Die Kunst, Äpfel zu essen

Die Kunst, Äpfel zu essenEnde September hatte mein Lieblingsehemann Geburtstag und weil er schon alles hat, haben ihm gute Freunde eine große Kiste Äpfel geschenkt. Eine „Mein-Gott-was-mach-ich-denn-mit-soo-vielen-Äpfeln“-große Kiste. Und ich bin allergisch auf Äpfel! Allergisch im Sinne von „Hilfe, ich krieg keine Luft mehr!“.

Die Familie hat massenhaft knackige, superfrisch geerntete Äpfel verdrückt und ich hab neidisch zugeguckt. Ich bin nämlich nicht nur allergisch auf Äpfel, nein, ich liiiebe Äpfel! Der Geruch, der Geschmack, das Gefühl beim Reinbeißen, die Frische, die Saftigkeit, das Geräusch – Äpfel eben!

Augen zu und reinbeißen!

Und dann war’s mir irgendwann egal, ich hab meine Notfall-Tabletten bereit gelegt, ein Achtel Apfelschnitz sorgfältig geschält und mit Hochgenuss vertilgt. Ich kann gar nicht mit Worten erklären, was ich bei diesem ersten Stück Apfel seit ungefähr 10 Jahren empfunden habe.  Aah – hmm – jaaah – meehr – ihr wisst, was ich meine. Völlig unbeherrscht hab ich gleich ein weiteres Achtel in mich hineingestopft.

Unerwartete Reaktion

Und dann passierte – gar nichts. Kein Halszuschwellen, kein Nasejucken, kein Lippenbrennen, keine Niesanfälle.  Nichts. Und so ist es seitdem.

Was ist passiert?

Keine Ahnung. Auf jeden Fall hatte sich was verändert, ohne dass ich es gemerkt habe. Über mehrere Jahre hinweg und ohne dass ich auf diese Veränderung hingearbeitet hätte (ich hatte mit Äpfeln abgeschlossen). Ich konnte sie nicht aktiv bewirken, mit aller Gewalt nicht und nicht mit „Einfach immer wieder einen Apfel versuchen“. Das hab ich einige Jahre wirkungslos versucht. Keine Äpfel für mich. Äpfel sind nur für die anderen.

Manche Dinge brauchen einfach Zeit.

Ich kann sie nicht bewusst erzwingen, sie verändern sich langsam, unmerklich, und plötzlich staune ich, weil das Ergebnis so klar vor mir liegt. Und ich hab gar nix gemacht!

Wirklich nix?

Doch, hab ich natürlich: Als es soweit war, hab ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort das Richtige getan. Die Kiste Äpfel als Chance betrachtet, als günstige Gelegenheit, nicht als Bedrohung. Dafür braucht’s erst ein bisschen Geduld und dann ein bisschen Mut. Kein „Das haben wir noch nie so gemacht“, und kein „Das machen wir seit 30 Jahren so“.

Und es gibt keine Garantie, dass es nicht doch wieder in die Hose geht. Macht nichts, versuch ich es halt irgendwann wieder. Oder ich nehm Birnen.

Es ist nur eine winzige Kleinigkeit, es ist nur ein Apfel. Ein Apfel reicht, um ein Leben zu verändern. Hier am Bodensee gibt es viele Äpfel! Was gibt’s bei euch?

Genießt den Weg!



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