Wenn
ich mich selbst betrachte, so komme ich nicht umhin festzustellen,
dass ich ein Wähler bin, ein Bürger, selbstbewusst, selbstbestimmt,
demokratisch, oder sollte ich sagen demo"kritisch"?
Ich
bin der Mann von der Straße. Oder jedenfalls einer von ihnen. Und
ich pflege mein Maul, auf das zu schauen der Politiker für sich
gemeinhin in Anspruch nimmt und dann doch nicht wahr nimmt, nicht zu
halten, sondern öffne es gern und meist ungefragt, um zum Ausdruck
zu bringen, was mich plagt, was mich bedrückt und vor allem, was
mich ärgert.
Denn
vom auf´s Maul schauen kann man nur Erkenntnis gewinnen, wenn man
der Gebährdensprache mächtig ist. Ansonsten sollte man sich nicht
nur auf´s Schauen beschränken, sondern auch mal zu hören. Das
fällt vielen aber enorm schwer, da sie sich gerne selber reden hören
(weil sie ja so intelligent sind und nur dadurch in der Lage, dieses
komplizierte politische System zu durchschauen) und anderen lieber
mit markigen Worten das Maul verbieten, wie unser guter Könich Kurt
aus der Pfalz dies tat.
Aber
das sind zu vernachlässigende Kleinigkeiten, Peanuts und
dergleichen, die sowieso keine Sau und erst Recht keinen Politiker
interessieren. Sie tun nur das, was aller, in den letzen Jahren
gemachten, Erfahrungen nach "alternativlos" ist! Und wir
stellen – leicht indigniert – fest, dass Wähler als diejenigen
wahrgenommen werden, die den erfolgreichen und dynamischen Politker
daran hindern, gute Politik zu machen, für wen auch immer!
Bis
in die Kreise der Politik ist offenbar noch nicht durchgedrungen,
dass es "Alternativlosigkeit" nicht gibt, nicht geben kann,
sondern dies nur eine euphemistische Umschreibung dafür ist, dass
man keine Lust hat, sich mit anderen Lösungen zu beschchäftigen.
"Alternativlosigkeit" gibt es nur da, wo man jedwede
Entscheidung daran misst, ob sie die Ansprüche der allgegenwärtigen
Lobby erfüllt oder nicht. Dann allerdings gibt es wirklich keien
Alternativen zu den gemachten "Lösungs"vorschlägen und
vorformulierten Gesetzestexten, die wohl mit voller Absicht so
kompliziert gefasst sind, damit kein Uneingeweihter sich darin
zurecht zu finden vermag. Dann nämlich sind sie wirklich
"alternativlos"!
Und
so darf man getrost und durchaus provokativ fragen, was eigentlich
Politiker glaubwürdig bzw. Unglaubwürdig erscheinen lässt,
angesichts der allumfassenden "Alternativlosigkeit"?
Eine
gute Frage? Oder vielleicht doch unverschämt?
Man
sagt, es sei derjenige unglaubwürdig, der Wasser predige und selber
Wein saufe! Also eigentlich der typische Politiker! Warum? Das will
ich gerne erklären...
...war
es früher so, dass sich Durchschnittsbürger in den demokrastischen
politischen Parteien engagierten, also Arbeiter, Angestellte und
kleine Handwerker aber auch Rentner und ein paar Arbeitslose
(jedenfalls in der früheren SPD und in anderen, links zu verortenden
Parteien), natürlich auch Unternehmer, reiche Nichtsnutze und
dergleichen Gelichter mehr, eine richtig bunte Mischung also, ein
Querschnitt der Bevölkerung gewissermaßen!
Solche
Keute konnten, Einsatz und persönliche Befähigung einfach mal
voraus gesetzt, bis in die höchsten Ämter des Staates aufsteigen.
Es waren Leute, die das Leben, das echte Leben kannten und oft in
erbärmlichsten Verhältnissen aufgewachsen waren, Kriege und
Nachkriegszeiten, Hunger, Flucht und Not durchlitten hatten,
vielleicht auch Kriegsgefangenschaft und Vertreibung! Diese Leute
standen mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen.
