Kirby Dick und Amy Ziering Kofman erscheinen wie die putzigsten, vielleicht auch übermotiviertesten Groupies gegenüber dem, den sie über Monate hinweg ununterbrochen medial begleiteten: den französischen Philosophen Jacques Derrida. Er solle doch etwas über die Liebe sagen, welcher Philosoph seine "Mutter" sei und was ihn an Biografien namhafter Philosophen am meisten interessiere (das Sexualleben!). Derridas grüblerische, richtungsirrlichternde Antworten lassen lange auf sich warten, die Fragen sind ihm nicht geheuer, von Improvisation ganz zu schweigen – zu "leer und voller Klischees" sein Kopf. Als eine der einzigen Dokumentationen ist "Derrida" nicht zugepflastert mit einstudierten Sinnbezügen, denn stets geraten Dokumentarfilmer und Dokumentierter hierin aneinander, durchbrechen die vierte Wand und improvisieren (unbewusst). Das ironischste Kompliment, das "Derrida" verträgt, ist, dass sich diese Dokumentation (über Dekonstruktion) quasi selbst dekonstruiert: Die Dokumentation löst sich in ihre Einzelteile auf, während eine neuabgetragene Wahrheit, eine archäologische Wahrheit, zum Vorschein kommt, eine Wahrheit unter Schichten, die nach den Schichten dessen fragt, wie und aus welchen Gründen die Kamera das filmt, was sie filmt. Währenddessen wandert der Philosoph, ein äußerst charismatischer und familiärer Großvater, hält Vorlesungen in Südafrika und besucht das (nunmehr zweite) Archiv seiner Schriften in Kalifornien. Lebensberührende Bonmots bereichern dabei einen intellektuellen Abstraktionsgrad an Weisheit, Kritik und Suche.
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