Dionysos, den die Römer als Bacchus bezeichneten (Gott der Sinnesfreuden und des Blutrausches), war ein Sohn der Fruchtbarkeitsgöttin Semele und hatte Zeus persönlich zum Vater. Dumm nur, wenn man ohne Mutter aufwachsen muß und aus dem Schenkel des Vaters geboren wird. Semele war nämlich, im sechsten Monate schwanger, beim Anblick des mit Blitzen und Donnern erscheindenden Zeus einfach verbrannt. Hermes rettete im letzten Moment die Leibesfrucht und nähte den Fötus in den Schenkel des Gottvaters. Kein Witz, doch es sollte noch viel schlimmer kommen. Hera, die nämlich auf Semele eifersüchtig gewesen war, wollte auch das Kind beseitig wissen und befahl den Titanen, das Neugeborene zu töten. Die einfältigen Riesen taten wie ihnen befohlen, rissen das Kind in Stücke und kochten es in einem Kessel. Erst jetzt kommt es zu einer Reaktion des Mitleids: Rhea (Mutter des Zeus) konnte es vermutlich nicht länger mit ansehen und setzte das Kind wieder zusammen. Man kann wohl von einer schwerer Kindheit sprechen. Vielleicht war auch ein Geburtsschaden – beim Zusammensetzen vermutlich – für das verantwortlich was später noch kommen sollte. Jedenfalls entwickelte sich das Bübchen etwas auffälliger als normal. Seine Pflegeeltern zogen den Kleinen nämlich als Mädchen auf, was bestimmt nicht gut für die Entwicklung ist. Sicher, es galt, das Kind vor dem Zorn Heras zu schützen; doch es half alles nichts. Hera entdeckte das Kind und strafte die Pflegeeltern mit Wahnsinn. Der Vater versuchte fortan, weil er seinen Ziehsohn abwechselnd für einen Hirsch oder einen Löwen hielt, diesen mit Pfeil und Bogen zu erlegen und Ino, die freundliche Pflegemutter, sprang von einer Klippe ins Meer. Glauben sie mir, von göttlichen Familienverhältnissen war man weit entfernt.
Was hat das jetzt alles mit dem Amethyst zu tun? Nun mal nicht ungeduldig werden. Die Logik mythologischer Zusammenhänge erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Aber sie sieht, wenn man es lila mag, recht ansprechend aus.
Danach wurde der Junge von Piraten entführt – die Seeräuber sprangen im Verlaufe der Reise aber über Bord und verwandelten sich in Delphine – und schlußendlich schlug ihn Hera selbst mit Irrsinn (alles nur, weil diese eifersüchtig war).
Man muß aus seinen Fähigkeiten das Beste machen und wahnsinnig wie er nun mal war, fegte der junge Gott, weintrinkend über die Erde. Sein göttlicher Wahnsinn endete jedenfalls im Triumph. Begleitet von blutrünstigen, gewalttätigen Mänaden (die Rasenden) und rauschhaften (sagen wir mal geilen), ziegenbeinigen Satyren eroberte er zahlreiche Länder und verbreitete seinen Kult. Nietzsche nannte es später, in einem Rückgriff auf Schelling, das Apollinische-Dionysische-Prinzip. Er überquerte auf einer Efeuranke den Euphrat, kam bis nach Indien und lehrte die Menschen überall auf seiner Reise den Weinanbau. Er kam sah und siegte und wurde erst in Phrygien, zurück in der Heimat, fast geschlagen, was seinen Siegeszug jedoch nur kurzzeitig bremste. Wer sich ihm in den Weg stellte wurde vernichtet. Scharenweise rannten ihm die Weiber hinterher, manche wurden wahnsinnig und erst, als Perseus ihm zu Ehren einen Tempel errichten lies, konnte der rauschhafte Dionysos besänftigt werden. Er nahm sich (raubte, was sonst) eine Frau (Ariadne), zeugte mit ihr zahlreiche Kinder und weil Hebe, eine sehr bescheidene Göttin, ihren Stuhl räumte, bekam er am Ende sogar einen Platz an der olympischen Tafel des Zeus.
Und dann gibt es noch die Geschichte des jungen, hübschen Mädchens Amethyst.
Die einen berichten, daß der rausch- und wahnhafte Gott auf einem seiner Streifzüge das junge Mädchen getroffen haben soll und dabei, natürlich sturzbetrunken, im Rausch, also wild und brutal, angeblich zwei wilde Bestien schickte, das Mädchen zu töten – einfach so -zu seinem Vergnügen. Aber Artemis hatte Mitleid und verwandelte das schöne Kind in eine Quarzsäule. Wenig später, wieder nüchtern, begann der Gott vor lauter Reue zu heulen, seine Tränen fielen in den Wein (hatte er immer dabei) und weil er den Wein über die Quarzstatue kippte, färbte sich diese violette.
Die andere Variante der Geschichte geht so: Dionysos trifft junges, schönes Mädchen (Amethyst) und kommt ihr, Komplimente lallend, doch recht nah. Das Mädel bekommt einen Schreck und erstarrt zur Quarzsäule. Das sein weingeschwängerter Atem ein Mädchen zu Quarz erstarren lassen könnte hatte er auch nicht erlebt. Er seufzt und weil so viel Rotwein in der Luft liegt, färbt sich die Quarzstatue lila. Vielleicht könnte man auch von einem frühzeitlichen Alkoholtest sprechen. In Ermangelung von Röhrchen wurden junge Mädchen angehaucht. Verwandelten sich diese in eine lila Quarzsäule galt der Gott als besoffen. Diagnose: Zu wenig Blut im Alkohol.
Wofür Amathyst sonst noch gut ist können wir nicht sagen.
Freud jedenfalls erkannte: Wer seine Triebe forwährend unterdrückt, wird entweder wahnsinnig oder neurotisch oder beides.