Ich kann es vor meinem inneren Auge sehen: Michael Müller öffnet eine Flasche Champagner und stößt mit seiner Frau auf den großen Triumpf an. Nein, nicht auf den Sieg des Deutschland-Achters bei der WM 2011. Michael Müller ist ja nicht mehr bei den Ruderern. „Müller war von 1997 bis Ende 2008 Sportdirektor des Deutschen Ruderverbandes (DRV), ehe er nach den Olympischen Spielen 2008 seinen Hut nehmen musste. Bei Olympia in Peking waren die deutschen Ruderer erstmals seit 52 Jahren ohne Goldmedaille geblieben.“ So schrieb der Focus Anfang 2010. Nun ist Müller ja Sportdirektor des Deutschen Boxverbandes (DBV). Michael Müller, den ich, um ihn nicht mit anderen Müllern zu verwechseln, DBV Müller nenne, hat vermutlich etwas anderes als die Goldmedaille der Ruderer zu feiern. Jimmy Jamal Abboud, der hamburger Boxpräsident, trat nämlich von seinem Amt zurück. Damit ist er seinen profiliertesten Kritiker los.
Wir erinnern uns: Jimmy Jamal Abboud wagte es von DBV Müller immer wieder die detaillierte Offenlegung der Finanzen zu fordern. Dieser hatte unter anderem den Boxerinnen der WM in Antalya die vom DBV besoldeten Trainer extra in Rechnung gestellt. Damit stellt sich nach wie vor die Frage: Wo ist das Geld der Athletinnen, das sie für die Trainer aufbringen mussten, geblieben? Soweit ich informiert bin, liegt bis heute keine nachvollziehbare Abrechnung der WM vor. Leider wagen es die Boxerinnen nicht, was verständlich ist, weil sie ja weiter boxen wollen, den DBV juristisch zu einer detaillierten Abrechnung zu zwingen.
DBV Müller ist nun den Frager Abboud los. Vermutlich war dessen Hartnäckigkeit ihm unangenehm. Zum letzten DBV Kongress kam er erst gar nicht. Er fand schlicht keine Zeit zur wichtigsten Veranstaltung des DBV zu kommen. Dort hätte er über sein Finanzgebaren Rechenschaft abzulegen. Aber eventuell war DBV Müller schlicht nicht fähig, seine Termine zu koordinieren. Wie schon gesagt: Ich sehe DBV Müller vor meinen inneren Auge seinen Sieg über Abboud feiern.
© Uwe Betker