Die Personalie Dobrindt: Sargnagel für die Konservativen?

Von Stefan Sasse
Die Krisenkommunikation zur Euro-Rettung gleicht dieser Tage einer wahren Kakophonie. Jens Weidmann, seines Zeichens Bundesbankchef, beschwört den Untergang des Abendlandes, wenn die EZB mit der Rückendeckung aller anderen Staaten tatsächlich Staatsanleihen aufkauft um die Zinsen zu stützen. CSU-Generalsekretär Dobrindt und sein Chef Seehofer kritisieren lautstark Merkels Krisenpolitik (die sie im Bundestag unterstützen) und fordern den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Aus allen Ecken und Enden des konservativen Spektrums entlädt sich ein wahres Sperrfeur an Warnrufen und Forderungen gegen den neuen Rettungskonsens Mario Draghis, dem sich inzwischen alle Euro-Staaten außer Deutschland angeschlossen haben. Michael Spreng vergleicht das mit einem Haufen Hühner.

In Wahrheit steckt System dahinter. Die Protagonisten haben sich längst mit den aktuellen Rettungsmaßnahmen abgefunden. Der strikte Austeritätskurs, den Deutschland propagiert hat, ist nicht durchzuhalten. Das Heraushalten der EZB in der luftigen Höhe des ordnungspolitischen Elfenbeinturms ist vorbei. Die marodierenden Zinsen Italiens, Spaniens und Portugals sind nicht mehr zu tolerieren. Das alles ist auch den Querschützen bewusst. Warum also trotzdem dieses rhetorische Sperrfeuer aus allen Rohren? 


Die Antwort ist eigentlich einfach: es geht um den Tag danach, den day after. Man rechnet bereits mit dem Zusammenbruch der Euro-Zone, nicht nur Griechenlands. Der Euro als Währung steht in einer gewaltigen Bedrohung, und es muss damit gerechnet werden, dass er die Krise nicht übersteht. Das ist keineswegs ausgemacht, aber keiner der Verantwortlichen hat vor, sich mit in den Abgrund ziehen zu lassen. Die beständigen Mahnungen und öffentlich geäußerten Befürchtungen kulminieren deswegen im Fall des Falls in einer einzigen Aussage: wir haben es ja gesagt. Es geht schlicht nur darum, am Ende wenn nicht als Gewinner, so doch als wohlmeinende Partei, die von den verantwortungslosen, verschwenderischen Kräften ausmanövriert wurde dazustehen. Die CDU/CSU und ihre Anhänger führen gerade eine taktische Niederlage in der Euro-Rettungsdebatte herbei.
Anstatt sich von den vorherigen Positionen zu verabschieden und sich in die Arme einer neuen zu werfen, wie das bereits beim Atomausstieg und dem Mindestlohn erfolgreich praktiziert worden ist, verschärft die Union ihre Rhetorik in einer Art, die überhaupt nicht mehr zu Regierungshandeln passt, ja, passen kann. Mit solchen Aussagen betreibt man Oppositions-, aber sicher keine Regierungspolitik. Merkels sehr verhaltener Stil nach beiden Seiten ist quasi die verbindende Klammer: weder weist sie ihre Kritiker scharf zurecht oder packt gar den Topf auf den Deckel - wie sie es eigentlich sonst immer tut - noch stimmt sie in die völlige Übertreibung der Aussagen im Ausland ein.

Wie immer schwebt sie "pragmatisch" über den Wolken. Klappt die Euro-Rettung, so wird sie sagen können, sie habe entscheidend mitgewirkt. Klappt sie nicht, so hat sie eben nur Deutschland im Ausland würdig vertreten und ihre wahre Meinung leider, leider nicht voll ausdrücken können. Und falls sich noch jemand fragt, wer die Gelackmeierten in dieser Polittaktirerei sein werden, der muss nur schauen, welche Parteien rot in ihrem Banner verwenden und sich lautstark gegen Merkels Krisenpolitik gewandt haben. Die Union legt gerade den Grundstein für den Wahlkampf 2013 - und die dritte Legislatur Merkels.


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