Gestern habe ich über eine sehr üble Rezension bei Amazon berichtet. Nun muss man ja als Autor – im Grunde ja bei allem, was man macht – auch mit Stimmen rechnen, die sich nicht besonders für dein Werk begeistern können. Ich habe kein Problem mit kritischen Stimmen. Unterm Strich bekomme ich zu ca. 90% positives bis sehr positives Feedback, was mich motiviert mehr zu schreiben. Manche Leser bringen zum Ausdruck, dass Ihnen meine Inhalte, oder die Art wie ich sie bringe, nicht so gefallen. Das ist legitim. Manches davon kann ich nachvollziehen, manches sehe ich anders – man kann es nicht allen gleichzeitig recht machen. So wie ich positive Rezensionen zu meinen Werken bei Facebook und Twitter poste, poste ich auch die negativen – letzteres in der Hoffnung, dass sich die Eine oder der Andere denkt »he, das Buch habe ich auch gelesen! Ich fand’s gut. Da setze ich jetzt eine positive Stimme dagegen.« Manchmal klappt das, meist leider nicht. Ich halte es für ein legitimes Marketinginstrument. Beschwert habe ich mich seit 2008 nicht mehr über negative Rezensionen.
Aber was war 2008? Ich hatte das fast vergessen, bis ich meine Artikel von damals nach der gestrigen Rezension wieder ausgegraben habe. Mir war gar nicht bewusst, dass das damals so schlimm war!
Die Geschichte begann im Sommer 2007 nachdem mein Video-Training zu InDesign CS3 erschienen war. Nach anfänglich guten Rezensionen kamen gegen Herbst vernichtende Kommentare dazu, die teilweise einfach verifizierbar falsche Aussagen machten. Damals war die ganze Branche, die Bücher im Bereich von Adobe CS publizierte, von einer Flut an schlechten Rezensionen betroffen und der Verdacht drängte sich rasch auf, dass da jemand die laschen Bestimmungen von Amazon dazu nutzte, um seine Mitbewerber schlecht zu schreiben. Dass manch positive Rezension vom Autor oder Verlag selbst in Auftrag gegeben worden war, war ohnehin schon bekannt. Leider habe ich einige der ersten Blog-Artikel zu dem Thema bereits aus meinem Blog entfernt. Gelegentlich räume ich alte Artikel auf und ich dachte wohl nicht, dass das Thema noch einmal relevant werden könnte.
Verwirrender Weise erschienen nicht nur negative Rezensionen, sondern es verschwanden auch positive. Daraus entstand natürlich der Verdacht jemand könnte bei Amazon intern an der Kampagne beteiligt sein. Nicht nur, dass positive Rezensionen heraus gelöscht wurden, auch wurden mir Fälle bekannt, in denen gute Kommentare von Rezensenten gar nicht freigeschalten wurden. Welche Rezensionen gelöscht werde, welche freigeschaltet werden, und welche, trotz Reklamation, drin bleiben, entscheidet Amazon. Was also sollte man anderes denken, als dass da jemand einen Helfer beim Buchhändler hätte?
Galileo initiierte dann einen offenen Brief verschiedener Verlage an Amazon, indem gefordert wurde, dass Amazon die Bedingungen für Rezensionen ändert. Zu der Zeit musste man noch nicht einmal Kunde bei Amazon sein, um eine Rezension zu verfassen. Amazon blieb stumm und tagt gar nichts.
Bizarr wurde die Sache dann zum Jahreswechsel und im Frühjahr 2008 – eine Sache die ich echt vergessen hatte und an die mich erst meinte jetzige Recherche wieder erinnerte. Die Bizarre Wendung war, dass plötzlich ausgesprochen positive Rezensionen für mein Photoshop-Buch erschienen. Woher ich weiß, dass es keine echten Rezensionen waren? Weil sie einfach den Klappentext, der auf derselben Seite bei Amazon ein paar Zeilen weiter oben angezeigt wurde, in die Rezension kopiert hatten. Nun wäre es natürlich möglich, dass ein fauler Rezensent sowas macht. Aber innerhalb von zwei Wochen hatten das zwei Rezensenten gemacht. Das stank bestialisch nach Manipulation. Doch wer würde positive Rezensionen für ein Buch manipulieren? Doch wohl nur der Autor oder der Verlag. Plötzlich waren wir vom Opfer durch manipulierte Negativ-Rezensionen zum Täter geworden. Man muss sich allerdings fragen, für wie dämlich man uns hält, falsche Rezensionen dermaßen Plump zu gestalten. Also bitte!
