Die neue Partei der Intellektuellen

Am Lehrstuhl für Energieversorgung hatte ich als HiWi (studentische Hilfskraft) den Spitznamen "Herr Professor". Ich habe nie genau verstanden, warum - wir haben uns immer gut verstanden. Was mich von den anderen unterschied war mein in die Breite statt Tiefe gehendes Interesse an allen Fragen der Stromversorgung. Gerade deshalb entschied ich mich früh, mich nicht für eine Promotion zu interessieren. Dafür nervte ich "meinen" Lehrstuhl gerne mit den Vorzügen der Kraft-Wärme-Kopplung und den Monopolisierungseffekten vertikal integrierter Versorgungsunternehmen. Mir war irgendwie klar, dass die Frage nach der Zukunft unserer Energieversorgung nicht nur nach objektiven ingenieurswissenschaftlichen Sichten entschieden werden würde. Ich lernte abends im "Energiewendekommittee" von Kurt Berlo, dass es eine objektive Wahrheit sowieso nicht gebe, sondern nur Interessen. Aber ich komme vom Weg ab.
Ich will eigentlich sagen: "Professor" war damals ein dezenter Hinweis darauf, dass ich mit irgendwas nervte. Vielleicht mit unbequemen Wahrheiten? Jedenfalls erinnere ich mich immer wieder daran, wenn ich Politiker herablassend über Professoren aus Heidelberg oder gar eine "Professorenpartei" schwadronieren höre. Wozu haben wir Hochschulen und Professoren, wenn wir sie in schwierigen Zeiten nicht befragen? Stellten wir damit unseren vermeintlichen Wert "Bildung" nicht ins Abseits? Und führte nicht Frau Merkels Satz über Herrn von und zu, sie habe "ja keinen Wissenschaftler angestellt" den Beweis, dass es in der Politik in der Tat nur um Interessen geht? Und was sagte wohl ihr Ehemann dazu? Lehrer und Professoren sind in unserer Gesellschaft unterbewertet. Der Antiintellektualismus kam mit den Nationalsozialisten und Bolschewisten. Funktionäre, die Intellektuelle schmähen, sollten wir fürchten. Und da wir eine ökonomische Krise haben, ist es folgerichtig, dass die neuen Intellektuellen Professoren der Volkswirtschaft sind. Ich bin froh, dass wir sie haben und das sie aufstehen.
Wenn ich dann und wann Gelegenheit hatte eine New Yorker Buchhandlung zu besuchen, staunte ich jedesmal, dass Professoren der Columbia Universität sich aktueller Tagesfragen annehmen. Kapitalismus, islamistischer Terror, Internet - US-Forscher forschen und denken. Ich erfuhr so schon 2004 von den Creative Commons eines Professor Lawrence Lessig. Hier kam das erst 2010 an.
Nein, wenn sich morgen in Berlin eine "Partei der Professoren" gründet, habe ich ein sehr gutes Gefühl dabei. Dann weht ein Hauch von Qualität durchs Regierungsviertel. Dass das viele Bundestagskandidaten auf hinteren Listenplätzen nervös macht, ist klar. Und dass die ihre Fraktionschef und Bundesvorsitzenden jetzt auf Trab bringen, auch. Allein, es wird ihnen nichts nützen.

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