Die Taxi-Gangster von Hurghada (Ägypten)

Alles klar, my friend?
Ladies & Gentlemen!
In Hurghada am Roten Meer fragte mich vergangene Woche ein Taxifahrer: "Where do you come from?" Ich sagte: "Germany. I come from Germany!" - Der Taxifahrer begeistert: "Deutschland!! Alles klar? What's your name?"  - "Peter." - "I am Mikel". - Und schon reichte mir Mikel seine klebrig-feuchte Hand zum Gruß. Kein Wunder, dass der Mann völlig durchgeschwitzt war, denn Gott allein weiß, wie viele Stunden Mikel bereits ohne Unterbrechung im Dienst war, - falls man Lügen, Täuschen, Stehlen, Erpressen und Rauben denn als Dienst bezeichnen kann. 
Wer aus der weitläufigen exklusiven Hotelanlage des Grand Resort, die vor Ganoven gut abgesichert ist, hinaus in die Stadt Hurghada will, um Leben und Treiben auch außerhalb des geschützten Touristen-Refugiums zu erleben, kommt kaum daran vorbei, ein Taxi zu nehmen. Denn der hoteleigene Shuttle-Bus ist nicht immer die passende Lösung. Und längere Strecken zu Fuß zu gehen ist bei 40 Grad im Schatten auf der schattenlosen und größenwahnsinnig (siehe Abb.) breit angelegten Corniche von Hourghada tagsüber kaum möglich. 
Die Taxi-Gangster von Hurghada (Ägypten)
Erschwerend kommt hinzu, dass man sich als leicht zu identifizierender Tourist wie Freiwild vorkommt: Herumlungernde Taxifahrer, unseriöse Geldwechsler, windige Händler, Agenten usw. stürzen sich wortreich auf ihre Opfer. "Germany? Alles klar?! Welche Hotel? Your name?" 
Zähneknirschend nahm ich wieder ein Taxi, nachdem ich im Lauf der Woche bereits dreimal nach allen erdenklichen Regeln der Gaukelei belogen, bestohlen und einmal gar handgreiflich ausgeraubt worden war. Das sollte mir nie wieder passieren! Deshalb ließ ich mir an der Rezeption des Hotels mein gewünschtes Fahrziel 'Little Buddha' und dazu den ortsüblichen Preis aufschreiben. 
Die Taxi-Gangster von Hurghada (Ägypten)
Diesen Zettel (siehe Abb.), so wurde mir empfohlen, möge ich einem in der Schlange wartenden Taxifahrer einfach unter die Nase halten. 
Alsbald kam mir ein junger Taxifahrer, - es war der oben erwähnte Mann, der sich Mikel nannte -, geschmeidigen Schrittes entgegen. Seine Begrüßung mit weit ausgestreckten Armen ließ nichts Gutes ahnen. Dieser Gruß erfolgte nämlich in einer derart übertriebenen Art und Weise, als hätte er soeben seinen lange verschollenen Lieblings-Verwandten endlich wiedergefunden. Ich ahnte, dass diese Aktion einzig und allein dem Zweck diente, um Vertrauen aufzubauen, damit das Opfer anschließend leichter zu betrügen ist. So ließ ich mich nach den vorangegangenen drei bösen Erfahrungen nicht mehr auf Small-Talk ein, sondern ich fragte Mikel direkt, ob er mich an das erwähnte Fahrziel bringen will: "Little Buddha, one way, 15 Pounds, - yes or no?" Eigentlich eine glasklare Angelegenheit. Die Empfehlung des Hotels schien zunächst Wirkung zu entfalten. So hatte es jedenfalls den Anschein. Aber es kam anders. Sehr viel schlimmer, als ich mir das nach meinen drei vorangegangenen bösen Erfahrungen hätte vorstellen können.
Mikel wollte nun wissen, ob ich vom 'Little Buddha' später auch wieder zurück möchte. Weil ich diese obligatorisch gestellte Frage bereits auswendig hätte herunterbeten können, sagte ich: "One way!" Nur so konnte ich etwaigen unklaren Folgegeschäften (natürlich mit Berechnung der Wartezeit des Taxifahrers) vorbeugend ausweichen. Mikel war mit meiner Antwort sichtlich unzufrieden. Er meinte, dass ich doch bestimmt irgendwann wieder zurück zum Hotel fahren müsse. Und dafür wäre nur er und keinesfalls irgend ein anderer Kollege zuständig, - gleichgültig wie lange seine Wartezeit auch immer dauern möge.
