Mit Windows 8 will Microsoft sein Desktop-Betriebssystem neu erfinden. Das System soll schlanker als seine Vorgänger sein und auf Endgeräten mit verschiedenen Formfaktoren laufen. Mit der Touch-orientierten Metro-Oberfläche will Microsoft Apples iPad und Android am Tablet-Markt endlich etwas entgegen setzen. Doch der Fokus auf Touch-Bedienung könnte das Betriebssystem am Desktop ruinieren, befürchtet ZDNet.
Mit einem von Windows Phone 7 bekannten Live Tile-Homescreen, der Möglichkeit Apps gleichzeitig nebeneinander zu nutzen und der Unterstützung von ARM-Prozessoren hat Windows 8 die Chance sich am Tablet-Markt zu etablieren. Der Ansatz bringt einige Vorteile. Die Metro-Apps können zentral über den Windows Store installiert, aktualisiert und über mehrere Geräte synchronisiert werden. Laut Microsoft sollen sie ohne Rückstände vom System gelöscht werden können und auch den Akku schonen, da die Hintergrundprozesse eingeschränkt sind. Im WebStandard-Hands-on vom September erwies sich die "Zweiklassengesellschaft" Metro und Desktop gewöhnungsbedürftig.
Doch die Metro-Oberfläche soll nach Vorstellung der Redmonder nicht nur am Tablet zum Einsatz kommen, sondern auch die Standardoberfläche auf Notebook und Desktop-Rechner sein. Und dort sind mehrere Problemfelder erkennbar. So laufen die Apps nur im Vollbildmodus, was das Fenster-Konzept (das Windows ja immerhin seinen Namen verleiht) unterwandern würde. User werden zwar zwischen der Metro-Oberfläche und dem klassischen Desktop einfach mit einem Mausklick wechseln können. Doch Microsoft habe bereits durchblicken lassen, dass die Zeit des "klassischen Desktops" ein Ablaufdatum besitzt, bzw. nur mehr für Anwendungen wie Photoshop oder Visual Studio sinnvoll sei.
Bei Microsoft geht man davon aus, dass Monitore ohne Touchscreen in wenigen Jahren als "kaputt" angesehen würden und Apps daher über ein Interface gleichermaßen mit der Maus wie mit dem Finger bedienbar sein sollten. ZDNet streicht aber hervor, dass die Bedienung eines Desktop-Monitors mit den Fingern ergonomisch "eine Katastrophe" und für viele Anwendungen mit höherer Informationsdichte auch nicht geeignet sei. Die große Frage lautet, wie bedienungsfreundlich ein System letztendlich ist, auf dem man für komplexere Anwendungen wie etwa Textverarbeitung oder Bildbearbeitung in ein anderes Interface umschalten muss?
In der Developer Preview von Windows 8 werden derzeit vor allem Metro-Apps für Facebook und Twitter oder Programme zum Malen und zur Fotoanzeige ausgeliefert. Wie sich der Metro-Stil auf Office-Programme oder Unternehmens-Anwendungen etwa für CRM umlegen lässt, habe Microsoft bis jetzt nicht gezeigt. Für ZDNet herrsche derzeit ein Chaos um die Vermischung von Finger- und Mausbedienung. Wenn das Unternehmen nichts ändert, könnte es seinem Flaggschiff schweren Schaden zufügen.