Die Türkei nach dem Rückzug der Generäle

Die Türkei nach dem Rückzug der Generäle

Parade zum Tag des Sieges 30. August 2007

Nun sind also vor kurzem die Generäle aller Truppengattungen (bis auf die paramilitärische Gendarmerie) zurückgetreten. Nach einer vernünftigen Zeit des Abwartens und der Analyse schreiben nun Auslandskorrespondenten ihre Schlüsse für die Zukunft des Landes. Auf diese möchte ich hinweisen, zuvor jedoch noch einige meiner Gedanken hinzufügen.
1. Das die Macht des Militärs dem Staate untergeordnet wird, finde ich gut, und nur folgerichtig bei der Anpassung der Türkei an EU-Standards.
2. Das dabei mitunter mit juristisch unlauteren Mitteln vorgegangen wird ist vielleicht bedauerlich (z.B. längere Inhaftierungen im Rahmen der Egernekon-Prozesse ohne schnellere Anklagen), reiht sich jedoch in die gelegentliche Praxis der türkischen Justiz ein, ist insofern nichts ungewöhnliches. Trifft nur diesmal eine andere Gruppe.
3. Ja, die Türkei wird islamischer, ja, sie wird auch konservativer. Nur fragt es sich, ob sie im Kern nicht mehrheitlich eh schon recht islamisch war, was immer man darunter versteht. Und diese Frömmigkeit jetzt nur im Zuge der tatsächlich gewachsenen Liberalität immer mehr an die Öffentlichkeit gelangt? In die Golf-, Reit- und Tennisclubs, in die modernen Einkaufszentren, auf die Straße, auf den Boulevard, immer selbstbewusster wird, aber die Frömmigkeit sich im Grunde kaum geändert hat.
4. Gleichzeitig mit der eventuellen Islamisierung der Gesellschaft, ist unbestritten, dass es noch nie so liberal in der Gesellschaft zuging. Zuerst auf dem Papier, zunehmend auch in der Praxis. Themen wie das der Kurden, der Armenier, der Griechen, des Osmanischen Reiches, sogar auch Atatürk, werden seit einigen Jahren öffentlich auch jenseits der Universitäten stärker diskutiert, was zuvor so kaum gegeben war. Parallel lässt sich immer öfters ein stärkerer sozialer Druck feststellen, ein Druck der Gesellschaft, sich auch öffentlich zur islamischer Praxis zu bekennen, also Beten, Alkohol, Baden, Fasten, Kopftuch. Die Gesellschaft scheint hier gespalten.
5. Dieser Konservatismus und Frömmigkeit mag vielleicht für uns Mittel- und Nordeuropäer befremdlich, gar unsympathisch sein, doch blicken wir nach Polen, blicken wir zu einigen Gegenden in Südeuropa, so stellen wir schon eine wesentlich geringere Differenz im Niveau der Lebenseinstellungen, im Konservatismus fest. Das zeigt uns, wie sozialdemokratisch und liberal unsere Gesellschaft seit Ende der 1990er Jahre schon geworden ist.
6. Ist es legitim dem Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan gegenüber misstrauisch zu sein? Ja, dass ist es. Es zeigen sich immer wieder Anzeichen, dass er eben ein Kind der türkischen Republik ist, und ebenso wie viele seiner Vorgänger Tendenzen zum autoritärem Führungsstil, zum Populismus, gelegentlich zum Nationalismus, auch zu einer islamisch-religiösen Instrumentalisierung neigt. Neu mag die religiöse Betonung bei ihm sein, obwohl dieses schon mit Turgut Özal begann. Das bedeutet allerdings für mich nicht, dass man in Hysterie, in Alarmismus verfallen muss. Denn trotz aller Warnungen der Kemalisten vor einer schleichenden Islamisierung oder gar einer Gefahr, dass die Türkei so wie der Iran enden könne, hat sich in der Realität in den bisherigen Jahren nichts davon in dieser befürchteten Weise bewahrheitet. Im Gegenteil, die Türkei wurde demokratischer, die Türkei wurde liberaler.
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