Das
sieht heute ganz anders aus! Verwöhnte Yuppie-Larven studieren
Politologie und schlagen politische Laufbahnen ein, obwohl sie
vermutlich nicht in der Lage sind, die ideologischen Unterschiede
zwischen Konservatismus, Liberalismus, Sozialdemokratie und
Sozialismus, oder gar Kommunismus zu erfassen. Das ist aber auch
garnicht notwendig, denn durch die universitären Schleifmaschinen
werden sie charakterlich und ideologisch so rundgeschliffen, wie die
Hustenbonbons in einer Gutseltüte und es ist vollkommen
gleichgültig, in welcher Partei sie ihre "Karrieren"
absolvieren, sie tun "was getan werden muss" und sind
untereinander beliebig austauschbar. Werte, die früher die
Zugehörigkeit zu einer Partei bestimmten, interessieren heute keinen
mehr. Pragmatismus ist gefragt und der nimmt keine Rücksicht auf die
Interessen der Stammwählerschaft, sondern dient nur dem Machterhalt
um jeden Preis – damit wenigstens die armen Politiker keine
"gebrochenen" Arbeitsbiographien haben...
Solche
Leute wurden in ihrem ganzen Leben kaum je mit den ahrten Realitäten
deesselben konfrontiert. Die Sorgen und Nöte einfacher Menschen,
oder gar des Proletariats, spielen für sie nur eine untergeordnete
Rolle, da sie sich um "das große Ganze" kümmern (wollen).
In die Niederungen des realen Lebens steigen sie, wenn überhaupt,
nur ungern hinab, vielleicht im Rahmen einer Studienarbeit zur
Soziologie großstädtischer Bevölkerungsgruppen im Zuge
multikultureller Ghettobildung!
Natürlich,
Lehrjahre sind keine Herrenjahre, will sagen, auch das Studentenleben
ist nicht unbedingt der reine Spass, besonders seit der
Bologna-Reform. Aber es ist doch etwas anderes, als in einem Ghetto
aufzuwachsen, als Kind von Arbeitslosen, Hartz-IV-Empfängern in der
2. oder 3. Generation, auf Grundsicherung angewiesener Alkoholiker
und Drogenabhängiger Eltern, oder auch als Spross einer Familie mit
Migrationshintergrund (Was für ein blödes Wort. Warum sagt man
nicht einfach Einwanderer dazu? Ach, ja, das will keiner hören!) in
einem mit dem Wort "problematisch" noch sehr zurückhaltend
umschriebenen Stadtteileiner von hoher Arbeitslosigkeit,
Hoffnungslosigkeit und sozialen Brennpunkten geprägten Stadt!
Und
solche Menschen, die nie wirkliche Not kennen lernen "durften",
entscheiden dann weise und verantwortungsvoll darüber, wie hoch die
Grundsicherung zu sein hat und mit welchen Zwangsmaßnahmen
sogenannte Arbeitsverweigerer gepiesackt und in Lohn und Brot (ich
verwende das hier nur in Ermangelung eines besseren Ausdrucks)
gebracht werden, die es ablehnen, zum Stundenlohn von 3,50 € zum
Wohle des Unternehmers zu arbeiten!
Solche
Leute, die sich auf Grund üppigster Pensionszusagen auch in späteren
Lebensabschnitten vermutlich nie in die langen Schlangen vor den
Ausgabestellen der Tafeln werden einreihen müssen, um billig
vergammeltes Obst und Gemüse für eine gesunde und ausgewogene
Ernährung zu erstehen, entscheiden darüber, dass das Rentenniveau
auf 43% des letzten Durchschnittslohns abgesenkt werden muss, um
den Sozialstaat nicht über Gebühr zu strapazieren!
Da
klingt es auch sehr logisch, wenn man den "Nutznießern"
dieser Asozialpolitik vollmundig erklärt, WIR hätten schließlich
jahrzehntelang "über UNSERE Verhältnisse gelebt"!
Aber
weil Politiker in aller Regel (freilich nicht alle, aber ich wage zu
behaupten, die meisten tun es!), sich neben ihren üppigen Diäten
nur mit Hilfe von Nebenjobs über Wasser halten können, mit denen
sie in ihrer offenbar sehr üppigen Freizeit, neben ihrem Fulltimejob
als Abgeordnete, auch noch weit mehr verdienen, als nur mit ihren
Diäten, waren sie vermutlich auch gern dabei – schon aus Eigennutz
– als der Steuersatz für Spitzenverdiener drastisch gesenkt wurde.
