Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen

Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen

30.11.2011Hintergrund erstellt von Helmut N. Gabel

Beitrag zum Tag der Menschenrechte 2011 in Aachen. Die Veranstaltung fand am 20. November 2011 im Martin-Luther-Haus statt. Veranstalter war der Iranische Kulturverein Rahavard, Aachen.

Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen

Der Tag der Menschenrechte sollte ein Freudentag sein. Ein Festtag an dem alle Menschen weltweit die freie Ausübung gewisser menschlicher Werte, ihrer natürlichen Bürgerrechte, ihres Rechts auf eine eigene Weltanschauung, ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung und ihr Recht auf Unversehrtheit feiern. Stattdessen werden wir hier massive Verletzungen genau dieser Menschenrechte von einem der perfidesten System in der Welt andeuten und sie mit den Gründen für das Leid so vieler Menschen im Iran konfrontieren.

Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen

Wenn ein Staat Tür und Tor für Menschenrechtsverletzungen weit aufmacht, ist das ein Teil seiner Ideologie und wohl kalkuliert. Iran verfolgt alle Andersdenkenden, inklusive religiöse Minderheiten. Die Staatsideologie hinter Velayat-e-faghi ist ein kruder Mix aus engen rechtlichen Vorschriften mit religiösen Vorstellungen. Wir benennen die Haupttäter der Gewaltakte, die in enger Abstimmung mit Ali Khamenei agieren: Ammariyon.

Wir benennen verschiedene Gruppierungen und Ereignisse, die Opfer massiver Menschenrechtsverletzungen geworden sind: z.B. Derwische, Anhänger von Ayatollah Boroujerdi, Bahai u.v.a.

Wir gehen auf die Frage ein, warum es im Iran so zahlreiche Menschenrechtsverletzungen gibt und wir deuten die Methoden an, mit denen das Regime versucht den Ereignissen eine andere Deutung zu geben und für seine Propaganda zu missbrauchen.

Ammariyon

Protagonisten wie Mesbah Yazdi, Mehdi Taeb, Hassan Abassi, Abdul Hossein Khosrow-panah, Qasem Ravanbakhsh oder Said Ghasemi gehören zu einer Gruppe von Strategen und Ideologen, die sich Ammariyon nennen, was auf Märtyrertum hinweist.

Die Herren des Hasses und die Qualen der MenschenMehdi Taeb
Sie stehen mit Haut und Haar hinter dem Prinzip des Obersten Rechtsgelehrten (Velayat-e-faghi) und hinter Ali Khamenei. Die meisten sind gleichzeitig Pasdaran oder Mitarbeiter einer der verschiedenen Geheimdienste.

 Die Herren des Hasses und die Qualen der MenschenQasem Ravanbkahsh

Der Kern ihrer Ideologie besteht in einem idealen Staat, der seine absolut gehorsamen Untertanen in allen Lebensfragen bevormunden will und dessen Mission darin besteht diesen Staat über die ganze Welt auszubreiten und dafür zu sorgen, dass Ungehorsam hart bestraft wird. Ammariyon spielt in der Tagespolitik ausschließlich eine unsichtbare Rolle und bleibt im Schatten dieser verborgen.

Die Herren des Hasses und die Qualen der MenschenSaid  Ghassemi

Die Protagonisten von Ammariyon sind maßgeblich in der ideologischen Schulung der Kader involviert. Beobachter sprechen ihnen eine Hauptrolle bei den sogenannten Kettenmorden in den 90er Jahren und den zahlreichen Attacken gegen protestierende Studenten zu und bezeichnen sie als Antreiber für das brutale Vorgehen gegen die Demonstranten nach den Präsidentschaftswahlen 2009. Nicht zuletzt sind Ammariyon Ideologen die sogenannten Herren des Hasses, die zusammen mit Ali Khamenei Verfolgungen religiöser Minderheiten rechtfertigen und aktiv durchführen.

 Die Herren des Hasses und die Qualen der MenschenHassan Abassi

Religiöse Minderheiten standen im sogenannten Gottesstaat schon immer unter Druck, doch die Herren von Ammariyon sorgen für das, was man systematische Säuberungen nennt. Dazu gehören neben Diffamierungen in Schrift und Bild auch Aufhetzungen auf offener Strasse und Attacken auf Häuser, Friedhöfe und Menschen.

