DIe Menschen in Tunesien und Ägypten beweisen Mut und Entschlossenheit!

Seit Wochen beweisen die Menschen in Tunesien, Ägypten und anderen
arabischen Ländern Mut und Entschlossenheit. Ihre Forderungen
nach Freiheit, Demokratie und besseren sozialen Perspektiven sind
mehr als legitim. Die Ankündigung des ägyptischen Präsidenten Mubarak,
im September nicht erneut bei den Präsidentschaftswahlen anzutreten,
dürfte kaum ausreichen, die protestierenden Massen zu besänftigen.

Der Westen darf jetzt nicht in eine Art Schockstarre verfallen und die
Gefahr eines heranziehenden Islamismus an die Wand malen, der die
gesamte sicherheitspolitische Architektur in der Region zum Wanken
bringt. Bundesregierung und EU sollten sich stattdessen schnellstmöglich
auf konkrete Angebote verständigen, um die im Übergang befindlichen
Gesellschaften bei ihrem Demokratisierungsprozess zu unterstützen
und dadurch den radikal-islamistischen Kräften von vornherein die
Legitimationsgrundlage zu entziehen.
Die Auswirkungen der Ereignisse in Tunesien und Ägypten auf weitere
Länder der Region und die gesamte Sicherheitsarchitektur sind noch
nicht absehbar. Bei allen Unwägbarkeiten und Risiken, die mit dieser
Entwicklung verbunden sind, sollten wir anerkennen, dass es das legitime
Recht des ägyptischen Volkes ist, sich seiner korrupten und in Bezug
auf notwendige gesellschaftliche Reformen als inkompetent erwiesenen
politischen Führung zu entledigen. Der ägyptischen Bevölkerung
sollten wir für ihren Mut und ihre Ausdauer, mit der sie sich für ihre eigenen
Interessen einsetzt, Respekt erweisen.
Große Teile der Protestierenden denken und handeln sehr viel differenzierter
als es hierzulande mitunter wahrgenommen wird. Die Veränderungen
in Ägypten einzig und allein unter der Drohkulisse einer Islamisierung
zu betrachten hieße, das poltische Bewusstsein der ägyptischen
Bevölkerung zu unterschätzen und die Rufe nach Demokratie
und Freiheit, wie sie uns aus Kairo, Alexandria und anderen ägyptischen
Städten entgegenschallen, nicht ernst zu nehmen oder gar als
Fahrlässigkeit unserer westlichen Sicherheitsinteressen gegenüber zu
denunzieren.
Wir müssen uns verabschieden von einem antiquierten Paternalismus,
der zu wissen vorgibt, welcher Weg und welche gesellschaftliche Ordnung
für die Stabilität in der Region des Nahen Ostens am besten zu
sein scheint und dabei vergisst, dass dort überwiegend junge Menschen
leben, die noch etwas von der Zukunft erwarten und die das gleiche
Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und demokratische Grundfreiheiten
haben wie ihre Altersgenossen in Berlin, Paris oder Madrid.
Weder in Ägypten noch in anderen arabischen Ländern bestehen die
politischen Alternativen nur aus autoritärer Staatsführung auf der einen
und rückwärtsgewandtem Islamismus auf der anderen Seite. Angezeigt
ist jetzt auch für uns ein Lernprozess, bei dem wir uns von eingefahrenen
Denkmustern verabschieden müssen. Die politische Landschaft
des Nahen Ostens ist bunter und vielfältiger, als es hier lange Zeit wahrgenommen
wurde und vielleicht auch wahrgenommen werden wollte.
Jetzt werden wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Sollten die Hoffnungen
der Menschen enttäuscht werden und sich ihre Lebensbedingungen
weiter verschlechtern, wäre das der ideale Nährboden für radikal-
islamische Kräfte. Bislang befinden sich diese Gruppierungen sowohl
in Tunesien als auch in Ägypten eindeutig in der Minderheit. Umso
wichtiger ist es, diesen Ländern die Hand zur Zusammenarbeit zu reichen
und sie in der schwierigen Phase des Übergangs nicht im Stich zu
lassen.
Dies ist eine Pressemitteilung der Bundestagsabgeordneten Gernot Erler, SPD, sie drückt in dieser Pressemitteilung aus, was viele Menschen in Deutschland denken. 

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