Es scheint nichts dämlich genug zu sein. Denn langsam begann sich auch ein Teil der berichterstattenden Bloggosphäre der Sache anzunehmen, wobei nun wir als Übeltäter im Schussfeld standen. Glücklicherweise waren dann doch nicht alle so dumm, der perfiden und augenscheinlichen Kampagne auf den Leim zu gehen und haben in Betracht gezogen, dass tatsächlich wir, die Verlage und Autoren Ziel eines gezielten Angriffs eines Autors oder eines Verlages waren, der dadurch seine eigene Position zu verbessern suchte. Mittlerweile hatte sich auch der Verdacht gegen ein Autorenduo verhärtet, auch wenn es einen Nachweis, dass sie dahinter steckten, bislang nicht habe. Der Schwenk von Negativ-Rezensionen, zu offensichtlich plump gefälschten Positiv-Rezensionen, sollte wohl von Ihnen als Verdachtsperson ablenken, und den Verdacht auf die lenken, die der Sache auf der Spur waren.
Im Frühjahr 2008 begannen dann breiter bekannte Medien die Thematik aufzunehmen und von da an waren es kaum mehr Tage bis Amazon reagierte und die Bestimmungen zum Veröffentlichen einer Rezension änderte. Von da an musste man zumindest registriert sein und einmal etwas bei Amazon bestellt haben. Die neuen Bestimmungen erschweren Manipulation natürlich nur marginal. Einen realen Namen muss man nämlich nicht angeben, wenn man eine Rezension schreiben will. Vielmehr kann man sich hinter Pseudonymen verstecken, was es ja insgesamt im gesamten Cyberspace allen möglichen Leuten ermöglicht Gehirnausscheidungen von sich zu geben, unter die sie niemals ihren originalen Sanktus setzen würden. Man sehe dazu nur die Kommentare bei den Online-Auftritten von Tageszeitungen und Magazinen.
Zurück zum gestern von »Korgkarma« veröffentlichten Totalzerriss von »Photoshop CS6 – Schritt für Schritt zum perfekten Bild«. Ich kann natürlich nicht ausschließen, dass da wirklich ein Leser so gar nichts mit meiner Art zu schreiben und zu erklären anfangen konnte. Ein Indiz dafür, dass die Rezension echt sein könnte, ist, dass auf meine Querverweise verwiesen wird. Diese habe ich im neuen Buch tatsächlich intensiver als früher eingesetzt und zwar als Service an den Leser, damit er auch, wenn er das Buch als Nachschlagewerk nutzt, nicht jedesmal über den Index gehen muss, um einen unbekannten Begriff nachzuschlagen. Ist es ein gezielter Angriff eines Mitbewerbers, hat man sich das Buch zumindest angesehen.
Der Umstand, dass »Korgkarma« das Buch tatsächlich gekauft hat, unterstützt eine Glaubwürdigkeit hingegen wenig. Um eine Rezension nicht unter eigenem Namen (oder Pseudonym) zu veröffentlichen, braucht man einen neuen Nutzer, der etwas bei Amazon bestellt hat. Die investierten 39 Euro in das Buch sind in diesem Fall eine gute Investition, denn sie unterstreichen für den Amazon-Kunden die Authentizität der Rezension. Wirkt der Negativ-Kommentar, dann hat man einen – in meinem Fall erfolgreichen Mitbewerber – aus dem Weg geräumt und das rechnet sich natürlich.
So wie ich heute schon die Rechnung für die neue Rezension von gestern bekommen habe: Mein Photoshop-CS5-Buch war – ohne einen vergleichbaren Verriss – praktisch vom Start weg unter den bestverkauften 5000 Büchern bei Amazon und in der Rubrik Photoshop annähernd ununterbrochen unter den besten drei. Das Photoshohp-CS6-Buch war bereits vor der Veröffentlichung besser platziert, als einen Tag nach dieser Rezension. Seit Verfügbarkeit war ich immer unter 3000, jetzt hinter 10.000, immer unter den ersten drei, jetzt auf Platz 7.
Ich stehe Kritik offen gegenüber und kann auch mit sehr kritischen Stimmen leben – ich muss ja nicht derselben Meinung sein. Ich bin aber auch ein gebranntes Kind, was gezielte Anti-Kampagnen angeht und deshalb wachsam. Bis zu dem Tag, an dem ich die Identität dieser Person nicht kenne, gehe ich davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Fake hoch ist. Sollte sich herausstellen, dass da wirklich jemand dieser Meinung ist … sowas ließe sich auch mit Manieren formulieren. »Für die Tonne zu schade« ist eine respektlose Unverschämtheit dem immensen Aufwand gegenüber, den ich in das Werk gesetzt habe. Schon mehrere Leser haben mir mitgeteilt, dass man dem Buch die Liebe zum Detail ansieht. Auch wenn es inhaltlich nicht gut wäre oder einem einzelnen nicht gefällt, disqualifiziert eine solche Verankerung eigentlich denjenigen, der sie von sich gibt. Aber hinter einen Pseudonym verdeckt ist es ja nicht schwer auf Charakter zu verzichten.
Meine noch verfügbaren Artikel von 2007/08 zu dem Thema:
- Amazon-Krimi
- Let’s Make Our Own Reality. Mehr sum Amazon-Krimi
- Manipulation bei Amazon?
- Gefälschte Rezensionen und falsche Verdächtigungen