Quelle: Helmut Mühlbacher
Ihr Lieben,heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Norbert Lechleitner erzählen:
„Durchhalten“
Ein junger Mann hatte von einer weisen Frau den Rat bekommen,
in seinem Leben niemals aufzugeben, wenn er seine Ziele erreichen wolle.
Eines Tages setzte er sich in den Kopf, die Wahrheit dieses Rates zu überprüfen.
Er ging an den Hof des Königs und als man ihn wegen seiner Hartnäckigkeit endlich vorgelassen hatte, redete er nicht lange um den heißen Brei herum, sondern erbat mutig die Tochter des Königs zur Gemahlin.Wäre der König nicht ein so gütiger Herrscher gewesen, hätte er den jungen Mann vielleicht wegen Majestätsbeleidung einsperren lassen. So aber verlangte er von dem Jüngling, er solle den kostbaren Ring wiederbringen, der seiner Tochter während einer Flusspartie im letzten Jahr ins Wasser gefallen sei. Wenn er ihn wiederbrächte, sei die Hand der Tochter für ihn bestimmt.
Ermutigt durch diese Zusage, ging der junge Mann ans Werk. Nur mit einem Trinkbecher als Hilfsmittel machte er sich daran, den Fluss auszuschöpfen. Das tat er unverdrossen siebzig Tage lang, obwohl sich ihm der Erfolg nicht zeigen wollte. Die Fische im Fluss begannen, unruhig zu werden. Sie kamen zusammen und hielten Rat.
„Was will der Mensch?“, fragte der Älteste der Fische. „Den Ring der Prinzessin, der seit letztem Jahr in Schlamm des Flusses liegt“, antworteten die anderen Fische.„Ich rate Euch dringend, liefert ihm den aus“, empfahl der alte Fisch, „denn wenn er den unumstößlichen Willen und den festen Vorsatz hat, wird er eher den Fluss ausschöpfen, als von seinem Vorhaben abzulassen.
Die Fische fürchteten, bald auf dem Trockenem zu laden und warfen den Ring in den Becher des jungen Mannes.
Freudestrahlend brachte er ihn dem König. Der war sehr überrascht und bewunderte, mit welcher Hartnäckigkeit der junge Mann sein Ziel verfolgt hatte. „Gern halte ich mein Versprechen ein und gebe Dir meine Tochter zur Frau.“ Und sie feierten ein rauschendes Hochzeitsfest.“
Ihr Lieben,
gestattet mir eine kleine Vorbemerkung zu der Geschichte: Das Einzige, das mir an dieser Geschichte nicht gefällt, ist die Tatsache, dass die Tochter des Königs nicht gefragt wurde, ob sie den jungen Mann überhaupt heiraten möchte.Es gab also wohl Zeiten, wo selbst die Töchter der Könige nichts zu sagen hatten. Zum Glück hat sich das radikal geändert und heute sind Mann und Frau in unserer Gesellschaft gleichberechtigt.
Aber nun zurück zu unserer kleinen Geschichte:Als junger Theologiestudent las ich in der Bibel im Lukasevangelium(11,9) immer wieder die wunderbaren Worte:
„Bittet und es wird Euch gegeben.
Suchet und Ihr werdet finden.
Klopft an und es wird Euch geöffnet.“
Ich habe diese Worte zunächst nicht verstanden, denn als Kind und junger Mensch habe ich immer wieder erlebt,
…dass ich eine Bitte äußerte und mir keineswegs geholfen wurde
…dass ich nach menschlichem Respekt gesucht hatte und ihn nicht gefunden hatte
…dass ich an viele Türen klopfte, weil ich Hilfe brauchte, und die Türen dennoch verschlossen blieben.
Erst heute begreife ich diese Worte aus der Bibel in ihrer ganzen Tiefe:
Es geht bei diesen Worten nicht um ein einmaliges Bitten, Suchen und Klopfen, sondern um eine innere Geisteshaltung, um eine Geisteshaltung, die sich nicht entmutigen lässt, die niemals aufgibt und das eigene Ziel verfolgt, mögen die Schwierigkeiten auch noch so groß, die Hindernisse scheinbar unüberwindlich sein.
Wir brauchen neben unserem Mut, unserer Zuversicht und unserer Hoffnung auch ein gutes Durchhaltevermögen. Durchhalten bedeutet, niemals aufzugeben, sich nicht entmutigen zu lassen und immer weiter Schritt für Schritt voranzuschreiben.
Natürlich hat jeder Mensch die Verantwortung, wenn er ein Ziel erreichen, einen Traum verwirklichen möchte, gründlich zu überlegen, ob die Verwirklichung des Traums, die Erreichung des Ziel wirklich realistisch sind.
Wenn ich heute beschließe, bei den Olympischen Sommerspielen in London im 100-Meter-Lauf Olympiasieger werden zu wollen, ist das völlig unrealistisch.
Wenn wir aber nach reiflicher Überlegung zu der Ansicht gelangt sind, dass das Ziel zu erreichen, der Traum zu verwirklichen sind, dann sollten wir es nicht zulassen, dass uns jemand daran hindert, dass uns jemand entmutigt, dass uns jemand aufhält auf unserem Weg zum Ziel.
Deshalb wünsche ich Euch allen ganz viel Mut, ganz viel Zuversicht und Hoffnung und immer ganz viel Durchhaltevermögen, wenn Ihr etwas erreichen wollt.
Das Durchhaltevermögen ist wie das Wasser,
das jedes Schiff unterm Kiel braucht,
um seine Fahrt fortsetzen zu können.
Ich wünsche Euch einen fröhlichen und nachdenklichen Abend und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer heiterer Werner
Quelle: Karin Heringshausen