Den offiziellen Segen für den Ausschluss gewisser Gruppierungen im Iran gab Ali Khamenei im Herbst 2010 bei einem Besuch in Qom. Hier nannte er 4 Hauptgruppen, die quasi zu Staatsfeinden gestempelt wurden: Bahai, neue Christen, Sunniten und Derwische. Dieser "Segen" ist wie ein Podest von dem sich die Täter wie gierige Geier auf ihre Beute stürzen. Und sie lassen nur ab für eine Weile, wenn die Staatengemeinschaft hinschaut und Druck auf die Regierung im Iran ausübt. Dann schlagen sie wieder zu, wenn der Fokus der Weltgemeinschaft auf andere Schauplätze gerichtet ist.

Die Betroffenen

Auch wenn die Derwische hier und heute zu Wort kommen sollen - es ist meine Pflicht viele weitere Gruppierungen zu erwähnen, die davon betroffen sind ihren Glauben, ihre Weltanschauung oder ihre Vorstellungen zur Gesellschaftsordnung nicht leben und äußern zu dürfen.

1.   schiitische Geistliche, die sich über den Missbrauch der Religion Islam durch verschiedene staatliche Organe beschweren (Ayatollah Sanei, Ayatollah Dastgheib)

Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen
Ayatollah Dastgheib kritisierte vor kurzem in sehr offener Weise den Wächterrat für die Verwerfungen im Land verantwortlich zu sein

2.   schiitische Geistliche, die eine Vermischung von Staat und Religion ablehnen und einzig einen säkularen Staat legitim finden (Ayatollah Boroujerdi)

Die Herren des Hasses und die Qualen der MenschenAyatoolah Boroujerdi

3.   sunnitische Gelehrte, die sich für eine Gleichberechtigung von Sunna und Schia im Iran einsetzen und den Bau einer eigenen Moschee in Teheran anstreben (Ahmed Mufti Zadeh und Scheich Ali Dahwary wurden deswegen schon in den 80er Jahren getötet, zuletzt wurde zwei sunnitischen Geistlichen verboten ihre religiöse Pilgerfahrt nach Mekka durchzuführen) aber auch allgemein Sunniten, die diverse Benachteiligungen erfahren (speziell Ahvazis, Balutschen und Kurden)

Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen
Diffamierung von spirituellen Gruppen in der Ausstellung "Das Böse" im Herbst 2010 in Iran

4.   neue Zoroastrier
5.   Ahl-e-Hagh
6.   Al Yassin
7.   Falun Gong
8.   Anhänger indischer Yogis usw.

Die Sufi-Derwische

Warum werden Sufis im Iran verfolgt?

Wir werden dieses Thema aus drei Gesichtspunkten anschauen. Was ist Sufitum? Was ist die Position und Situation von Sufitum und Sufis im Iran? Warum werden Sufis im Iran verfolgt?

Was ist Sufitum?

Es ist der Weg der substantiellen Evolution, ein Weg auf dem sich sowohl Seele als auch die Kapazität des Geistes weiterentwickeln können. Die Schule des Sufitum hat keinerlei Verbindung mit irgendeiner Religion. Sie ist älter als alle bekannten Religionen, denn sie ist der Weg zum Wissen um das Selbst. Sufitum basiert auf dem Prinzip der Selbsterkenntnis und der inneren Verbindung zum Schöpfer. Anders gesagt, Sufitum ist der Weg der Selbsterkenntnis und der Entdeckung des Sinns im eigenen Leben.

Sufitum ist eine Komposition verschiedener Methoden, die dem Suchenden erlauben die verborgenen Kapazitäten des Bewusstseins zu entwickeln.
Der Begriff "Sufitum" erschien nachdem arabische Heere persisches Gebiet eroberten. Zuvor waren die Klöster im Iran ein Ort der Meditation und des Gebets für spirituell Suchende, die Gnostiker genannt wurden. Nachdem jedoch die Invasion besagter Gebiete durch muslimische Armeen die Erscheinung des Islams mit sich brachte, wurden aus gnostischen Klöstern Sufi-Klöster. Nach allen historischen Fakten ist dies der Grund warum Sufitums in islamischen Ländern erschien.

Die Schule des Sufitums hat ihre eigenen Lehrer und ist untergliedert in verschiedene Orden. Die Orden und die Kette der Einweihung reichen zurück bis zur Tradition von Heiligen wie Ali, Mohammed, die Apostel, Jesus, der Johannes der Täufer und andere spirituell Eingeweihte. Die verschiedenen Einweihungsketten und Orden sind wie unterschiedliche Schulen, die parallel voneinander in verschiedenen Ländern arbeiten, und das von Bulgarien bis China. Sie sind überall in der Welt verteilt. In den letzten 30 Jahren konnte die Erscheinung von Sufi Orden in Kanada, Amerika, und Australien verfolgt werden, welche sich hauptsächlich aus muslimischen Derwischen zusammensetzen, die in diese Länder immigriert sind.

