Die fabelhafte Welt der Amèlie - Der gekotzte Regenbogenstrahl aus Paris

Die fabelhafte Welt der Amèlie - Der gekotzte Regenbogenstrahl aus Paris

OT: Le Fabuleux destin d'Amélie Poulain / (2001) / DE; FR / Laufzeit: ca. 122 Minuten / FSK: 6 / Komödie, Drama
von Jean-Pierre Jeunet, mit Audrey Tautou und Mathieu Kassovitz


Das Leben ist schön. Nicht immer, aber ab und zu. Dieses Ab und zu ist hier zwar immer und zwar zu hundertzwanzig Prozent, doch das macht ein Feel-Good-Movie nun mal aus.  Wenn man aber sekündlich Zuckerstückchen in den Rachen gestopft wird, entwickelt der Körper irgendwann einen honigsüßen Durchfluss - Diabetes. Man kämpft mit der Entscheidung, ob man nochmal in den kandierten Apfel beißen möchte, oder doch lieber ein Mal im Strahl zu kotzen. Es ist doch so süß! Aber auch so ekelhaft überzogen.
So springt Amélie Poulain (Audrey Tautou) im Hoppsala durch die Pariser Sraßen, mit dem Auftrag Armors in den Taschen, den Ruf der Liebe zu verteilen. Einer nach dem anderen kommt in's Strahlen, vergisst alle weltlichen Sorgen und lässt einen Regenbogen aus seinem Hinterteil entfahren. Jeder mit Liebeskummer bekommt bereits nach wenigen Minuten Aggressionen, so überzogen das doch alles wirkt. Es ist das Problem der Desillusioniertheit, die komplett unnatürliche Ansicht einer Liebesgeschichte. Eben diese Geschichte, die dafür sorgt, dass 14-jährige Mädchen ihren ersten Freund heiraten möchten und sich die Arme aufkratzen, sollte, gegen die Natur der wahren Liebe, mal ein Streit in's Haus flattern.
"She's in Love." -"I don't even know her!"
Natürlich gibt es nicht nur kleine Mädchen, die sich "Amélie" anschauen. Es gibt noch die Fraktion der endlosen Träumer, die sich bewusst sind, dass es so etwas nicht gibt, dem dennoch entgegenfiebern. Ein Funken dieser Leute sollte jeder in uns haben, senkt die Depressionsrate doch erheblich. Bleibt man aber komplett auf dem Boden der Tatsachen, wird man diesen Film hassen. Selbst wahre Liebe würde sich einpinkeln, wenn sie sehen könnte, wie sie anscheinend sein sollte. Im echten Leben gehört nicht nur eine Rehaugen-Fassade zum Konzept, sondern auch mal Ecken und Kanten. "Amélie" jedoch ist ein runder, weicher Kuchen mit ganz viel Zuckerguß und Schokostückchen. Bock hat man da nicht immer drauf.
Emotional berührt hat mich der Film nicht. Zu differenziert betrachte ich das Thema mittlerweile und weiß, dass auch Amélie und ihr soziopathischer Freund nicht auf einem Schimmel an einem Strand in den Sonnenuntergang reiten werden. Dafür erzwingen sie eine viel zu perfekte Welt.
4.0/10


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