Die unterschätzte Hauptstadt: auf der Donau nach Bratislava

Von Bratislava und überhaupt von der Slowakei hatte ich nie ein gutes Bild vor Augen. Dabei war mein bisheriger Aufenthalt in der Slowakei mehr als kurz. Als ich 2004 mit meinen Eltern zum Balaton gefahren bin, hatten wir eine lange Autofahrt. Mitten in der Nacht waren wir in Bratislava bzw. wahrscheinlich eher auf einer Autobahn vor Bratislava. Baustelle, wir standen im Stau. Ich wachte auf. Es war grellhell, alles blinkte gelb. Meine Eltern schimpften auf Bratislava, ich konnte danach nicht wieder einschlafen.

Seit diesem Erlebnis dachte ich bei Bratislava immer sofort an eine Stadt, die einer riesigen Baustelle gleicht. Ich dachte an schlechte und dreckige Luft, an eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse und an zerfallene Gebäude.

Warum sollte ich also nach Bratislava fahren?

Als ich in Wien an einem Ticketautomaten der ÖBB zufällig ein Bratislava-Ticket für 16 € entdeckte, wurde ich also zunächst stutzig.

Wieso sollte jemand freiwillig aus dem wunderbaren Wien in das furchtbare Bratislava fahren wollen? Vielleicht ist ja Bratislava gar nicht so schlimm, wie ich es in Erinnerung habe. Wobei Erinnerung das falsche Wort ist, immerhin kannte ich bis dato ja nur eine Autobahn und nicht die Stadt an sich.

Ich wurde also neugierig, denn ich liebe es ja, neue Städte zu entdecken. Also informierte ich mich über Abfahrtzeiten und Fahrdauer für Züge nach Bratislava. Während meiner schnellen Recherche im Internet stieß ich allerdings auf etwas viel Spannenderes.

Mit dem Schiff nach Bratislava

Von Wien aus fährt mehrmals am Tag ein Schiff auf der Donau nach Bratislava. Bis dahin war mir weder klar, dass Bratislava überhaupt an der Donau liegt, noch,  dass es sich direkt an der österreichischen Grenze befindet und nur 55 km von Wien entfernt ist.

Am nächsten Tag stand ich also morgens am Schwedenplatz in Wiens Innenstadt an der Schiffablegerstelle und kaufte ein Ticket nach Bratislava.

Die Fahrt erfolgt mit dem Twin City Liner, der die Städte Wien und Bratislava miteinander verbindet, und dauert etwa 75 Minuten.

Auf dem Schiff gibt es sowohl eine wettergeschützte Innenkabine als auch ein Sonnendeck, auf dem man den vollen Fahrtwind abbekommt. Immerhin schippert der Twin City Liner mit bis zu 60 km/h über die Donau.

Während der Fahrt klären in unregelmäßigen Abständen Lautsprecherdurchsagen über kleine Sehenswürdigkeiten am Flussufer auf.

Wir starten auf dem Donaukanal in der Wiener Innenstadt, ziehen vorbei an kleinen Fischerhütten am Ufer und nehmen schließlich außerhalb Wiens Kurs auf der Donau auf. Innerhalb Österreichs liegt der Abschnitt der Donau, auf dem wir fahren, komplett im Nationalpark Donau-Auen. Links und rechts von uns ist Wald so weit das Auge reicht. Wir kommen an einigen Mündungen vorbei, wo kleinere Nebenflüsse in die Donau fließen. Nur gelegentlich passieren wir eine Brücke. Die Fahrt ist sehr idyllisch und entspannt.

Der erste Ort, den wir nach Wien passieren, ist der Stadtteil Devín, der direkt an der österreichischen Grenze liegt und schon zu Bratislava gehört. Kurz darauf folgt auch schon das Zentrum von Bratislava.

Hier geht's los nach Bratislava: Schwedenplatz in Wien

Twin City Liner

Mit dem Twin City Liner fahren wir über die Donau.

Der Devínska hradná skala (Felsen der Burg Devín) markiert die Grenze zwischen Österreich und der Slokawei an der Mündung der March in die Donau

Der Devínska hradná skala (Felsen der Burg Devín) markiert die Grenze zwischen Österreich und der Slokawei an der Mündung der March in die Donau.

Bratislavas Alt- und Innenstadt

Wir steigen in Bratislava aus dem Schiff und befinden uns wie in Wien auch hier nur wenige hundert Meter von der Haupt-Fußgängerzone entfernt. Und ich bin überrascht, denn: Die Altstadt von Bratislava ist richtig schön. Sie ist klein, beschaulich und irgendwie schnuckelig.

