Die erste Kitareise des Großen im Juni 2015

Hier bei uns ist es üblich, dass schon in der Kitazeit die erste mehrtägige Reise durchgeführt wird. Für den Großen war es nun, mit 4 1/4 Jahren, zum ersten Mal soweit und er fuhr mit seiner Gruppe und den älteren Kitakindern für 4 Tage in ein Feriendorf an einem See, ca. 1 Stunde von zuhause entfernt. Seit er etwas über 3 Jahre alt ist, übernachtet er ab und zu bei den Großeltern und hatte als Vorbereitung für die Reise schon im Februar eine Piratennacht in der Kita. Trotzdem, und dies sei gleich vorweggeschickt, halte ich persönlich es für eine zu lange Zeit. Von Montag bis Freitag unterwegs zu sein, in einer großen, wilden und lauten Gruppe, ohne Rückzugs- und Ruhemöglichkeiten ist nicht nur für einen 4-Jährigen eine enorme Anstrengung.
Aber der Reihe nach. Am Montag 8.6. brachten wir ihn ganz normal zu 8:15 Uhr in die Kita. Mit seinem großen Reisekoffer und kleinem Rucksack marschierte er stolz durch die Straßen. Uns war etwas mulmig. Das Packen war ein enormer Aufwand gewesen. Für jeden Tag musste ein separates Paket gepackt werden. Überall Namensaufkleber rauf, ich habe eine Bestandsliste geschrieben und alle Teile fotografiert, zur Sicherheit. Das Abgeben am Morgen war etwas turbulent, die Kinder klammerten alle und die Kleine war ziemlich durcheinander. Wir verabschiedeten uns vom Großen und mein Mann musste dann noch die schreiende Kleine übergeben. Gegen 9 Uhr fuhren die Kitareisenden mit Bussen ins eine Stunde entfernte Feriendorf. Über die WhatsApp-Gruppe informierten uns die Erzieher über die Erlebnisse und schickten viele Fotos. Am Nachmittag waren die Kinder dann schon am See.
Die erste Kitareise des Großen im Juni 2015
Am zweiten Tag (Di 9.6.) machte die Gruppe eine Kutschfahrt, am dritten Tag (Mi 10.6.) eine Waldwanderung. Außerdem gab es "Post" von den Eltern, wir hatten alle eine beschriebene Karte mit Grüßen an unser Kind mitgegeben, die die Erzieher vorlasen. Am vierten Tag (Do 11.6.) bekamen wir gar keine Informationen oder Fotos. In dem Camp gibt es einen Kindertierpark, einen Reitplatz und einen Naturerlebnispark, es liegt direkt am See und Boote sind auch vorhanden. Es wird sicherlich nicht langweilig gewesen sein, allerdings weiß man ja, wie mühsam es manchmal ist, viele Stunden mit Kindern zu füllen, und es wird, denke ich, viel Wartezeit und Leerlauf dabeigewesen sein. Am Freitag 12.6. erfolgte nach dem Frühstück die Rückfahrt. Gegen 11 Uhr durften die Kinder vor der Kita in Empfang genommen werden. Mein Mann, der freitags frei hat, holte den Großen ab. Die beiden gönnten sich noch eine Leckerei in einem Cafe, gingen dann nach Hause, es gab ein Willkommensgeschenk und dann wurde Mittagsschlaf gemacht. Als ich von der Arbeit kam, holte ich die Kleine von der Kita ab und wir fuhren bis abends in unseren Garten.
Mein Mann hatte mir zwischendurch schon berichtet, dass der Große gleich wieder sein gewohntes Meckerverhalten gezeigt hatte und kaum etwas von seinen Erlebnissen preisgab. Der Nachmittag bestätigte das. Ich versuchte auf jede erdenkliche Weise, ein paar Eindrücke aus dem Großen hervorzulocken, aber er reagierte so gut wie gar nicht. Es wirkt immer, als wäre alles schon wieder komplett gelöscht. Wir kennen dieses Verhalten von ihm, aber es ist immer wieder betrüblich. Aus der WhatsApp-Gruppe kamen Nachrichten begeisterter Eltern, deren Kinder wie Wasserfälle plauderten und alles haarklein erzählten. Nicht so bei uns. Er verhielt sich, als wäre nichts gewesen, suchte zwar immer wieder Ruhe und Rückzug, war aber überhaupt nicht kuschelig, weich oder anschmiegsam, wie man es sich nach so einer Reise vielleicht wünschen würde.
