Diskrimierung von behinderten – aber nicht schwerbehinderten -Menschen beim Vorstellungsgespräch

Immer häufiger klagen abgelehnte Bewerber auf Entschädigung wegen Diskriminierung bei der Auswahl von Stellenbewerbern. Bei schwerbehinderten Personen muss der potentielle Arbeitgeber die Vorschriften des SGB IX (z.B. § 81 ) zu beachten. Gilt dies auch für Personen, die behindert, aber nicht schwerbehindert sind?

Schutz von Schwerbehinderten bei der Bewerberauswahl

Nach § 81 SGB IX soll der Arbeitgeber prüfen, ob neue Stellen mit schwerbehinderten Personen besetzt werden können. Dies gilt aber letztendlich nur für Schwerbehinderte. Dies setzt widerum voraus, dass diese ein GdB von wenigstens 50 haben. Personen mit Behinderungen, die diesen Wert nicht erreichen fallen nicht unter den Schutzvorschriften des SGB IX.

Schutz von behinderten Menschen

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit einer Klage einer abgelehnten Bewerberin mit einem GdB von 40 (also nicht schwerbehindert nach dem SGB IX) zu beschäftigen. Die Vorinstanz war das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg. Die abgelehnte Bewerberin wollte Entschädigung vom potentiellen Arbeitgeber, der – ihrer Ansicht nach – die Vorschriften des SGB IX hätte beachten müssen. Das Bundesarbeitsgericht (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Januar 2011 – 8 AZR 580/09) lehnte den Entschädigungsanspruch ab.

Das BAG führte dazu aus:

“ Die Beklagte musste die Klägerin nicht nach den Vorschriften des SGB IX behandeln, da die Klägerin dafür die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Sie fällt nicht unter den Anwendungsbereich der Schutzvorschriften des SGB IX. Deshalb kann sich die Klägerin auch nicht auf sonstige Verletzungen der Vorschriften des SGB IX berufen. Auch dafür müsste sie schwerbehindert oder den schwer-behinderten Menschen gleichgestellt sein.“

Schutz nach dem AGG (Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz)

Im Verfahren vor dem BAG trug die Arbeitnehmerin allerdings keine Verletzung nach dem AGG vor, so dass sich das BAG nicht damit beschäftigte (Verfahrensvorschriften für Revision/ Nichtzulassungsbeschwerde sind „sehr streng“), aber darauf hinwies, dass ein Anspruch auf Entschädigung – theoretisch – nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz möglich gewesen wäre. Natürlich nicht automatisch, sondern bei einer Verletzung dieser Vorschriften.

Das BAG führte aus:

„Allerdings stehen seit August 2006 alle behinderten Menschen unter dem Schutz des AGG. Die Klägerin hat sich jedoch ausschließlich auf die Verletzung von Vorschriften des SGB IX berufen und keine Tatsachen vorgetragen, die die Vermutung für eine Benachteiligung im Sinne des AGG auslösen. Nachdem mit dem AGG die Rahmenrichtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 in deutsches Recht umgesetzt ist, kommt die zwischenzeitlich notwendige entsprechende Anwendung der Regeln des SGB IX auf nicht schwerbehinderte Menschen nicht länger in Betracht.“

Rechtsanwalt Martin – Berlin Arbeitsrechtsberatung

Siehe auch: „Darf der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch nach einer Schwerbehinderung fragen?



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