Was ist die Position und Situation von Sufismus und Sufis im Iran?

Die Anzahl von Sufis und deren Orden im Iran basiert nicht auf offiziellen Statistiken. Global betrachtet, kann man jedoch sagen, dass Menschen in Balutschistan, Sistan, Kurdistan, Lorestan, und Turkemansachrah im Allgemeinen sich Derwisch Werten verschrieben haben. Dies heißt, dass ein Kind von Geburt an Sufi ist. Verbreitet entlang der Grenze zu Iran leben viele bedeutende Sufi Familien und Sufi Stämme. Sufi Orden wie Ahl-e-hagh, Zahabi, und Nematollahi existieren auch in verschiedenen Städten Irans, wie z.B. in Isfahan, Shiraz, Täbris, Teheran. Eine Abzweigung von Nematollahi ist der Gonabadi Orden, der etwa 4 Millionen Mitglieder hat, die in verschiedenen Städten des Landes verstreut leben. Der Orden hat seinen Namen Gonabadi erhalten, weil der Schrein der Meister des Ordens in der Stadt Gonabad im Nordosten Irans steht. Zur Zeit ist Majzoob Ali Shah Dr. Tabandeh Leiter des Ordens.
Die Herren des Hasses und die Qualen der MenschenMajzoob Ali Shah Dr. Tabandeh
In der Neuzeit wurden einige Sufi Orden gezwungen das Land zu verlassen und nicht wieder zu betreten. So, z.B. die Oveissy, Ahl-e-hagh, Zahabi, und die Adepten von Dr. Nurbaksh vom Nematollahi Zweig. So ist der Gonabadi Orden, dessen Mitglieder in Iran leben, der wichtigste Orden im Land. Seit Beginn der Revolution haben die Hardliner begonnen den Respekt gegenüber den Sufi Orden zu brechen, besonders gegenüber dem Gonabadi Orden. Seit diesem Tag sind Sufi Zentren, die Hosseynieh genannt werden (Häuser der Verehrung für Sufis), kontinuierlich Attacken ausgesetzt, werden von Bulldozern zerstört und Sufis werden verfolgt. Das Regime praktiziert offen eine religiöse Apartheid gegen Derwische, obwohl diese im Iran schiitische Muslime sind und der muslimischen Gemeinde angehören. Aber ihre Rechte werden nicht respektiert.
Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen
Jüngste Angriffe gegen Derwische in Kavar, Sarvestan bei Shiraz

Unter der Führung von Ali Khamenei wurden die Attacken gegen Derwische in den letzten sechs Jahren regelmäßiger und professioneller organisiert. Im Februar 2006, nachdem über 40 Bücher geschrieben wurden, um Sufis zu dskreditieren, attackierten die Bassidschi - unter der Schirmherrschaft der Pasdaran - das Sufi Zentrum von Qom und zerstörten das Gebetshaus der Derwische des Nematollah Gonabadi Ordens mit Baggern und anderem schweren Gerät. 1450 Derwische wurden festgenommen und ins Gefängnis von Zahedi nahe Qom gebracht. Dieses Gefängnis steht unter der Kontrolle der Pasdaran. Zwei Jahre später zerstörten die gleichen Kräfte ein Sufi Zentrum in der Stadt Boroujerd und 2009 das Zentrum des Gonabadi Ordens in Isfahan.

Warum werden Sufis im Iran verfolgt?

Wenn wir wissen möchten warum Derwische unter regelmäßiger Verfolgung stehen, so müssen wir die wahre Nature des religiösen Faschismus analysieren, welcher das Land in diese Richtung dirigiert. Die Machthaber im Iran tolerieren nicht die Existenz von religiösen und ethnischen Minderheiten. Sie möchten den Iran zu einer Kopie Nordkoreas machen, zu einem einheitlichen Land mit einheitlichen Menschen, ohne Abweichung in Meinung oder politischer Richtung. Sie möchten alle unter die Führung von Ali Khamenei stellen, nicht nur als gehorsames Volk sondern auch als Gläubige des Velayat-e-faghi unter der Führung (Velayat) von Khamenei selbst. Sie möchten Ali Khamenei, das Staatsoberhaupt, zum absoluten religiösen Führer machen.
Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen
Ali Khamenei, Oberster Führer des Landes, hat immer noch Legitimationsprobleme
Alle Menschen sollen seine Sklaven sein und ihm gehorsam sein. In einem solch faschistischen System ist kein Raum für andere Weltanschauungen, andere Meinungen oder andere Religionen. Sie sind nicht gegen die Derwische, weil die Derwische gegen dieses System sind, sondern es liegt in der Natur des Systems selbst.
Nach der Wahl des Präsidenten 2009 begann ein neuer Abschnitt der Konfrontation zwischen der Führung und den Derwischen, denn diese unterstützten mit großem Engagement die Kandidatur Mehdi Karoubis. Im Nachhinein fand die Obrigkeit sehr effektive Anschuldigungen gegen die Derwische und sie benutzt den Vorwurf von Fitneh (Krisenmacher), um Karoubi und Mousavi als Führer der Krisenbewegung und die Derwische als deren „Soldaten“ zu verfolgen. Angeblich bedrohen sie die Stabilität des Systems und des Landes. Nach Karoubis und Mousavis Hausarrest, sowie Rafsandschanis Entmachtung, sehen wir, dass eine große Anzahl von Anti-Sufi Webseiten und Weblogs reaktiviert wurden. Dort findet man sehr beleidigende Artikel gegen Sufis. Dies ist ein Zeichen für eine geplante massive Aktion des Regimes gegen Sufis.

