Die Kerzen
„True Love“
(Staatsakt)
Vielleicht hat der olle mecklenburgische Herzog Christian Ludwig II. ja damals irgendwie geahnt, dass das nicht anginge. Dass also eine so wunderbare Band wie Die Kerzen unmöglich aus einem Ort Names Klenow kommen könne. Das macht sich zwar im berlinerischen Dialekt ganz dufte, würde aber dem Charakter des Quartetts in keinster Weise gerecht werden. Und so hat der Hochwohlgeborene schon Mitte des 18. Jahrhunderts ein paar Prunkbauten in der Nähe errichten lassen und die Gegend dann ausgesprochen weise zu Ludwigslust umgetauft. Und das wiederum trifft die Kerze oder besser den Nagel auf den Kopf. Denn mit Lust assoziiert man die Musik von Jelly Del Monaco, Die Katze, Fizzy B und Super Luci sofort, dem Adel sei Dank. Soll heißen: Wahre Liebe, New Romantic, Schmachten, Schwelgen – Wham? Bham! Und es wird einige geben, die behaupten wollen, diese Platte wäre wie gemacht für einen heißen Sommer – stimmt ja. Aber sie macht sich ebenso gut vor einem knisternden Kamin an graufrostigen Wintertagen, man kann sich zu den Songs mit schweißperlenbesetzter Haut in der Sonne aalen oder unter meterdicken Wolldecken verkriechen, sie wird ihre Wirkung nicht verfehlen. Allwetterplatte sozusagen.
Denn unabhängig von der jeweiligen Witterung spielt sich bei „True Love“ wie schon zuvor auf der ebenso fabelhaften EP „Erotik International“ vieles im Kopf ab, werden bei manchem Erinnerungen heraufbeschworen aus einer Zeit, wo die Liebe noch Herzen zerriss, schmerzte wie die Hölle oder Glücksgefühle auslöste, die man bis dato gar nicht für möglich gehalten hätte. Emotions im Überfluß, das sind Die Kerzen, ganz ohne falsche Scham und Schwülstigkeit, sondern weich, warm, rührend. Und denkbar einfach gemacht: Der Ostrock der späten Achtziger wird ja nicht nur im Besserwesten stets belächelt, hatte aber Qualitäten, die heute gern wieder ausgegraben werden und allemal eine zweite Chance verdienen. Wer sich frühe Stücke von City, Silly, Pankow oder selbst IC Falkenberg anhört, entdeckt dort viel, was eine Band wie die Die Kerzen heute so gut und unverwechselbar macht – simple Soundmuster, hübsche Melodien und vor allem ungekünstelte, im Kleinen wirklich große Poesie.
Inwiefern dieser Bezug bewusst gewollt oder nur zufällig ist, sei dahingestellt, die zehn Songs des Debüts jedenfalls sind übervoll davon, man kann sie aber auch ganz ohne diese Erinnerungsbrille genießen. Sie wippen nicht nur zum feinem Synthpop aus längst vergangenen Tagen von Cola-Whisky, Diskokugel und Trockeneisnebel, sie wollen mit allem Kitsch und überzeichnetem Gefühl auch ernst genommen werden, weil das Leben nicht nur damals so war, sondern auch heute (hoffentlich) ab und zu noch so ist. „Saigon“, „Al Pacino“, „In der Nacht hast Du geweint“ und „Desole“, um nur einige der schönsten zu nennen, besingen Leidenschaft, Sehnsucht, Einsamkeit, Trübsinn, Verzweiflung, Verzückung, solche Dinge. Und wo eine/r sich daran erinnert, wie weh das alles mal getan hat und trotzdem einiges dafür täte, solches noch einmal zu erleben, da steckt der oder die andere mitten in ebenjenem Strudel und verliert sich darin gerade so hoffnungslos – beides vermögen diese Songs zu spiegeln. Wer Schwäche zu zeigen bereit ist, wer Mut hat zum großen Gefühl, gern auch den Überschwang feiert, muß dieses Jahr keine Lieblingsplatte mehr suchen – sie ist soeben erschienen.
