Die konspirative Leichtigkeit des Seins

Warum Verschwörungstheorien gefährlich sind.
Linke haben mich mächtig unter Druck gesetzt, nachdem ich mich vor Wochen noch positiv zu den Montagsdemos geäußert hatte. Also habe ich meine Meinung natürlich geändert. Das haben mir jedenfalls einige Spinner per Mail unterstellt. Was sie nicht wussten: Es war die Federal Reserve, die mich angerufen und mich wieder auf Kurs gebracht hat.
Die konspirative Leichtigkeit des SeinsNein, Quatsch! Mal im Ernst. Und man muss ganz ernstlich sprechen, denn diese Leute glauben einem wirklich alles. An dieser Unterstellung sieht man, welche Dumpfbacken sich da im Umfeld der Friedensdemos tummeln. Alles ist für sie Verschwörung. Dass Menschen zweifeln, überdenken und sich nicht ganz schlüssig sind und später auch ihre Ansicht ändern, kommt ihnen gar nicht in den Sinn. Wer plötzlich revidiert, der muss von fremden Mächten instruiert worden sein. Das Beste kommt ja noch: Ich habe mich zunächst nicht mal positiv zum Personal der Demos geäußert. Man kann im Text nachlesen, dass ich schon damals diese Typen äußerst kritisch betrachtete. Ganz sicher war ich mir nur nicht, ob ich da richtig liege. Später wusste ich es dann besser.

Aber auch das wirft ein gedämmtes Licht auf diese Verschwörungstheoretiker. Wenn sie einen Text nicht richtig verstehen, deuten sie ihn sich einfach so, wie er ihnen am besten gefällt. Besonders helle sind die nicht. Aber halt, man darf diese Leute nicht für ungebildet halten. Womöglich sind sie sogar gut informiert, ziehen aber aus Bequemlichkeit nur die falschen Schlüsse.
Die Welt ist kompliziert. Verworren. Ich nehme an, dass ich jemand bin, der relativ gut informiert ist. Trotzdem fehlt mir manchmal der Durchblick. Zu viele Fronten. Zu viele Querverbindungen. Zu viele Zufälle. Die Verschwörungstheorie erlaubt es, eine Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Sie macht erklärbar, was unerklärbar ist. Daher will ich nicht behaupten, dass nur Dummköpfe verschwörerischen Theorien zum Opfer fallen können. Je mehr Informationen, desto mehr Durcheinander - und desto attraktiver eine Erklärung, die mit wenigen Worten und Mitteln alles aufdeckt und lüftet.
Die Konspiration, die die Weltenläufte regelt, ist ein moderner Mystizismus. Und es ist wie bei jedem Mystizismus so, wie schon Nietzsche meinte: »Die mystischen Erklärungen gelten für tief; die Wahrheit ist, dass sie noch nicht einmal oberflächlich sind. Außerdem ist ein solches Weltbild auf Säulen von Verschwörungen nicht einfach nur zum Lachen. Es ist gefährlich, lenkt das Hauptaugenmerk auf falsche Fährten und setzt wirkliche Erkenntnisse gleichberechtigt in eine Reihe mit ungeheuerlichem Quatsch und erschwert somit Aufklärung.
Wer Menschen mit Verschwörungsansätzen ködert, macht sie blind für die Wirklichkeit. Wer ihnen sagt, dass eine Bank plane, die Weltherrschaft an sich zu reißen, verdeckt die Mechanismen des Finanzkapitalismus. Das dem Kapitalismus immanente Wesen des notwendigen endlosen Wachstums wird so plötzlich zur Verschlagenheit einer kleinen Gruppe konspirativer Banker. Damit kommt man der These, das Versagen des Marktes gründe immer auf »bedauernswerte Einzelfälle«, schon ziemlich nahe.
Dasselbe gilt bei dem durchaus richtigen Vorwurf, die Medien würden nicht völlig neutral oder manchmal gar nicht berichten. Das tun sie aber nicht, weil eine unsichtbare Hand die Fäden zieht, nicht weil sich ein Komitee bestehend aus Sendern, Zeitungen, Politikern und Wirtschaftsleuten trifft und Nachrichten abgleicht. Das geschieht aus ökonomischen Kalkül, um Anzeigenkunden nicht zu verkrätzen und manchmal auch nur, weil in den Redaktionen eine bestimmte politische Weltsicht vorherrscht oder weil man Trauzeuge eines Altkanzlers ist. Das mag alles unjournalistisch sein - eine Verschwörung ist es aber nicht. Man erkennt, wie gefährlich Verschwörungsansätze sind, deren Ursprungsthese tatsächlich wahr ist. Halbwahrheiten verkaufen sich immer blendend.
Plötzlich sagen selbst vernunftbegabte Leute: »Die haben doch recht, die Medien sind wirklich mies. Vielleicht ist ja was dran an dieser Theorie.« Das Symptom verleiht der steilen These realitäre Züge. Oder sie sehen zum Beispiel dass es in und um Israel massive Probleme gibt und wittern in den Erklärungen zur zionistischen Verschwörung eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen. Der Verschwörungstheoretiker ist in Zeiten politischer Orientierungslosigkeit ein Problemlöser, der die schnelle Eliminierung von Zweifeln und Durcheinander verspricht. Er ist attraktiv, weil er umgehend Antworten liefert, wo andere noch kompliziert und über Umwege erklären. Er betreibt ein »Simplify your life« ganz besonderer Art. Geheimbünde und geheime Absprachen erleichtern es da ungemein, den Zustand der vollständige Verwirrung zu ordnen.
Man muss es auch mal so sehen ... Moment, es hat eben geklingelt. Komisch, immer wenn ich was über den Unjournalismus schreibe, klingelt es exakt drei Minuten später an der Türe. Ich nehme an, das ist der Ortsverband von »Die Linke«, der von der Federal Reserve« geschmiert wird, um den sozialen Frieden zu garantieren und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Ob Wagenknecht schon mal Urlaub an der Ostküste gemacht hat?
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