Das zentralstaatliche Modell gilt als schlank und billig, während föderalistische Staaten gerne als "Steuergeldvernichter" dargestellt werden. So einfach ist die Sache allerdings nicht.
Gerade in Österreich flammt immer wieder die Diskussion über die föderalistischen Strukturen auf. Zu teuer, zu bürokratisch, zu aufgeblasen. So tönt es unisono aus den Mündern der Kritiker. Dabei ist die Alpenrepublik nur bedingt als föderalistisch zu bezeichnen. Föderalismus bedeutet nämlich nicht nur, unterschiedliche Verwaltungsebenen zu haben, sondern diese auch mit einer ausreichenden Selbstverwaltung auszustatten. Dies ist jedoch in Österreich nicht der Fall, und selbst die Bundesrepublik Deutschland könnte hier noch einige Reformen umsetzen.
Steuern und Selbstverwaltung
In Österreich nimmt der Bund rund 95% der Steuern und Abgaben ein, während Länder und Kommunen für etwa 30% der Ausgaben verantwortlich sind. Dafür übernimmt die Republik auch noch die Haftung für die Schulden der untergeordneten Ebenen. Ein Eldorado für Landesväter und Dorfkaiser mit großen Spendierhosen. Die benachbarte Schweiz hingegen hat den Kantonen und Gemeinden eine weitestgehende Steuerautonomie zugestanden, und verzichtet auf einen Bail-out. Wer anschafft, muss dafür auch zahlen. So einfach ist es.
Das Ergebnis ist, dass sich in Österreich eine umfassende Verwaltungsmaschinerie etabliert hat, die ihre Pfründe verbissen verteidigt. In der Schweiz hingegen ist die Verwaltung vergleichsweise schlank und effektiv. Wenn eine Gemeinde neue Investitionen tätigen will, ist sie in Österreich auf die Finanzhilfe von Bund und Land angewiesen. In der Schweiz hingegen wird darüber in der Gemeindebevölkerung abgestimmt, und bei Zustimmung werden gegebenenfalls auch die Steuern erhöht, um dies zu finanzieren. Ganz Basisdemokratisch.
Franz Schellhorn schreibt in einem sehr guten Artikel in der österreichischen Tageszeitung "Die Presse" zum Thema Föderalismus sehr passend:
Diesen österreichischen Pseudoföderalismus durch eine straffe Zentralisierung zu ersetzen, wäre natürlich eine Möglichkeit. Die weitaus bessere wäre freilich, in diesem Land den Föderalismus endlich einmal einzuführen. Zentralisierte Staaten werden keineswegs günstiger verwaltet als föderale, ganz im Gegenteil. Es ist eben keine Frage von Größe, wie teuer oder günstig ein Staat verwaltet wird. Sondern eine Frage des Anreizsystems. Und da zeigt sich, dass föderal organisierte Länder besser abschneiden. Wie etwa Kanada oder die Schweiz, die mit 26 Kantonen, 148 Bezirken und 2408 Kommunen noch kleinteiliger aufgestellt ist als Österreich. Dennoch verwalten die Eidgenossen ihr Land um ein Drittel günstiger als das flächenmäßig doppelt so große Österreich.
Schlechtes Beispiel USA
Allerdings gibt es auch schlechte Beispiele, wenn es um die föderale Struktur geht. Ein Blick in die USA zeigt (siehe auch hier), dass ein solches System trotzdem versagen kann. Allerdings liegt es auch daran, dass die US-Politiker in einem puren Persönlichkeitswahlrecht gewählt werden, und dafür auf die Spenden aus der Wirtschaft angewiesen sind. Das führt zu einem verfehlten Steuersystem, welches die US-Kommunen und Bundesstaaten der Reihe nach in den finanziellen Ruin treibt.
Ein föderalistisches System kann nicht funktionieren, wenn die Politik von den Geldzuwendungen der Konzerne abhängig ist. Auch in den Vereinigten Staaten wäre es mit dem "Schweizer Modell" nicht zu solchen Entwicklungen gekommen, wie wir sie derzeit sehen. Denn mit dem Motto "Wer anschafft, muss auch dafür zahlen", wären teure Prestigeprojekte erspart geblieben. Zumindest wenn man die betroffene Bevölkerung dazu befragt hätte, ob sie für den Bau solcher Projekte auch eine Steuererhöhung akzeptieren würden. Jeder ist seinem Geldbeutel eben doch am nächsten.
Steuerföderalismus als Chance
Wenn man den unteren Verwaltungsebenen die Möglichkeit gibt, ihre Ausgaben selbstständig mittels eigenen Steuern zu decken, befördert man sie auch von bloßen Verwaltern und Umverteilern des zugeteilten Geldes zu wirklichen politischen Akteuren. Dann nämlich tragen sie auch eine wirkliche Verantwortung für ihre Bevölkerung. Derzeit können sie etwaige Missstände immer noch an die Bundespolitik abschieben. Dies wäre in einem echten föderalistischen Staat nicht der Fall.
Sicher, ein begrenzter Finanzausgleich zugunsten der strukturschwachen Gebiete wäre auch in einem wirklich föderalistischen Österreich (oder Deutschland) immer noch nötig. Allerdings hätten die wirtschaftlich benachteiligten Gegenden die Möglichkeit, steuerliche Anreize für Betriebsansiedlungen zu bieten. Selbst im Weinviertel und im Kreis Uecker-Randow könnten so Wachstumsanreize geschaffen werden.