DIY Realität

Über Jugendliche, die in den Weiten der virtuellen Welt den Bezug zur Realität verlieren, wird ausgiebig diskutiert. Dass auf der anderen Seite des Altersspektrums etwas ganz ähnliches geschieht, scheint hingegen kaum jemanden zu interessieren. Woran dies liegt? Vielleicht daran, dass viele ältere Menschen sich ihre Realität aus den traditionellen Medien zusammenzimmern.

“Ich habe einen Termin in Basel”, sagte ich heute früh zu meinem Tischnachbarn. “Haben Sie denn Ihr Auto dabei?”, fragte er. “Nein, ich fahre mit dem Zug, das ist viel gemütlicher”, gab ich zur Antwort. Nachdenklich schüttelte er den Kopf und meinte: “Ja, gemütlich wäre das schon, wenn nur die Gewalt in den Zügen nicht wäre. Das muss furchtbar sein.” “Nun ja, natürlich kommt es zu solchen Vorfällen, aber meist geht es im Zug ganz gesittet zu und her”, entgegnete ich. “Also, ich würde nie die Bahn nehmen. Wissen Sie, diese Gewalttätigkeiten, das ist einfach viel zu gefährlich. Neulich stand da in der Zeitung…” Was hätte ich da noch entgegnen sollen? Die alltäglichen Erfahrungen einer ziemlich fleissigen Bahnfahrerin sind nun mal weniger glaubwürdig als die aufgeregte Berichterstattung über einzelne tragische Vorfälle.

Ähnliche Gespräche hatte ich schon mehrmals in den vergangenen Tagen. Egal ob von Einwanderung, Umweltschutz, Schulunterricht, Arbeitslosigkeit oder Landwirtschaft die Rede war, immer wieder wurden Beispiele herausgegriffen, über die breit in den Medien diskutiert worden war. Von eigenen Erfahrungen wussten meine Gesprächspartner nichts zu berichten, es war alles nur aus zweiter Hand, meist deutlich gefärbt durch die Meinung eines rechtsgerichteten Kommentatoren. Hielt ich dagegen, dass es abgesehen von diesen Extremen auch ganz viel Gewöhnliches gebe, das ziemlich ordentlich laufe, schüttelten meine Gesprächspartner entrüstet die Köpfe und gaben mir zu verstehen, ich hätte keine Ahnung von der Realität.

Im Grunde genommen könnte mir das alles egal sein, sie sind ja nicht meine Freunde. Nachdenklich stimmt mich die Sache trotzdem. Ist es denn besser, wenn jemand die Welt nur noch durch die dunkel gefärbte Brille der Angst sieht, als wenn ein anderer vor lauter Virtualität das Echte übersieht? Zumal die älteren Semester deutlich fleissiger zur Abstimmungsurne gehen als wir, die wir noch mitten drin im Alltagsleben stecken.

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