Ein Blick hinüber nach Belgien (2)

Eine Tombola, die wohl schon Tradition ist und sehr regen Zuspruch fand – leider habe ich weder den Ardennen Schinken noch den alten Wacholderbrand gewonnen -, trennte bei der „gala de box“ in Vise (Belgien) die Amateur- von den Profikämpfen. Zum Abschluss des sehr unterhaltsamen Abends gab es vier gute Profikämpfe zu sehen. Im ersten trafen Adnan Salihu (8 Kämpfe, 6 Siegen, 4 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) und Mike Algoet (70 Kämpfe, 31 Siege, 13 durch KO, 37 Niederlagen, 4 durch KO, 1 Unentschieden) aufeinander. Bei dem auf acht Runden angesetzten Kampf ging es um die wallonische Meisterschaft im Mittelgewicht. Daher wurde vor dem Kampf im Ring zuerst eine Münze geworfen. Der Gewinner durfte als erster eines von zwei Paaren Boxhandschuhen aussuchen, die auf dem Ringboden lagen. Erst danach wurden den Boxern die Handschuhe im Ring angezogen und die Schnüre abgeklebt.
Der in Schweden geborene Belgier Salihu wurde am Anfang seiner Favoritenrolle durchaus gerecht. Er war von Anfang an der aggressivere Boxer und dominierte die erste Runde. Er holte zwar für seine Schläge zum Teil sehr weit aus, landete aber immer wieder Treffer zum Körper. Im zweiten Durchgang holte Algoet, der Mann aus Brügge, auf. Er punktete mit Ein-Zwei-Kombinationen, wobei auch er versuchte, durch weites Ausholen seinen Schlägen mehr Kraft zu verleihen. In der dritten Runde gewann Salihu wieder die Oberhand. Eine Runde später schickte ihn eine überraschende Rechte zum Kinn zu Boden. Er wurde angezählt, kam aber wieder hoch. Salihu versuchte sich über die Zeit zu retten. Algoet arbeitete ruhig und systematisch weiter und suchte seine Chance. Dann kam er mit einer Linken zum Kinn durch, die sein Gegenüber endgültig fällte. Das unterste Ringseil hielt den Oberkörper des bewusstlosen Salihu noch aufrecht.
Dann brach die Hölle los. Wie aus dem Nichts sprangen mehrere Männer direkt neben mir in dem Ring und attackierten den Sieger. Es entbrannte eine wüste Keilerei, die die Sicherheitskräfte und die Ecke von Algoet für sich entscheiden konnte. Die Herren aus dem Umfeld von Adnan Salihu wurden unter gellenden Pfiffen des Publikums aus der Halle heraus geleitet. Sieger durch KO in Runde 4 Mike Algoet.
Im zweiten Profikampf des Abends bekam es der amtierende belgische Meister im Mittelgewicht Michael Recloux (32 Kämpfe, 19 Siege, 8 durch KO, 11 Niederlagen, 2 Unentschieden) in einem 6-Runder mit dem Deutschen Suleyman Dag (32 Kämpfe, 6 Siege, 3 durch KO, 26 Niederlagen, 18 durch KO) zu tun.
Dag versuchte mit überfallartigen Angriffen zum Erfolg zu kommen. Recloux blieb jedoch unbeeindruckt und boxte souverän seinen Kampf herunter. Dag hatte in der zweiten Runde seine besten Momente und kam zweimal durch. In der dritten verließ ihn dann entweder seine Konzentration oder seine Kraft oder beides. Er blieb mehr stehen und bot Recloux nun ein Ziel. Dag nahm mehr und mehr Schläge. In seiner Not spuckte er seinen Mundschutz aus, um Zeit zu gewinnen. Offensichtlich wollte er nicht weitermachen. Aber seine Ecke überredete ihn, es doch noch mal zu versuchen. Kurze Zeit später wurde er wieder gestellt und nahm erneute Treffer. Der Ringrichter zählte ihn im Stehen an und aus.
Im Junior Weltergewicht boxten Steve Jamoye (7 Kämpfe, 7 Siege, 2 KO) und Boris Berg (9 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) gegeneinander. In der ersten Runde war der kleinere Berg der schnellere und aggressivere Boxer. Immer wieder fand er Lücken in der Deckung seines Gegners. Jamoye schien von der Schlaghärte beeindruckt zu sein. Zu keinem Zeitpunkt konnte er seinen Reichweitenvorteil nutzen. In der zweiten Runde kam es zu immer mehr Schlagabtäuschen, wobei Berg nun anfing, seine Deckung zu vernachlässigen und Kopftreffer nehmen musste. In der dritten Runde gewann dann Jamoye die Oberhand. Er schlug harte Körper-Kopf-Kombinationen. In der vierten Runde musste Berg sogar noch mehr nehmen und wurde schließlich auch im Stehen angezählt. Zur fünften Runde trat er nicht mehr an. Später erklärte er, er hätte sich die rechte Schulter so verletzt, dass ein Knochen herausstehen würde.
Der letzte Kampf war auch der beste Kampf des Abends. Stephane Jamoye (24 Kämpfe, 21 Siege, 11 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) traf im Super Federgewicht auf Luis Singo. Er dominierte den Kampf von Anfang an. Seine schnellen Hände bestimmten das Geschehen. Der Mann aus Ecuador konnte jedoch in der ersten Runde noch gut kontern. Im Verlauf des Kampfes wurde die Überlegenheit von Jamoye dann aber immer deutlicher. In der dritten Runde standen Jamoye und Singo minutenlang Fuß an Fuß in einer Ecke und zeigten einen Infight auf ganz hohem Niveau. Im nächsten Durchgang trafen sie sich erneut in derselben Ecke, um dort weiter zu machen, wo sie vorher aufgehört hatten. Dann musste Singo zu Boden. Er wurde angezählt. Wenige Sekunden später nahm er in der gegenüberliegenden Ecke einen Treffer gegen die Stirn, der den Kampf endgültig beendete. So einen langen Infight habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Ich möchte an dieser Stelle dem Ringrichter Serge Hendrice ein großes Lob aussprechen, der diesen Infight überhaupt zuließ. Hierzulande wird dergleichen schnell abgebrochen, so dass es leider nur sehr selten zu sehen ist.
Ein Ausflug nach Belgien lohnt sich also: nicht nur wegen der Moules-frites, sondern auch wegen des Boxens. Die Veranstaltung in Vise war sehr unterhaltsam. Es wurde gutes und zum Teil sogar hervorragendes Boxen gezeigt. Ich würde mir wünschen, der deutsche Amateurverband DABV und die deutschen Profiverbände nähmen sich ein Beispiel an Belgien. Sie sollten zusammen und nicht gegeneinander arbeiten. Sieger wäre dann das Boxen und die Zuschauer.
© Uwe Betker



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