Ich vermute mal, dass wir zum Jahreswechsel neben allerlei Sylvesterei das getan haben, was zigtausend Familien auch tun: Das Kartonpapier ausgepackt, mit den 12 dicken Blättern, die ein bisschen Graphik, aber vor allem viel Spaltenplatz haben. Und los geht es: ‘Mama’, ‘Papa’, ‘Kind 1’ bis beliebig in die Spaltentitel gefüllt und allerlei Termine eingetragen. DER FAMILIENKALENDER. Ein universales Format. Denkste!
Rein optisch sieht man dann schon: Wenn eine Zeile ganz voll ist, ist dieser Tag ganz sicher im Eimer. Mama Dienstreise, Papa Zahnarzt, Kind 1 zum Geburtstag beim besten Freund. U7a von Kind 2, Kind 3 erster Tag Eingewöhnung in der Krippe. Besser, man weiß das schon zu Jahresanfang. Ob das dann auch in der Realität zu einer terminlichen Entzerrung führt, steht auf einem anderen Blatt…
Ich erkenne auch an, dass besonders planerisch begabte Eltern in diesem Lande vielleicht schon einen Familienplaner gefunden haben, der analog zu den Taschenterminkalendern bereits mit dem Novemberblatt des Vorjahres beginnt. Chappeau. Diese Eltern, die zumeist auch beruflich in der Logistikbranche tätig sind, schmunzeln sicherlich nur über das hier geäußerte Leid. Ihnen macht derzeit maximal Sorgen, dass die Schulsommerferien 2018 just am Tag des 25-jährigen Abi-Jubiläums der Gattin beginnen und völlig unverständlicherweise der Babysitter noch vor einer definitiven Zusage für diesen doch in naher Zukunft liegenden Termin zurückschreckt.
Unsere Problemlage ist eine andere, denn: Ich bin mit einer Spanierin verheiratet.
Ich wollte nicht in die üblichen Stereotypen verfallen, doch fühle ich mich als Chronist dieser binationalen Ehe der Wahrheit verpflichtet. Getreu meiner angedichteten Weltoffenheit war ich anfänglich begeistert von der Idee, hier in Deutschland mit der spanischen Variante eines Familienkalenders zu arbeiten. Wollen wir doch die hier schwächer praktizierte spanische Sprache in allen Belangen fördern. Und so schwebte vor meinem inneren, naiven Auge ein schön spalterischer Kalender, mit ‘Enero’, ‘Febrero’, etc. als Blatt-Überschrift und ‘Padre’, ‘Madre’, ‘Niño 1’ etc. als Spaltentitel. Ein Schritt Richtung binationialem Familienlastenausgleich getan.
Oh, wie schrecklich einfältig bin ich doch immer noch in all diesen spanischen Belangen! Der herbei gebrachte Familienkalender aus Madrid ist ein popgrellbuntes Ding, welches mit Mühe noch über eine monatlich kalendaeische Einteilung verfügt, aber Spalten wohl für ein spasstötendes Element hält. Dafür gibt es jede Menge Sticker mit Kerzen-, Arzt- und sonstiger, eher schwer entzifferbarer Symbolik, welche mutmaßlich den bunten Alltag einer spanischen Familie durch fröhliche Graphiken illustrieren soll.
Mein Name – Clevert – verweist eigentlich auf hugenottische Vorfahren. Doch ich bin mir sicher, einen guten Teil Preussens in meinen Adern zu führen. Deswegen ging ich entrüstet in meinen persönlichen Kulturkampf. Mit dem Ergebnis, dass der deutsche Familienkalender hängt. Hurra!