürlich polizeilich kontrolliert würden, nur umsicherzustellen, dass es sich nicht um tschechische Prostituierte ohneArbeitserlaubnis handelt… food for thought, ne?

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