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Wer ist das denn, die IGOS NRW, werden sich sicherlich viele fragen, die im Bereich der Orthopädieschuhtechnik tätig sind. Und tatsächlich, lange gibt es sie noch nicht, die Interessengemeinschaft für Orthopädieschuhtechnik Nordrhein-Westfalen, aber sie mischt sich schon ziemlich nachhaltig zugunsten der Betriebe in die Politik ein.
Auch wenn es der Landesinnungsverband für Orthopädieschuhtechnik Nordrhein-Westfalen (LIV NRW) nicht gerne hört: viele Betriebe in NRW waren überhaupt nicht glücklich über den Konfrontationskurs, den die dortige Geschäftsführung sowie die Ehrenamtlichen gegenüber dem Zentralverband für Orthopädieschuhtechnik (ZVOS) gefahren sind – und der letztendlich zum Austritt des LIV NRW aus der Bundesvertretung der Orthopädieschuhtechniker führte. Deswegen gründeten einige Betriebe dort den nichtrechtsfähigen Verein IGOS NRW, der wiederum Mitglied des ZVOS wurde.
In diesem Zusammenhang eine Anmerkung für diejenigen, die den rechtlichen Bestand der IGOS NRW bezweifeln: ich rate dringend zu einem Blick in §54 BGB. Und diejenigen, die trotz des Beschlusses der Mitgliederversammlung des ZVOS auch die ordnungsgemässe Mitgliedschaft der IGOS NRW im ZVOS bezweifeln, sei ein ergänzender Blick in die Geschichte empfohlen: Der Gesetzgeber hatte die nichtrechtsfähigen Vereine absichtlich in „die für sie nicht passende Rechtsform der Gesellschaft“ verwiesen, um insbesondere die politischen Parteien und die Gewerkschaften dadurch zur Registereintragung anzuhalten und sie damit einer verwaltungsbehördlichen Kontrolle zu unterwerfen. Man nannte dies ein sogenanntes „verschleiertes Konzessionssystem“. Dieser ursprüngliche Zweck der staatlichen Kontrolle des § 54 BGB ist seit der Aufhebung der §§ 43 Abs 3, 61 Abs 2 BGB überholt und mit Art 9 Abs 1 GG nicht vereinbar. Deswegen hat sich inzwischen die Auffassung durchgesetzt, entgegen dem Wortlaut des § 54 S 1 BGB auf den nichtrechtsfähigen Idealverein die §§ 21 ff BGB entsprechend anzuwenden mit Ausnahme der Vorschriften, welche die Rechtsfähigkeit oder die Eintragung, insbes die Publizitätsvorschriften der §§ 68 ff. BGB voraussetzen. Insbesondere für Freiheitlich und Demokratisch Positionierte dürfte es also eine vornehme Pflicht sein, einen solchen Verein zu akzeptieren, dessen Form in der Vergangenheit ja gerade von denjenigen genutzt worden ist, die sich für die Rechte der weniger Privilegierten eingesetzt haben.
Nun, nach einer Phase der Findung engagiert sich die IGOS NRW nun umfänglich, und eine ihrer ersten Aktionen war und ist es, dem Unwillen über die im Januar abgeschlossenen Verträge zwischen der LIV NRW und der AOK Rheinland/Hamburg Ausdruck zu geben. Diese sind nämlich nach Auffassung einer Reihe von durchaus namhafter Stimmen im Bereich der Orthopädieschuhtechnik mit den vom Bundesversicherungsamt aufgestellten Grundsätzen nicht vereinbar – und wurden letztendlich unterzeichnet nach Veröffentlichung dieser Auffassungen des BVA. Näheres hierzu erfahren sie unter anderem hier:
und hier:
Insbesondere das zuletzt dokumentierte Rundschreiben der GO GmbH hat allerdings erhebliche Diskussionen ausgelöst, in deren Verlauf der ZVOS leider eine sehr ambivalente Position eingenommen hat, die nun bei mindestens zwei seiner Mitgliedsinnungen (eine davon ist direkt durch den Vertrag betroffen) zu deutlichem Unbehagen geführt hat.
Die IGOS NRW jedenfalls bezieht sehr deutlich im Sinne der betroffenen und benachteiligten Betriebe Position zu den Verträgen, und sie hat deswegen nicht nur die AOK zu eigenen Gesprächen aufgefordert, sondern auch die Verantwortlichen beim LIV NRW angesprochen. All dies führt zu dem inzwischen an alle Betriebe in NRW versandten Rundschreiben, welches ich nachfolgend dokumentiere.
Sollten Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich bitte an den Vorsitzenden der IGOS NRW Franz Claßen, Im Mediapark 4d, 50670 Köln, Telefon 0221 / 52 61 10, Telefax 0221 / 952 19 29, Mail: [email protected]
Das Rundschreiben in seinem Wortlaut:
Verträge zu den Produktgruppen 02, 05, 08, 17 und 31
Liebe Kolleginnen,
Liebe Kollegen,
jetzt haben wir es mal wieder schwarz auf weiß!