Die Methoden der Propaganda

1. Denunzieren, Anschwärzen und Rufmord betreiben
(durch Publikationen und Fernsehprogramme)
·   willkürliche Verknüpfungen von Tatsachen, die nichts miteinander zu tun haben und Hinzufügen von Lügen zu Tatsachen, um die Fakten in ein anderes Licht zu stellen
·   Zuschreibungen und Unterstellungen (z.B. Sufis würden Alkohol in ihren Kellern horten und Trinkgelage abhalten usw.)
·   religiöse Überlieferungen (Revayyat) werden zu Gunsten des Regimes und seiner Ideologie erfunden und dem Prophet Mohammed zugeschrieben. (natürlich gegen Werte der Sufis gerichtet) 

2. Aufhetzungen durch junge Prediger und Einpeitscher, die eine Art subliminal wirkende Rezitation anwenden, um negative Emotionen zu schüren und Menschengruppen (Bassidschi) zu Zerstörungen aufzurufen.(Straßenaktionen)

3.Umwertungen von Ereignissen mittels einseitigem Medienfokus
Das heißt, Angriffe von Bassidschi gegen Derwische werden gefilmt, wenn sich die Derwische wehren, wird der Film in seiner Chronologie verändert und schon werden die Angreifer als Opfer dargestellt und die wirklichen Opfer zu Staatsfeinden hochstilisiert. 

4. Identitätsraub.
Genau wie bei dem ermordeten Studenten von Ayatollah Montazeri, Ehsan Jaleh, wurde dem erschossenen Derwisch Vahid Banani unterstellt Mitglied der Bassidschi gewesen zu sein. Nachträglich wurde ein Bassidschi Ausweis angefertigt mit einem Bild das man der Familie abverlangt hat, um zu zeigen, dass die Bassidschi Opfer der Derwische gewesen seien.
Die Herren des Hasses und die Qualen der Menschen
Vahid Banani, Derwisch des Gonabadi Ordens, erschossen am 2.09.2011 durch paramilitärische Bassidschi Banden

5. Schweigegebot.
Den betroffenen Familien ermordeter, gequälter oder inhaftierter Menschen wird ein Schweigegebot über die Umstände auferlegt, so dass die Propagandamaschinerie über die wahren Umstände ihren täuschenden Mantel ausbreiten kann.

Über diese Verhältnisse zu sprechen ist eine Bürgerpflicht. Das ist das Mindeste was wir außerhalb Irans für die Bürgerinnen und Bürger im Iran tun können. Das Regime im Iran soll wissen, dass die Menschen im Westen sich nicht täuschen lassen über das, was im Iran geschieht. Die Bürgerinnen und Bürger sollen wissen, dass wir die Verletzungen ihrer Rechte, die menschenfeindlichen Indoktrinierungen und Hasstiraden von Seiten der dunklen Herren nicht unkommentiert lassen werden, sondern sie an das Licht der Öffentlichkeit bringen werden, bis die Staatengemeinschaft sich veranlasst sieht ihr Augenmerk ernsthaft auf die Verletzungen der Menschenrechte im Iran zu richten.

ShareTwitter

wallpaper-1019588
Kalorienarmes Gemüse: Perfekt für Ihre Diät!
wallpaper-1019588
Kalorienarmes Gemüse: Perfekt für Ihre Diät!
wallpaper-1019588
Die Algarve feiert 50 Jahre Nelkenrevolution
wallpaper-1019588
Mobile Suit Gundam SEED FREEDOM: Bandai Namco zeigt den Film in den deutschen Kinos