Die Kinder aus der Krachmacherstraße

Die deutschen Gesetzgeber, also unsere geschätzten Politiker von der Bundesregierung, sind bei genauerer Betrachtung ziemlich fleißig. Ständig produzieren sie neue Gesetze, vieles wird zwei, drei, vier Mal geregelt und dann natürlich mit undurchschaubaren Ausnahmeregelungen, die aber nicht immer gelten. Auf jeden Fall sind die vielen schönen deutschen Gesetze in der Regel so abgefasst, dass es vor Gericht immer die Chance gibt, dass ein Fall so oder anders ausgehen kann. Doch nun gibt es endlich eine Ausnahme: Klagen gegen Kinderlärm sollen in Zukunft praktisch ausgeschlossen werden.

Die Kinder aus der Krachmacherstraße

Umweltminister Norbert Röttgen erklärte dazu, dass das Lärmen von Kindern bisher als schädliche Umwelteinwirkung definiert worden sei – was nicht akzeptiert länger werden könne: „Kinder haben das Recht, in ihrem Kindsein akzeptiert und toleriert zu werden“, sagte Röttgen. Es gebe keine geräuschfreien Kinder. „Wir wollen auch keine geräuschfreien Kinder“, so Röttgen weiter, sondern man wolle Kinder so wie sie sind – „auch tobend und lärmend“.

Nun finde ich ja auch, dass Kinder mitunter kann schöne Nervensägen sind. Wer schon mal mit dem Schlafzimmer zum Hof einer Berliner Innenstadtschule mit entsprechend wenig Auslauf für Schüler und andere Anwohner gewohnt hat, weiß, das die Geräuschkulisse während der großen Hofpause ungefähr so klingt, wie man sich das Angriffsgebrüll herannahender Hunnenhorden vorstellt. Nur eben nicht einmal in ein paar hundert Jahren, sondern zwei bis drei Mal täglich. Und nachmittags dürfen sich die lieben Kinder auch noch sportlich auf dem Hof betätigen, was auch nicht geräuschlos abgeht. Wobei Schulkinder in der Regel nicht stundenlang aus voller Röhre heulen oder mit ihren Bobbycars über Betonfließen brettern, was auch eine imposante Geräuschkulisse abgibt. Dennoch finde ich diese Entscheidung richtig. Wenn Kitas schließen müssen, nur weil es ein paar Nachbarn gibt, die ihre Ruhe haben wollen, dann läuft eindeutig etwas falsch. Es gibt nun einmal Dinge, die sich nicht vermeiden lassen, und dazu gehört, dass Kinder irgendwo Auslauf brauchen. Auch wenn die Kinder nicht so lieblich brummen wie der Verkehr auf dem achtspurige Autobahnzubringer und längst nicht so sanft donnern die startenden Flugzeuge beim neuen Großflughafen.

Problematisch wird es erst, wenn die lieben Kleinen nicht mehr ganz so lieb und dafür einen Kopf größer als die Eltern sind. Stundenlange Beschallung mit den neuen Lady-Gaga-Hits oder den Hintergrundgeräuschen von WOW aus dem Kinderzimmer ist genau genommen ja auch Kinderlärm. Was sieht das neue Kinderlärmgesetz eigentlich für diese Fälle vor?


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