Natürlich darf auch das Dienstwagenprivileg nicht angestastet
werden, sehr zur Freude und Dankbarkeit der deutschen
Automobilkonzerne, während es für den öffentlichen Nahverkehr
und/oder Energie noch nicht einmal einen Sozialtarif gibt!
Sie
sorgen dafür, dass der einfache Steuerzahler, der schon aus
finanztechnischen Gründen garnicht in der Lage ist, das Finanzamt
effektiv um ein paar Euro zu bescheissen, weil er seine Steuern
überhaupt nicht in die Finger bekommt, sondern nur auf seinem
Lohnzettel nachlesen kann, was er gekriegt hätte, wenn...immer seine
Steuern bezahlt (mehr oder weniger freiwillig!).
Dahinter
steckt das Prinzip, dass der kleine Arbeiter und Angestellte von
Natur aus unehrlich ist und daher grundsätzlich geneigt ist, die
Vater Staat (seiner Meinung nach) zustehenden Steuern zu
hinterziehen, Wohlhabende, Unternehmer und Reiche aber vom Grundsatz
her immer steuerehrlich sind und schon allein von daher mit einem
niedrigen Steuersatz zu veranlagen sind, vorausgesetzt, sie haben
nicht die Möglichkeit genutzt, ihre Steuern irgendwie so kein zu
rechnen, dass nicht mehr genug zum Besteuern übrig bleibt (was aber
relativ unwahrscheinlich ist!)!
Mit
diesem quasi enteigneten Geld werden dann "notleidende Banken"
gerettet, für deren Verluste der Steuerzahler aufkommen, muss, weil
sie systemrelevant seien. Großkonzerne am Finanzmarkt, die genau um
die Risiken wissen, die sie eingehen und dementsprechd auch
exorbitant hohe Gewinne erwarten, müssen mit dem Geld des
Steuerzahlers gerettet werden, weil der Kapitalismus verlangt, dass
Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert werden. Das sind
offenbar die Gesetze des "Freien Marktes" und das haben die
Politiker derart verinnerlicht, dass sie nicht mehr anders können,
als in den Bahnen zu denken, die ihnen die Lobby als "alternativlos
vorgaukeln!
Investitionen
tätigen, wenn der Staat das steuerlich begünstigt, falsche
Risikoeinschätzungen, die eigentlich als Folge der daraufhin
unausweichlichen Pleite eine Marktbereinigung zur Folge haben
sollten, Fehlinvestitionen, die eigentlich zu Verlusten führen
müssten (und das sind eigentlich die Gesetze des Marktes!), werden
zum Anlass genommen, nach dem Staat zu schreien, der ansonsten
bleiben soll wo der Pfeffer wächst, weil "der Staat nicht der
bessere Unternehmer ist"! Ist das glaubwürdige Politik?
Auch
das Thema soziale Gerechtigkeit ist ein weites Feld, das auf´s
Engste mit dem Begriff der "Glaubwürdigkeit" verbunden
ist.Der Eindruck, Politik interessiere sich nur für und vertrete nur
die Interessen der Wirtschaft und der Reichen, erzeugt bei vielen
Bürgern, die ja auch Wähler sind, das unbestimmte Gefühl, über
den Tisch der Regierung gezogen zu werden und das ganz sicher nicht
zu Unrecht!
Politik
arbeitet am "effektivsten" da, wo es warm raus kommt. Und
das ist genau da, wo die Lobbyisten ihr Portokässlein öffnen
"selbstlos", versteht sich, und Veranstaltungen, Vorträge,
Essen und Events organisieren. Bei diesen Gelegenheiten versuchen sie
(leider immer wieder viel zu erfolgreich!) Einfluss auf die
solchermaßen verwöhnten Politeliten zu nehmen. Und so sparen sie
dann nur da, wo´s auch wirklich richtig weh tut, nämlich dort, wo
eh nicht viel ist und wird da großzügig, wo´s eigentlich überhaupt
nicht nötig wäre.
Aber
wehe, wenn dagegen mal jemand aufbegehrt, dann kommt der erfahrene
Politiker sofort mit der Neiddebattenkeule und dem Argument, dass die
Habenichtse den Wohlhabenden doch nur den Erfolg neiden – und DAS
ist das Problem mit der Glaubwürdigkeit in der Politik! Jedenfalls
in der Hauptsache, denn bekanntermaßen scheißt der Teufel ja
sowieso immer auf den größten Haufen! Bedauerlich nur, dass dieser
gerade an der Regierung ist...der größte Haufen...!