Schon der deutliche Entscheid zum Atomausstieg vor zwei Tagen stimmte mich milde optimistisch. Als ich dann heute beim Abchecken der Mails auch noch mitbekam, dass das Schweizer Fernsehen in Zukunft auf die Ausstrahlung der Miss Schweiz Wahlen verzichtet, weil sich einfach keiner mehr für diesen Schwachsinn interessiert, da dachte ich einen kurzen Moment lang allen Ernstes, die Zukunft unseres Planeten sei vielleicht doch nicht so düster, wie man gemeinhin denkt. Ob es ihn doch gibt, den berühmten Silberstreifen am Horizont? Dann aber, als ich noch etwas weiter im Internet surfte, stach mir ein pinkfarbenes Werbebanner ins Auge. Eine Werbung für irgend einen billigen Prosecco? Oder vielleicht für einen neuen Lippenstift? Weit gefehlt. „4-jähriges Mädchen verstümmelt!“, stand da und ich fragte mich, wie besoffen wohl der Content-Manager dieser Website gewesen sein muss, als er diese schreckliche Botschaft mit einem zuckersüssen Hintergrund versehen hat.
Und dann war da heute noch das Erlebnis, das Karlsson und ich im Shopping Center machten. Ja, ich geb’s zu, wir waren im Shopping Center, aber nur, weil wir gerade in der Region waren und ich die Gelegenheit nutzen wollte, ein Geburtstagsgeschenk für „Meinen“ zu kaufen. Da fuhren also mein Sohn und ich friedlich plaudernd auf einer nahezu leeren Rolltreppe in Richtung Bücherladen, Karlsson auf beiden Seiten auf das Geländer abgestützt. Leider bemerkten wir zu spät, dass ein gehetzter Rentner an Karlsson vorbeizukommen wünschte. „Das machst du wohl mit Absicht?“, herrschte er Karlsson an, stiess seinen Arm unsanft zur Seite und als ich es wagte, den netten Herrn darauf aufmerksam zu machen, dass mein Sohn gänzlich ohne böse Absichten die gesamte Breite der Rolltreppe in Anspruch genommen hätte, bekamen wir noch so einiges zu hören, was ich lieber nicht hören möchte. Ich möchte das nicht hören, weil ich sehr genau spüre, wann mein Kind etwas aus böser Absicht tut und wann nicht. Ich möchte es aber auch nicht hören, weil in meinen Augen die Haltung „In jedem Kind steckt ein unerträglicher Rotzbengel, der nur darauf aus ist, den Erwachsenen das Leben zu versauen“ absolut lebensfeindlich ist.
Nach überstandenem Shopping-Trip – eine ziemlich ernüchternde Angelegenheit, denn inzwischen hat auch noch der letzte unabhängige Laden mit originellem Sortiment einer der unzähligen Ladenketten Platz gemacht – , noch einmal ein Abstecher ins Internet. Und was lese ich dort? Der Gemeindeamman eben jener Gemeinde, in der wir shoppen waren, tritt zurück. Er war bedroht worden, offenbar weil er es gewagt hatte, am Schweizer Fernsehen auszusagen, das Zusammenleben mit vielen „Ausländern“ sei eine ganz grosse Bereicherung. So eine Unverschämtheit. Da wagt doch tatsächlich einer anzudeuten, dass man auch mit Menschen fremdländischer Herkunft ganz gut klarkommen kann.
Ich weiss, all die Dinge, über die ich hier schreibe, hängen nicht wirklich zusammen, aber sie alle machen mir klar: Auch wenn es hin und wieder mal eine positive Nachricht geben mag, das mit dem Silberstreifen am Horizont war nur ein netter Traum.