Ein Grabstein für den ganzen Schlamassel

Ein Grabstein für den ganzen Schlamassel

© Robert Crumb

Als ich vor einigen Tagen meinen Frust über die Welt und über das Treiben auf ihr mit der rhetorischen Frage ausklingen ließ, »Ob das mit uns noch mal was wird?«, zitierte jemand für mich Charles Bukowksi - weil es gerade so schön passte: »Einen Grabstein für den ganzen Schlamassel, und darauf gehört die Inschrift: Menschheit, du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu.« Über Facebook fand sich dazu dann ein verlorener Kommentator, der das mit Verachtung quittierte. Er schrieb darunter: »Wer solche Sätze postet, rechtfertigt imgrunde mit diesem Zynismus philosophisch den Faschismus - mit Links hat das nicht viel zu tun.«
Es sind vermutlich genau solche Sätze von Linken, die etwaige Querfrontler und Montagsdemonstranten veranlassen, dass sie in ihrer »überparteilichen Vernetzung« und ihrem Drang, Rechts und Links rhetorisch aufzulösen, etwas sehen, was das Gebot der Stunde sein soll. Und es sind diese Sätze, die normale Bürger, die für linke Themen vielleicht gar nicht so verschlossen wären, von jeglichen Diskurs abbringen.

Vor allem ist ein solches Statement zu einem Zitat eines Schriftstellers übellauniger Unsinn. Ein Schriftsteller hat nicht den Anspruch von Linientreue zu erfüllen und sich nicht dem Schönen, dem Wahren und dem Guten zu verpflichten. Sein Beruf ist es nicht, die Welt mit links unterfütterter Prosa zu beglücken. Er schreibt Geschichten. Hartmut Finkeldey schrieb erst kürzlich zum Tode García Márquez', dass der Mann zwar Sozialist gewesen sei, »aber seine Literatur verkam nie zur gereimten Gesinnungsbekundung«. Das ist der optimale Zustand, den ein literarisches Werk hinterlassen sollte.
Bukowski schrieb über das harte Leben am Boden dieser stinkenden Kloake, die man dort, wo sie weniger mieft, Zivilisation nennt. Das war sein Thema, weil er genau aus diesem Milieu stammte. Faschistisch ist diese Blickrichtung auf die Gesellschaft aber deswegen nicht. Der oben zitierte Satz war seine Art, sein Saudade, seinen Weltschmerz auszudrücken. Wenn man noch nicht mal das darf, ohne dass linke Tugendwächter ausschwärmen, dann muss ich mich ja fast schon Finkeldeys Worten anschließen.
Künstler gehören nicht verideologisiert. Immer wenn das geschah, kam keine Kunst dabei raus, sondern linientreue Scheiße, die unansehlich, unanhörbar oder unlesbar war. Schriftsteller ist niemand, der Schriften nach Vorlage erstellt. Das sind Schriftsetzer. Und wer Autoren nach ihren »linken Wert« abschätzt, der hat das Wesen der Literatur nicht erfasst.
Vor Jahren hat mir einer eine ausgedehnte Mail geschickt. Darin ereiferte er sich, weil ich fand, dass »Der Campus« von Schwanitz ein lesenswertes Buch war. Das sei ein Anzeichen meiner patriachalischen Einstellung, fand der Absender. Und dann bekam ich erläutert, welches Weltbild in »Der Campus« stecke. Die Quintessenz war ungefähr so: Wer das Buch lese, stelle eine unglaubliche Gefahr für die Demokratie dar, weil er die durch eine Diktatur zu ersetzen trachte. Und als ich neulich mit jemanden über diesen fäkalisierten Homunkulus sprach, der jetzt trommelt und vorher Fabeln schrieb, meinte mein Gesprächspartner etwas entschuldigend: »Aber seine Katzenkrimis waren gut!« Kann ja sein. Warum auch nicht? Es ist nicht politisch, wenn man den Schrott, den jemand schreibt, gut findet. Aber es ist politische Dummheit, den Menschen gleich Vorhaltungen zu machen, weil sie nicht das lesen, was sie gelesen haben sollten.
Jedenfalls ist es doch so, dass Bukowskis Zynismus nicht die Grundlage des Faschismus ist, sondern das Resultat des »American Dream«. Eines Traums, der jetzt auch immer mehr in Deutsch geträumt wird. Solche Träume lassen keinen Spielraum für romantische »Wir-sind-alle-Brüder-und-Schwestern«-Zitate. Ob das schon gleich faschistischer Nährboden ist, kann man so gut begründen wie bezweifeln. Jedenfalls ist es Literatur. Und darauf kommt es mir an, wenn ich Literatur lese. Nicht auf Kadertreue oder politische Zuverlässigkeit.
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