„…Die Finanzwirtschaft durchdringt die Welt nun seit einem Vierteljahrhundert. Nicht finstere Diktaturen haben sie geschaffen. Sie ist ein originäres Kind der demokratischen, westlichen Nationen, die am Ende des letzten Jahrhunderts den ökonomisch Mächtigen die Fesseln ersparen wollten, die der Wohlstandskapitalismus ihnen auferlegt hatte. Verständlich. Neue Konkurrenzverhältnisse zeichneten sich ab. Jeder Staat meinte, „seine“ Wirtschaft optimal in Stellung bringen zu müssen, indem Kosten gesenkt, Verpflichtungen gelöst und außerdem sagenhaft viel Geld verdient werden konnte.
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Dieser neue Kapitalismus hat die Ideale und Stärken der Demokratien in einem Maß untergraben, wie kein äußerer Feind es gekonnt hätte. Die „Märkte“ sind zur Parallelgesellschaft des 21. Jahrhunderts geworden. Sie können jenseits der für alle anderen gültigen Maßstäbe von Haftung und Verantwortung handeln. Sie sind im Vorteil, denn sie kennen die Regeln der Vielen und nutzen sie zu ihrem Zweck, während die Vielen die Mechanismen weder durchschauen noch beherrschen können, mit denen Ratingagenturen ganze Staaten abstufen oder Hedgefonds mit Leerverkäufen auf Verlust und Niedergang von Nationen wetten. Sie sind immer im Vorteil, denn sie verdienen nicht nur an konstruktiven Erfolgen, sondern auch an Niederlagen und Pleiten.
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Die Welt ist aus den Fugen geraten. Denn Marktwirtschaft ist nicht mehr Marktwirtschaft, wenn der erpresserische Druck der Finanzakteure groß genug ist, ihre Risiken immer wieder bei den Steuerzahlern abzusichern. Und Demokratie ist nicht mehr Demokratie, wenn sie nicht mehr hält, was sie verspricht, nämlich eine gesellschaftliche Ordnung, in der die ganz normalen Leute über ihr Leben mitbestimmen und mitreden können…“
Von Tissy Bruns
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/meinung/die-welt-ist-aus-den-fugen/4523422.html