13.07. Chemnitz, Musikmeile
14.07. Frankfurt/Oder, Hansestadtfest
22.08. Berlin, Frannz Club
18.09. Hamburg, Reeperbahn Festival
18.10. Berlin, SO36
19.10. Schorndorf, Manufaktur
„True Love“
(Staatsakt)
Vielleicht hat der olle mecklenburgische Herzog Christian Ludwig II. ja damals irgendwie geahnt, dass das nicht anginge. Dass also eine so wunderbare Band wie Die Kerzen unmöglich aus einem Ort Names Klenow kommen könne. Das macht sich zwar im berlinerischen Dialekt ganz dufte, würde aber dem Charakter des Quartetts in keinster Weise gerecht werden. Und so hat der Hochwohlgeborene schon Mitte des 18. Jahrhunderts ein paar Prunkbauten in der Nähe errichten lassen und die Gegend dann ausgesprochen weise zu Ludwigslust umgetauft. Und das wiederum trifft die Kerze oder besser den Nagel auf den Kopf. Denn mit Lust assoziiert man die Musik von Jelly Del Monaco, Die Katze, Fizzy B und Super Luci sofort, dem Adel sei Dank. Soll heißen: Wahre Liebe, New Romantic, Schmachten, Schwelgen – Wham? Bham! Und es wird einige geben, die behaupten wollen, diese Platte wäre wie gemacht für einen heißen Sommer – stimmt ja. Aber sie macht sich ebenso gut vor einem knisternden Kamin an graufrostigen Wintertagen, man kann sich zu den Songs mit schweißperlenbesetzter Haut in der Sonne aalen oder unter meterdicken Wolldecken verkriechen, sie wird ihre Wirkung nicht verfehlen. Allwetterplatte sozusagen.
Denn unabhängig von der jeweiligen Witterung spielt sich bei „True Love“ wie schon zuvor auf der ebenso fabelhaften EP „Erotik International“ vieles im Kopf ab, werden bei manchem Erinnerungen heraufbeschworen aus einer Zeit, wo die Liebe noch Herzen zerriss, schmerzte wie die Hölle oder Glücksgefühle auslöste, die man bis dato gar nicht für möglich gehalten hätte. Emotions im Überfluß, das sind Die Kerzen, ganz ohne falsche Scham und Schwülstigkeit, sondern weich, warm, rührend. Und denkbar einfach gemacht: Der Ostrock der späten Achtziger wird ja nicht nur im Besserwesten stets belächelt, hatte aber Qualitäten, die heute gern wieder ausgegraben werden und allemal eine zweite Chance verdienen. Wer sich frühe Stücke von City, Silly, Pankow oder selbst IC Falkenberg anhört, entdeckt dort viel, was eine Band wie die Die Kerzen heute so gut und unverwechselbar macht – simple Soundmuster, hübsche Melodien und vor allem ungekünstelte, im Kleinen wirklich große Poesie.
Inwiefern dieser Bezug bewusst gewollt oder nur zufällig ist, sei dahingestellt, die zehn Songs des Debüts jedenfalls sind übervoll davon, man kann sie aber auch ganz ohne diese Erinnerungsbrille genießen. Sie wippen nicht nur zum feinem Synthpop aus längst vergangenen Tagen von Cola-Whisky, Diskokugel und Trockeneisnebel, sie wollen mit allem Kitsch und überzeichnetem Gefühl auch ernst genommen werden, weil das Leben nicht nur damals so war, sondern auch heute (hoffentlich) ab und zu noch so ist. „Saigon“, „Al Pacino“, „In der Nacht hast Du geweint“ und „Desole“, um nur einige der schönsten zu nennen, besingen Leidenschaft, Sehnsucht, Einsamkeit, Trübsinn, Verzweiflung, Verzückung, solche Dinge. Und wo eine/r sich daran erinnert, wie weh das alles mal getan hat und trotzdem einiges dafür täte, solches noch einmal zu erleben, da steckt der oder die andere mitten in ebenjenem Strudel und verliert sich darin gerade so hoffnungslos – beides vermögen diese Songs zu spiegeln. Wer Schwäche zu zeigen bereit ist, wer Mut hat zum großen Gefühl, gern auch den Überschwang feiert, muß dieses Jahr keine Lieblingsplatte mehr suchen – sie ist soeben erschienen.
13.07. Chemnitz, Musikmeile
14.07. Frankfurt/Oder, Hansestadtfest
22.08. Berlin, Frannz Club
18.09. Hamburg, Reeperbahn Festival
18.10. Berlin, SO36
19.10. Schorndorf, Manufaktur