Frühling-Sonnenuntergang Nahe Snowden Wales, Quelle: Pixabay
Der Ausbau der deutschen Stromnetze war am 15.04.2013 Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Ausschusses für Wirtschaft und Technologie mit elf Sachverständigen. Die Übertragungsnetzbetreiber begrüßten dabei den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Zweiten Gesetzes über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze (17/12638).
Grundsätzliche Kritik übte dagegen der Wirtschaftswissenschaftler Lorenz Jarass in der Anhörung: Der Gesetzentwurf und die Netzausbauplanung seien überdimensioniert, die Planung berücksichtige zudem nicht die Kosten des Leitungsausbaus – der müsse von den Verbrauchern bezahlt werden, behindere dadurch die weitere Reduzierung von CO2 und bedrohe die gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende insgesamt.
In der Anlage seine Stellungnahme – hier die Hauptpunkte – am Schluss weitere Quellen:
Professoren sehen Akzeptanz der E-Wende durch übertriebenen Netzausbau in Gefahr
Die Professoren Prof. Dr. Lorenz Jarass, M.S. (Stanford University, USA), Hochschule RheinMain, Wiesbaden, und Gustav Obermair, Physiker, vormals Rektor der Uni Regensburg haben sich dazu wie folgt geäußert:
„Die offiziellen Netzausbauplanungen und der einschlägige Gesetzentwurf der Bundesregierung sind einseitig von den Interessen der Stromerzeuger geprägt und beruhen zudem auf volkswirtschaftlich fehlerhaften Ansätzen. Der angeblich erforderliche Netzausbau ist deshalb weit überdimensioniert. Die resultierenden unnötigen Kosten von vielen Mrd. € muss der Stromverbraucher tragen.“
Die zusammenfassende Argumentation zu Beginn der Stelllungnahme:
„(1) Abschneiden von regenerativen Erzeugungsspitzen nicht eingeplant: Auch sehr seltene und kurze simultane Spitzen der Erzeugung erneuerbarer Energien sollen gesichert eingespeist werden können. Für die hierfür erforderliche Erhöhung der Übertragungsleistung (im Extremfall bis hin zum Neubau von Nord-Süd-Leitungen) müssten Hunderte Mio. € investiert werden, um einen jährlichen Mehrertrag an erneuerbaren Energien im Wert von nur einigen Hunderttausend € zu erzielen. Der resultierende Netzausbau steht im Widerspruch nicht nur zum gesetzlichen Gebot der wirtschaftlichen Zumutbarkeit des Netzausbaus, sondern auch zu Vorgaben der Bundesnetzagentur.
(2) Berechnung des Netzausbaus ohne Berücksichtigung seiner Kosten: Allein der Einsatz der erneuerbaren und konventionellen Kraftwerke wird optimiert und dann der dafür erforderliche Netzausbau bestimmt, ohne dabei die Kosten dieses Netzausbaus in der Kosten-Nutzen-Rechnung zu berücksichtigen.
(3) Netzausbau wegen unnötiger Einspeisung von Kohlestrom parallel zu Starkwindeinspeisung: Im Widerspruch zu den gesetzlich festgelegten energiepolitischen Zielen der Bundesregierung soll das Stromnetz für eine unbeschränkte Einspeisung fossil erzeugten Stroms auch bei Starkwind-Stromeinspeisung ausgebaut werden. Dadurch würden eine Verminderung des Einsatzes fossil befeuerter Kraftwerke und so eine Reduzierung der CO2-Emissionen behindert und so die gesetzlich festgelegten Ziele der Energiewende gefährdet.
(4) Unzureichende Umsetzung von technischen Alternativen: Technische Alternativen werden unzureichend berücksichtigt, insbesondere Maßnahmen zur Erhöhung der stationären Grenzleistung, zur Verbesserung der Netzstabilität und zur Blindstromerzeugung. Kostengünstige Maßnahmen zur Verbesserung der Netzstabilität werden nur ungenügend berücksichtigt.“
Geplante Netzausbau bedrohe Akzeptanz der Energiewende
Als Fazit kann man sagen, der geplante und weit überdimensionierte Netzausbau bedrohe, so Jarass und Obermaier, „die gesellschaftliche Akzeptanz des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien und damit die Energiewende insgesamt“. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei deshalb abzulehnen.