Ein Kardinal will einen neuen Humanismus für Europa erfinden

Kardinal Reinhard Marx zufolge sollen Christen an einem neuen Humanismus für Europa mitbauen. Mit diesem neuen Humanismus müsse den globalen Herausforderungen wie Migration, Umweltzerstörung, Armut oder ungerechter Ressourcenverteilung begegnet werden. Dieser scheinheilige Vorstoß bedeutet aber nichts anderes, als dass die Christen auf diesen Feldern bisher offensichtlich versagt haben. Seit 2000 Jahren! Und jetzt soll es der Humanismus richten. Und wie soll der denn bitte aussehen? Dazu schweigt der geistliche Herr von der Isar weise.

Ein kurzer Blick zurück ohne Zorn macht jedoch überdeutlich, dass die Catholica bis dato alle humanistischen Ausdrucksformen und Ideen als Häresien bekämpft hat. Den Kirchenmann Giordano Bruno ließ sie A.D. 1600 verbrennen, weil er infolge von Kopernikus anders und weiter dachte als sie. Den von Descartes geprägten Rationalismus bekämpft sie sogar bis heute aufs schärfste. Den Humanismus mit seinem Fokus auf den Menschen verdammt sie stur, ist ihr Fokus doch allein auf ihren Gott und dessen Himmel gerichtet, und der Weg zu diesem geht nur über die Catholica.

Und jetzt soll es gerade ein Humanismus neuer, christlicher Prägung schaffen, das kümmerliche Versagen der Catholica auszubessern. Hätte die Catholica von Anfang an das Wort des Konfuzius (551 – 479 v.u.Z.) beherzigt: “Was man selbst nicht wünscht, das tue man anderen nicht an”, gäbe es heute deutlich weniger Mord und Totschlag oder Hunger und Diskriminierung.

Man könnte dem umtriebigen Kirchenmann seinen kuriosen Vorstoß dann verzeihen, wenn er von dem von Loyola gemeinten Begriff der “humanitas” ausginge. Der hatte in Rom 1540 das Collegio Romano als “Schule für Grammatik, Humanitas und christliche Lehre” gegründet, aus dem dann die Gregoriana wurde. Und damit wären wir – etwas verkürzt – bei unseren humanistischen Gymnasien. Solch gebildete Humanisten waren sehr gescheite und angesehene Leute in alten Sprachen und Philosophie und gelangten bis in die höchsten Ämter in der Kurie und an Adelshöfen.

Aber diese Humanitas kann der Kirchenfürst von der Isar wohl nicht gemeint haben. Doch was denn dann, und was will er mit seinem europäischen Humanismus für das 21. Jahrhundert?

Da erleichtert ein Blick in die Amsterdam-Deklaration von 2002 die Sinnfindung. Dort werden in sieben Punkten (= Anzahl der Todsünden) die grundlegenden Prinzipien eines modernen Humanismus definiert:

  1. Dass Humanismus ethisch ist, sollte der Sozialethiker der Catholica eigentlich wissen. Also nicht neu!
  2. Dass Humanismus rational ist, muss er schon wegen der Verdammung durch seinen Ziehvater Ratzinger (Benedikt) ablehnen. Pech!
  3. Dass Humanismus Demokratie und Menschenrechte unterstützt, kann ihm absolut nicht passen, will er doch Demokratie in seiner Kirche nicht und hat diese doch immer noch nicht die Menschenrechte ratifiziert. Eigentor!
  4. Dass Humanismus darauf besteht, dass persönliche Freiheit mit sozialer Verantwortung kombiniert werden muss, passt ihm auch nicht so recht. Börsenschmerzen! 5. Und ganz ausrasten muss er, wenn Humanismus als eine Alternative zu dogmatischer Religion definiert ist. Volltreffer!
  5. Dass Humanismus für Kreativität, Imagination und Kunst eintritt, geht noch durch (so la la),   aber
  6. als Lebenseinstellung nicht. Sacklzement!

Also alles wieder nur medienheischiges Geschwafel ohne Substanz!?

Georg Korfmacher

[Erstveröffentlichung Freigeist Weimar]


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