Die offene Gesellschaft….und ihre Feinde

…heißt ein bekanntes Buch von Karl Popper von 1945. Und es ist an der Zeit, sich diese Lektüre für die gegenwärtigen Zeit mal wieder vorzunehmen.

Die meisten von uns sind entsetzt und sprachlos über das gestrige Wahlergebnis. Aber es ist nun einmal da. Und es ist in einem demokratisch legitimierten Prozess zustande gekommen. Also gilt es im Sinne von Popper sich inhaltlich mit diesen Positionen auseinanderzusetzen.

Wenn die AfD die gezielte Provokation sucht (Denkmal der ermordeten Juden, Entsorgung des ein oder anderen, etc.), dann ist Empörung ganz natürlich, aber vielleicht gar nicht so konstruktiv. Das bekannte Symbol von „Je suis Paris“ habe ich gestern schon abgewandelt in „Je suis Deutschland“ gelesen. Nicht toll. Einen Vorschlaghammer kriegt man auch nicht klein, wenn man einen zweiten Vorschlaghammer holt.

Wir müssen da inhaltlich ran und fragen: Liebe Leute, lieber Herr Dr. Gauland, wie meint Ihr das denn ganz genau? Und welche Folgen hätte das? Heilsame Lehrstunde zur Geschichte.

Damit es nicht zu bierernst wird, gehe ich da lieber auch mit den Satirikern. In einem besonders gelungenen Fall schafften sie es doch glatt, einem NPD-Parteisoldaten zur Forderung zu lotsen, die arabischen Zahlen in Deutschland abzuschaffen. Well done.

Vor vielen Jahren erlebte ich zu meinen Studienzeiten in Konstanz die folgende Situation: Der damalige Außenminister der FDP, Klaus Kinkel, hielt einen Vortrag zu ich-weiß-nicht-mehr-welchem Thema, als ein paar rechte Gröler das Audimax stürmten, Parolen schrien und auf Krawall aus waren. Wir linken Studenten grölten natürlich sofort zurück und waren dabei, die Jungs handgreiflich aus dem Audimax zu werfen. Beißreflex eben. Kinkel sprach ins Mikrofon, dass man doch die Störer hereinbitten solle, in der ersten Reihe sei noch Platz. Aber sie sollten doch bitte Verständnis haben, dass er erst seinen Vortrag beende möchte, dann seien sie mit ihren inhaltlichen Argumenten dran. Mit dieser Geste hatte niemand gerechnet, wir Studenten nicht, und schon gar nicht die rechten Gröler. Brav wie Schuljungs nahmen sie in der ersten Reihe Platz. Kinkel hielt sein Wort und bat um ihriges am Ende des Vortrages. Es ging um damals noch laufende Kriegsverbrecherprozesse. Ein pickeliger Junge aus der Gruppe der Gröler, dem zwischenzeitlich das Herz in die Hose gerutscht war, trat vor, stammelte ein paar Worte. Kinkel nahm diese auf und filetierte sie ruhig und sachlich auf inhaltlicher Ebene. Ende der Geschichte. Kinkel 1. Gröler 0.

Das wird in den nächsten vier Jahren mühsam sein. Aber notwendig. Und ich bin da guter Hoffnung, dass die Ewiggestrigen ganz schnell ihren Schwanz einziehen werden. Wenn sie dann feststellen, wie mühsam es ist, mit Argumenten und nicht mehr mit Provokationen Politik zu machen. Schimpfen war schon immer einfach.

PS: Und warum all dies als Papablogger? Weil ich denke, dass man mal raus aus seinem Baby-Kinder-Windelgedöns auch mal so ganz allgemein sagen muss, was Sache ist. Das bin ich mir und meine Kindern, den die Zukunft gehören soll, schuldig.

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