Die Fußgängerzone in der Hviezdoslavovo námestie wird auch Promenade genannt, denn sie ist durch einen länglichen Brunnen in zwei Teile geteilt. Links reihen sich Bars und Restaurants aneinander.

Ich verstehe so langsam, wieso es so viele Menschen aus Wien nach Bratislava zieht. Während in Wien sonntags die meisten Läden und Restaurants geschlossen haben, herrscht in Bratislava am Sonntag Trubel in der Innenstadt. Die Sonne scheint, die Menschen sitzen draußen und lassen sich ihr Essen und ein Bier schmecken.

Auch wir stoppen vor dem Restaurant La Pala und setzen uns mit Blick auf das Historická budova Slovenského národného divadla – das historische Gebäude des Slowakischen Nationaltheaters. Im La Pala solltet ihr übrigens unbedingt die Erdbeer-Basilikum-Eistee-Schorle probieren, superlecker!

Links geht es weiter auf der Rybárska brána bis zum Hlavné námestie, dem Hauptplatz der Altstadt. Hier tummelt sich das Leben ebenso wie auf der Promenade. Cafés und Bars liegen an dem Platz mit Blick auf das Stará radnicaalte Rathaus.

Übrigens hat Bratislava auch eine stadteigene Burg, die Bratislavský hrad. Sie ist eigentlich die Haupt-Sehenswürdigkeit von Bratislava. Von ihr aus hat man wohl einen sehr guten Ausblick über die Altstadt Bratislavas. Leider haben wir es nicht mehr geschafft, die Burg zu besichtigen, da ich abends pünktlich zurück in Wien sein wollte, um den Nachtzug zurück nach Hannover zu bekommen.

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Hviezdoslavovo námestie – die Promenade

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Der Längsbrunnen verläuft entlang der Promenade.

Historisches Gebäude des Slowakischen Nationaltheaters

Historisches Gebäude des Slowakischen Nationaltheaters

Sobald wir die Fußgängerzone in der Altstadt verlassen hatten, war die Stadt plötzlich leergefegt. Leere Gassen, keine Autos auf den Straßen. Eigentlich auch nicht verwunderlich an einem Sonntag mit über 30° C. Wir machten uns auf den Rückweg zum Bahnhof, denn ein Zugticket ist weitaus günstiger als eine Fahrt mit dem Twin City Liner, dafür aber auch nicht so spektakulär.

Unterwegs kamen wir am Grasalkovičov palác, dem Palais Grassalkovich vorbei. Das Palais ist der Sitz des slowakischen Präsidenten und entsprechend schick (aber trotzdem kein Vergleich zu den Wiener Prunkbauten, die ich die Tage zuvor bestaunt hatte). An das Palais angeschlossen befindet sich außerdem ein Barockgarten.

Ein Stückchen weiter die Straße in Richtung Bahnhof hinauf befindet sich ein kleiner Park am Námestie slobody, dem Platz der Freiheit. Vor dem Gebäude der technischen Universität, das sich auf dem Platz befindet, saßen einige Studenten. Sie grillten und hörten entspannende Lounge-Musik. Da wir noch ein bisschen Zeit hatten, ließen wir uns auf einer Wiese nieder und und genossen die Sonne und die Klänge. Der Platz machte seinem Namen alle Ehre, denn tatsächlich fühlte ich mich dabei sehr frei und lebendig. Bratislava ist – zumindest hier auf dem Platz neben der Uni – eine junge und dynamischen Stadt mit Flair.

Palast des Präsidenten

Palais Grassalkovich

Námestie slobody – der Platz der Freiheit

Námestie slobody – der Platz der Freiheit

Fazit

Ich bin sehr froh, dass ich nach Bratislava gefahren bin. So konnte ich endlich das schlechte Bild, das ich völlig zu Unrecht von der Stadt hatte, revidieren. Bratislava ist eine schönes Ziel für einen Tagesausflug nach Wien.

Die Stadt bietet ein gutes, aber durchaus überschaubares Angebot an Kultur, kulinarischen Spezialitäten und Erholung, das aber (zumindest auf den ersten Blick) nicht vergleichbar mit dem anderer europäischer Hauptstädte ist. Genau kann ich das natürlich nach nur ein paar Stunden in Bratislava und meiner recht oberflächlichen Besichtigung der Stadt aber nicht sagen.

Ich habe die Stadt als aufgeschlossen, freundlich und jung (außer die meisten Tagestouristen aus Wien) erlebt.

Und besonders die Fahrt mit dem Twin City Liner ist bestimmt ein schönes Erlebnis für etwas ältere Kinder.

Warst du schon einmal in Bratislava? Wie hat dir die Stadt gefallen? Welche Tipps hast du noch für eine Stadtbesichtigung?

Christin


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