Mit Nachdruck wiederholte ich meine Frage: "Little Buddha, 15 Pounds, one way, yes or no?" Mikel stimmte jetzt freundlich zu, lächelte in sich hinein und bat mich höflich einzusteigen. Ich stieg in sein Taxi. Und schon saß ich in der Falle. Denn kaum losgefahren, fragte er mich, ob ich eigentlich schon mal im Little Buddha gewesen sei. Nachdem ich verneint hatte, belehrte mich Mikel mit nun drohender Stimme und befremdenden Gebärden, dass die Strecke mindestens 30 bis 40 km betragen würde (hinterher stellte es sich heraus, dass es ca. 10 km waren) und dass der Fahrpreis aufgrund dieser Entfernung selbstverständlich in keiner Weise akzeptabel wäre. Damit käme ich bei ihm niemals durch! Ich hätte keine Chance! 
Weil ich nicht Interesse daran hatte, in eine Entfernungs-Zusatz-Preisverhandlung einzutreten, kam blanke Wut bei Mikel auf. Und sofort wurde es in allerhöchstem Maß lebensgefährlich. 
Der Taxifahrer gab ruckartig Vollgas, telefonierte dabei pausenlos am Handy und zündete sich gleichzeitig auch noch eine Zigarette an. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit fuhr er - mit einer Hand lenkend - Slalom auf einer Straße, die er gar nicht hätte befahren müssen, weil sie exakt entgegengesetzt zu meinem Fahrziel lag. Slalom fuhr er aus dem Grund, weil er immer wieder abgestellte Autos, die auf der rechten Spur der sandigen Fahrbahn auftauchten, zu umkurven hatte. Der Wahnsinnige schoss auf diese Autos zu und riss jeweils im allerletzten Moment mit einer Hand das Steuer herum. Klar, dass dies als abschreckende Bestrafungsaktion für meine Person gedacht war. Deshalb war mir jeder Fahrpreis längst völlig egal. Und genau das war im Sinne des Schwerverbrechers. 
Plötzlich bog der Taxifahrer wie in einem James-Bond-Film mit jaulenden Reifen scharf rechts ab und blieb am Straßenrand in sehr einsamer Gegend stehen. Bald kam ein zweites Taxi herangefahren. Offenbar hatte Mikel über Handy einen Komplizen angeheuert. Nun tauschten die beiden Gangster das Fahrzeug. Mikel war verschwunden und sein rabiater Kumpel saß plötzlich neben mir im Auto. Dieser klärte mich darüber auf, dass ich mit ihm niemals Preisvereinbarungen getroffen hätte. Ab nun hätten seine Bedingungen Gültigkeit. Und wie diese genau lauten, würde ich bald erfahren.  
Immerhin fuhr er dann zum Ziel 'Little Buddha'. Das fand ich schon einmal positiv. Dann forderte er als Fahrpreis 150 Pfund, - also das 10-fache dessen, was mein Hotel als ortsüblich erkannt und auf den Zettel geschrieben hatte. Auch kein Problem! Weil ich froh darüber war, ohne Körperverletzung oder noch Schlimmerem davongekommen zu sein, wollte ich umgehend den geforderten Betrag bezahlen, um hoffentlich bald dem Horror entkommen zu können. Aber das erwies sich erwartungsgemäß als schwierig: Zunächst bediente sich der Rabiate eigenhändig an meiner Brieftasche, indem er einige 100-er-Scheine kritisch auf deren Echtheit prüfend an sich nahm. Diese Scheine fielen dann - zufällig einer nach dem anderen - auf der Fahrerseite zwischen seinen Beinen zu Boden und wollten absolut nicht wieder zum Vorschein kommen. Und was nicht am Boden liegt, kann nach dem Hurghada'schen Gesetz der Logik ja auch nicht hinuntergefallen sein... Es war zweifellos das kleine Einmal-Eins aus der umfangreichen Trickkiste der Diebesbande. Ich wusste genau, was nun folgen würde: Nun war der Klassiker, nämlich der Pound/Piaster-Verwechslungs-Trick, an der Reihe. Mit diesem Trick hatte ich in den vorangegangenen Tagen bereits bei jeder Taxifahrt, - also dreimal -, Bekanntschaft gemacht. 
