Die drei häufigsten Bäume in Mitteleuropa sind Buche, Eiche und Rottanne (=Fichte). Die kennt wohl jeder, denn an ihnen kommt man in keinem Wald vorbei. Aber die Esche?
Sollte man die Esche kennen? Für unsere Vorfahren war die Esche schlichtweg der wichtigste Baum. Daher einige Gedanken und Informationen zu diesem Baum.
Eigentlich erkennt man ihn leicht. Seine Blätter sind zusammengesetzt, gegenständig gefiedert und leicht gezähnt.
Wer sich nicht mehr so gut an den Biologieunterricht erinnert, links ist das Schattenbild des Blattes.
Allenfalls mit der Eberesche zu verwechseln, dem Vogelbeerbusch.
Esche ist eigentlich die Mehrzahl des Namens Asch, und dies wiederum bedeutet ursprünglich einfach Speerschaft (dafür wurde er seit Urzeiten genutzt, wohl das ursprünglichste und wichtigste Werkzeug des Menschen).
Der Baum kann riesengross werden, freistehend über 40 Meter und hat kräftige, weit ausladende Äste. Die Esche gehört zu den Ölbaumgewächsen, gemeinsam mit den Olivenbäumen, Flieder und Liguster und auch dem Jasmin. Was für eine noble Verwandtschaft.
Hildegard von Bingen hielt ihn für das Sinnbild besonnener Einsicht.
Genau wie die Eiche treibt die Esche im Frühjahr spät aus. Es gibt dazu eine Bauernregel:
Treibt die Esche vor der Eiche, gibt es große Bleiche (=trockenen Sommer)
Treibt die Eiche vor der Esche, gibt es grosse Wäsche.
Eigenartigerweise kann der Baum sowohl als männliche Pflanze, als auch als weibliche Pflanze und immer wieder mal als Zwitterbaum wachsen. Die Blütenstände können demnach verwirren, sie sehen immer wieder anders aus!
In der skandinavischen Schöpfungsgeschichte hat Gott den ersten Mann aus der Esche erschaffen und die erste Frau aus der Erle. So wurde die Esche zum Sonnenprinzip und die Erle zum Prinzip der Erde. Esche steht für Feuer, die Erle für Wasser.
Die Blätter sind ausgezeichnetes Tierfutter. Früher wurde das Laub regelrecht geplündert, denn man sagte, dass Tiere niemals krank würden, die viele Eschenblätter fressen.
In den alten Rezepten für Rheumatee fehlt nie das Eschenblatt. Zusammen mit Berberitze und Brennesel, sowie Weidenblätter gegen den Schmerz: 2 Teelöffel auf eine Tasse, gut ziehen lassen. „Wundbaum“ wird die Esche aber wegen der heilenden Wirkung der Rinde genannt.
In der nähe von Burgen wurden oft Eschen kultiviert. Dies, weil das Holz für allerlei Jagd- und Kriegsgerät taugte wie Pfeil und Bogen, Speere und Armbrust. Eine grosse Esche war auch oftmals der Richtplatz – und vielerorts stand auch die Todesstrafe auf dem Fällen einer Esche!
Nachdem Speere nicht mehr so gebraucht wurden, machte man gerne Skier und Stöcke aus dem elastischen Holz, heute wird es gerade noch für Sportgeräte wie Fitnessbarren oder Sprossenwände benutzt.
In der Edda gibt es endlose Geschichten um die Weltesche Yggdrasil, deren Zweige über die ganze Welt ausgebreitet sind und in dessen Schatten die Götter verhandelten. Im Wurzelwerk war dann auch der Urdbrunnen, wo die drei Nornen (Schicksalsfrauen) wohnten. Dazu auf meinem Blog: Die böse Hexe Skuld
Ich wohne im zweiten Stock eines Mietshauses. Von unserem Fenster aus sehe ich direkt in das Geäst einer mächtigen Esche. Sie strahlt eine große Kraft und Würde aus, erinnert einen an ihre wichtige Aufgabe als Weltesche und beherbergt nebenbei einen Buntspecht, ein Elsternpaar und einige Ringeltauben.
Quellen:
Etymologisch-symbolischen-mythologischen Realwörterbuch zum Handgebrauch für Künstler von F.Nork, von 1843 Online Bibliothek
Blätter von Bäumen (Legenden, Mythen, Heilwirkung) von Susanne Fischer 1980
Edda, Karl Simrock 1864 Online Bibliothek