Unsere für Verträge Verantwortlichen im Vorstand machen, was sie wollen. Ohne uns zu fragen!
Aber was noch schlimmer ist, ohne die Vorgaben des Bundesversicherungsamtes zu beachten.
So enthalten die neu abgeschlossenen Verträge mit der AOK Rheinland/Hamburg Klauseln, die vom Bundesversicherungsamt für unzulässig erklärt worden sind, dies bezieht sich insbesondere auf die Zertifizierungspflicht (§ 2 Abs.4,5,6), die schon vor gut einem Jahr vom Bundesministerium für Gesundheit als höchst problematisch angesehen wurde.
Was für ein toller Einstieg in die Debatte mit Frau Zamponi über die Zertifizierung. Das wollte sie ja eigentlich nie mehr haben. Und nun?!! All das für die Katz? NEIN, eher für HAWE !
Noch schwerer wiegt jedoch, dass die jetzige Ausgestaltung ein schwerer Eingriff in das Recht aus Art.12 des Grundgesetzes darstellen dürfte, da er nicht zertifizierte Betriebe vom Markt ausschließt.
Daher können wir uns nicht vorstellen, dass hier die AOK R/H auf Formulierungen bestehen will, die
1. politisch nicht gewollt sind,
2. von der Aufsichtsbehörde für unzulässig erklärt wurden und darüber hinaus noch
3. in den Schutzbereich der Verfassung eingreifen.
Da wir insbesondere die Interessen der kleineren Betriebe vertreten, halten wir auch
den § 2 Abs.7 für höchst problematisch. Der schließt ein eigenes Verhandlungs- und Beitrittsrechts der Mitglieder des Innungsverbandes NRW aus und dürfte sich wohl auch gegen § 127 Abs. 2 SGB V stellen.
Auch versucht der Vertrag, eine Zwangsmitgliedschaft festzuschreiben, solange eine Mitgliedschaft des Betriebes im Innungsverband NRW besteht.
Weshalb also noch zusätzlich beitreten?!! Ist dieser Vertrag eventuell sogar ein Knebelvertrag und somit sittenwidrig?
Zitat und Info aus: http://unternehmerinfo.de/Lexikon/K/Knebelvertrag.htm
Ein Knebelvertrag ist eine Vereinbarung, welche die Entscheidungsfreiheit eines Partners in
wirtschaftlicher Hinsicht derart beschränkt, dass er keine wesentlichen Entscheidungen mehr
selbständig treffen kann.
Dazu gehören nicht nur Klauseln, die die Entscheidungsfreiheit unmittelbar einengen…
Je länger sich eine Beschränkung auswirken kann, um so mehr Entscheidungsspielraum muss dem Vertragspartner verbleiben.
Ein Knebelvertrag ist sittenwidrig.
Insofern haben wir schon bei der AOK R/H in Düsseldorf um entsprechende Terminvorschläge zur Klärung dieser Themen gebeten und hoffen und bitten Euch, diesem Vertrag vorerst nicht
beizutreten. Das Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes habt ihr ja alle schon erhalten.
Selbstverständlich hat unser IGOS-Vorsitzende auch mit dem „Präsidenten“ Ludwig Vorholt gesprochen. Sozusagen ein Elefantengespräch, oder eher ein „Elefant-Zebra-Gespräch“.
Einmal ein nicht vergessender, gemütlicher Elefant mit zäher Haut und einmal ein zweifarbiges, wieherndes und hakenschlagendes Zebra.
Zweifarbig, – weil er uns einerseits sagt, dass er keine Zertifizierung haben möchte, anderseits aber nichts gegen diese Vertragsklausel anstrengt.
Wiehernd, - weil er so spricht als könne er gar nichts dagegen machen, weil ja andere schon den Vertrag in dieser Form unterschrieben haben (ITEC, RAHM).
Hakenschlagend, – weil er gerade wegen eines solchen Verhaltens den ZVOS Präsidenten Werner Dierolf ( DAK-Vertrag ) mächtig gekickt hat.
Wir, die IGOS, möchten da eine demokratischere Struktur.
Vielleicht ist genau diese demokratische Struktur der IGOS in einer so großen Innung nicht möglich oder nicht gewollt?
Sollen diese wie nickende Hühner auf der Stange, alle dem Zustimmen was der Vorstand sagt? Bist Du auch ein –Zitat: „Stimmvieh“?
Wir, die IGOS, gehen anders mit unseren Mitgliedern um. Tretet bei und Ihr werdet es spüren. Auch finanziell.
Alleine schon durch die Erhaltung des Logos auf Briefpapier und Außenwerbung. Immerhin steht es in der Öffentlichkeit seit mehr als 50 Jahren als Garant für eine optimale orthopädische Versorgung.
Interessehalber, wie ihr diesen Vertrag bewertet, bitten wir um Rückfax (s. Anhang).
Sollte Interesse an der IGOS keimen, meldet euch. Auf Wunsch halten wir kurzfristig auch ein
Info-Meeting in Köln ab.
Mit freundlichen Grüßen
Karlheinz Pohl
Schriftführer
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