ES GIBT KEIN GRAUSAMERES TIER ALS DEN MENSCHEN.
(August von Kotzebue)
Es war eine warme und vom Mondlicht hell erleuchtete Sommernacht, als sich in der Nähe des kleinen Ungarischen und direkt an der Österreichischen Grenze liegenden Ort Vasalja, etwas sehr schnell und kaum hörbar durch das Getreide der umliegenden Felder bewegte.
Eine Bewegung, die aber nicht etwa von irgendwelchen Tieren herrührte, sondern von dem jungen Paar, das laufend und in geduckter Haltung in die Richtung lief, in welcher der Zaun stand, der das Land Ungarn von Österreich trennte.
Es war der 24 jährige Jahn und seine 21 jährige Frau Anne, die zuvor still und heimlich ihren Campingplatz am etwa 50 oder 60 Kilometer entfernten Balaton verlassen hatte und die nun, gemeinsam mit ihrer gerade erst 3 jährigen Tochter im Begriff waren, in den Westen zu fliehen.
Ein Plan, der vor etwa einem Jahr entstanden war. Als man Anne wieder einmal das Studium verwehrte. Und das nur, weil sie sich weigerte, in die Partei einzutreten. Weil sie sich, wie man es ihr damals direkt ins Gesicht sagte, mit ihrer Weigerung als Feind der Arbeiterklasse zeige und es daher nicht wert wäre, in deren Elite aufgenommen zu werden.
Ein Grund von vielen, die das junge Paar letztendlich dazu bewegten, den Entschluss zu fassen, die DDR, in der sie es kaum noch aushielten, deren stets und überall währende Ungerechtigkeit sie immer mehr erdrückte, auf dem illegalen Wege zu verlassen.
Hätte ihnen doch jemand von den vielen Gefahren erzählt, die an jeder dieser Grenzen auf sie warteten. Von dem Schießbefehl oder von den Minen, die dort im Boden lauerten.
Ihre Reise wäre sicher nicht in dieser Tragödie geendet, die sich in dieser Nacht, in den Feldern von Vasalja ereignet hat.
Eine Tragödie, in der man sie, noch bevor Jahn, Anne und die kleine Lena den Grenzzaun erreicht hatten, entdeckte und, kaum dass sie die herbei eilenden Grenzsoldaten auf ungarisch aufgefordert hatte, stehen zu bleiben, mit gezieltem Feuer auf sie schoss.
Es war ein Schauspiel, das so schrecklich war, so dass man es selbst nach so langer Zeit nur schwer beschreiben kann. Ein Albtraum, der Anne und der kleinen Lena das Leben und dem schwer verletzten Jahn, den man trotz seiner Schussverletzung und ungeachtet seiner toten Frau und seiner toten Tochter noch lange misshandelte, die Freiheit kostete.
Eine grausame Geschichte. Mit Sicherheit. Doch ist sie nur eine von vielen. Eine von denen, die hundertfach geschehen sind.
Diese Geschichte beruht auf eine wahre Begebenheit. Sie wurde mir 1986 während eines Gefangenentransportes von einem Mitgefangenen erzählt
Alle hier beschriebenen Namen wurden geändert.
(August von Kotzebue)
Es war eine warme und vom Mondlicht hell erleuchtete Sommernacht, als sich in der Nähe des kleinen Ungarischen und direkt an der Österreichischen Grenze liegenden Ort Vasalja, etwas sehr schnell und kaum hörbar durch das Getreide der umliegenden Felder bewegte.
Eine Bewegung, die aber nicht etwa von irgendwelchen Tieren herrührte, sondern von dem jungen Paar, das laufend und in geduckter Haltung in die Richtung lief, in welcher der Zaun stand, der das Land Ungarn von Österreich trennte.
Es war der 24 jährige Jahn und seine 21 jährige Frau Anne, die zuvor still und heimlich ihren Campingplatz am etwa 50 oder 60 Kilometer entfernten Balaton verlassen hatte und die nun, gemeinsam mit ihrer gerade erst 3 jährigen Tochter im Begriff waren, in den Westen zu fliehen.
Ein Plan, der vor etwa einem Jahr entstanden war. Als man Anne wieder einmal das Studium verwehrte. Und das nur, weil sie sich weigerte, in die Partei einzutreten. Weil sie sich, wie man es ihr damals direkt ins Gesicht sagte, mit ihrer Weigerung als Feind der Arbeiterklasse zeige und es daher nicht wert wäre, in deren Elite aufgenommen zu werden.
Ein Grund von vielen, die das junge Paar letztendlich dazu bewegten, den Entschluss zu fassen, die DDR, in der sie es kaum noch aushielten, deren stets und überall währende Ungerechtigkeit sie immer mehr erdrückte, auf dem illegalen Wege zu verlassen.
Hätte ihnen doch jemand von den vielen Gefahren erzählt, die an jeder dieser Grenzen auf sie warteten. Von dem Schießbefehl oder von den Minen, die dort im Boden lauerten.
Ihre Reise wäre sicher nicht in dieser Tragödie geendet, die sich in dieser Nacht, in den Feldern von Vasalja ereignet hat.
Eine Tragödie, in der man sie, noch bevor Jahn, Anne und die kleine Lena den Grenzzaun erreicht hatten, entdeckte und, kaum dass sie die herbei eilenden Grenzsoldaten auf ungarisch aufgefordert hatte, stehen zu bleiben, mit gezieltem Feuer auf sie schoss.
Es war ein Schauspiel, das so schrecklich war, so dass man es selbst nach so langer Zeit nur schwer beschreiben kann. Ein Albtraum, der Anne und der kleinen Lena das Leben und dem schwer verletzten Jahn, den man trotz seiner Schussverletzung und ungeachtet seiner toten Frau und seiner toten Tochter noch lange misshandelte, die Freiheit kostete.
Eine grausame Geschichte. Mit Sicherheit. Doch ist sie nur eine von vielen. Eine von denen, die hundertfach geschehen sind.
Diese Geschichte beruht auf eine wahre Begebenheit. Sie wurde mir 1986 während eines Gefangenentransportes von einem Mitgefangenen erzählt
Alle hier beschriebenen Namen wurden geändert.