Der Verwechslungs-Trick funktioniert so: Der Fahrgast zückt am Ende der Fahrt seine Brieftasche und will zum Beispiel mit einer Fifty-Pounds-Banknote bezahlen. Nachdem der Taxifahrer das registriert hat, wühlt er zunächst in seinen Unterlagen und nimmt dann scheinbar unaufmerksam den Fifty-Pounds-Schein des Fahrgastes entgegen. In der Zwischenzeit hat der Fahrer eine Fifty-Piastres-Banknote 'vorbereitet', die er dann protestierend dem Fahrgast übergibt, mit der Bemerkung, dass er sich nicht betrügen lasse. Dieses 'Hütchenspiel' gibt es in zahllosen Varianten.  Im vorliegenden Fall hatte ich dem Rabiaten drei 50-Pounds-Banknoten überreicht. Natürlich brachte es nichts, dass ich jeweils sehr deutlich mit dem Finger auf die Zahl "50" und vor allem auf das Wort "Pounds" hinwies. Und so tobte der Taxifahrer, dass ich ihm keine 50-Pounds-Banknote gegeben hätte, sondern dass es sich stets um 50-Piaster gehandelt hätte. (Ein Pfund hat 100 Piaster). Als 'Beweis' reichte er mir eine 50-Piasterbanknote mit wilden Drohungen zurück. Dieser unten abgebildete Piaster-Schein stammt von dem erwähnten Taxi-Gangster.
Die Taxi-Gangster von Hurghada (Ägypten)  Nachdem ich also zügig insgesamt sechs Scheine zu je 50 Pounds ausgehändigt hatte, gelang es mir - unter wüsten Drohungen des Gangsters - durch die Autotür zu flüchten. Wahrscheinlich ließ er mich nur deshalb ziehen, weil er mit einer Beute von insgesamt 600 Pfund, dem 40-fachen des normalen Fahrpreises, letztlich zufrieden war.
Nachdem ich somit viermal - diesmal auf besonders dreiste Weise - bedroht, erpresst und betrogen worden war, entschied ich mich vor dem Retour für eine vermeintlich sichere Strategie: Ich teilte dem robusten Chef des Security-Dienstes des 'Little Buddha' mit, dass ich einen besonders vertrauenswürdigen Taxifahrer brauche, möglichst einen, den er persönlich kennt. Wie viel Geld mir das wert sei, wurde ich gefragt. Ich sagte: "Fifty Pounds!" Der Türsteher meinte, dass dies mehr als ausreichend sei. Ich zählte sodann dem Security-Mann das Geld direkt in die Hand. Der wählte anschließend einen Fahrer für mich aus und übergab diesem in meinem Beisein das Fahrgeld, verbunden mit dem Auftrag, mich zum Hotel Grand Resort zu bringen. - Im Taxi folgte das übliche, stumpfsinnige Fragespiel: "Where do you come from? Germany? Alles klar, my friend? Your name? You like fucky-fuck nice girl?" - Ich sagte, dass ich nicht sprechen möchte. Nach wenigen Minuten waren wir am Ziel angekommen. Nun forderte der Fahrer plötzlich Geld. "You have to pay money, my friend!" Ich sagte, dass er den Betrag für den Transport doch bereits in Empfang genommen hätte. Der Gaukler konnte sich aber nicht mehr daran erinnern. Falls er aber von einer anderen Person Geld erhalten haben sollte, meinte er, sei dies mit Sicherheit nicht für meinen Transport vorgesehen gewesen. Denn grundsätzlich müsse stets der Fahrgast für die Fahrt bezahlen!
Ich hatte Glück: Leicht gelang mir diesmal die Flucht aus dem Auto zurück in die rettende Oase des Hotels.
Fazit: Fünf Taxifahrten insgesamt. Und fünfmal saßen Betrüger am Steuer. Zufall? - Die Vermutung liegt nahe, dass es sich in Hurghada um organisierte Banden handelt. Möglicherweise erhalten die Fahrer der rund 2.000 Taxis nur einen Bruchteil der Beute. Und wer zu wenig Scheine macht, wird möglicherweise gefeuert. - Ich füge hinzu, dass ich diesbezüglich keine gesicherten Erkenntnisse habe.  
Fakt ist, dass der Tourismus in Hurghada durch die Betrügereien insgesamt geschädigt wird. Darunter leiden Tausende ehrlich arbeitende Menschen, weil deren Ruf und Würde in Mitleidenschaft gezogen werden. Ausdrücklich will ich an dieser Stelle betonen, dass ich im Bereich der Hotel-Anlage des Grand Resort hinsichtlich Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des Personals gute bis allerbeste Erfahrungen machen konnte. - Alles klar, my friend? --- Peter Broell 

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