In einigen Konfliktsituationen verhielt er sich genauso unnachgiebig, kompromisslos und schnell gekränkt wie üblich. Erstaunlich, wie rasant er von der extremen Anpassung der letzten Tage umschalten kann auf "Normalbetrieb". Gegen Abend hin gab er dann auch einige neu gelernte Ausdrücke zum Besten (die er hoffentlich schnell wieder vergisst), klagte über die Schmerzen seiner leider sonnenverbrannten Schulterpartie und war nicht nur uns, sondern dann auch der Kleinen gegenüber nicht auf Kuschelkurs. Zwar sind wir es so von ihm gewöhnt, aber das macht es nicht unbedingt leichter. Ein Kind, was uns weder an seinen schönen Erlebnissen teilhaben lässt noch sich wieder freudestrahlend und sehnsüchtig ins familiäre Nest integriert, verlangt schon eine große Portion elterliche Toleranz. Unsere Erwartungshaltung oder Hoffnung ist eben doch immer wieder eine andere, auch wenn wir es eigentlich besser wissen müssten.
Mein Fazit:
Wie hier und hier schon öfter beschrieben, war es für uns wieder eine traumhaft entspannte Ein-Kind-Zeit. Die morgendliche Routine funktionierte wesentlich reibungsloser und ruhiger mit der kooperativen Kleinen, die im Gegensatz zum Großen sich bereitwillig anzieht und zur Tür geht, wenn wir los müssen. Das Abholen war ebenfalls sehr harmonisch und die Nachmittage, die sonst immer vom Zerreißen zwischen den verschiedenen Bedürfnissen und Launen der Kinder geprägt sind, verliefen absolut einvernehmlich und fröhlich. Einen Nachmittag zelebrierte mein Mann einen Papa-Tochter-Nachmittag und ich konnte zu einer sonst utopischen Uhrzeit auf dem Balkon sitzen und schreiben. Das war herrlich! Auch die Abende verliefen ruhig und lustig. Man merkte, wie die Kleine es genoss, dass sich alle mal auf sie konzentrierten, muss sie doch sonst oft hinter dem fordernden Großen zurückstecken. Und wir wiederum merkten, wieviel in ihr steckt und was für ein tolles Wesen sie hat. Besonders für meinen Mann war das wieder eine schöne Erkenntnis, da er sie sonst zumeist eher mit Kreischerei und Zickerei in Verbindung bringt, obwohl ich ihm immer wieder sage, dass das überwiegend aus dem Zusammentreffen mit dem Großen entsteht. Die Abwesenheit des zweiten Kindes wirkt sich auch sofort auf das Nervenkostüm und die körperliche Verfassung aus. Der ständige fiese Magendruck, mit dem ich sonst zu kämpfen habe, glänzte in diesen Tagen durch Abwesenheit. Ich beschreibe es immer wie ein permanent überspanntes Seil, was auf einmal gelockert wird. Das ganze Leben ist gleich soviel lockerer, leichter und lustiger. Da die Kleine ja noch nicht alleine verreist, werden wir noch lange Zeit nicht wissen, ob das aus dem Fehlen des Großen mit seinem anstrengenden Charakter resultiert oder generell aus der Abwesenheit eines Kindes.
Emotional war es anfangs schwierig für mich. Jedes Foto, jede Nachricht bescherten mir einen Kloß im Hals und ein Tränchen im Auge. Nach 2 Nächten hätte der Große von mir aus zurückkehren können und ich halte die 4 Tage wirklich für viel zu lang. Es ist schon ein Unterschied, ob man das Kind bei den Großeltern betreut weiß, mit Exklusivbetreuung und -versorgung und zwar anderen, aber wenigstens individuell auf das Kind ausgerichteten Maßstäben. Wenn er bei den Großeltern ist, mache ich mir fast keine Sorgen und vermisse ihn eigentlich auch nicht. Bei so einer Reise allerdings, mit dem Gruppenzwang, den fehlenden Rückzugsmöglichkeiten, der ständigen Anpassung und Unterdrückung emotionaler Belange, mache ich mir deutlich mehr Gedanken um ihn und habe mich oft gefragt, wie er bestimmte Momente bewältigt. Ich spüre dann viel mehr, dass ich ihn dort nicht beschützen und auffangen kann, wie ich es zuhause immer mache. Das bereitete mir anfangs große Schwierigkeiten und ich war die ersten Tage richtig traurig. Nach und nach wurde es etwas besser.
Es entstand für mich erstmals ein deutlicher Zwiespalt zwischen dem eigenen Wohlfühlen in der Ein-Kind-Situation und den Gedanken und Sorgen um das physische und psychische Wohl des Großen. Letzteres war bei den bisherigen Übernachtungsbesuchen des Großen bei den Großeltern nicht der Fall gewesen und ich fühlte mich vor allem am Anfang sehr zerrissen. Er ist eben noch sehr klein und benötigt nicht nur Unterstützung bei den alltäglichen Dingen, sondern vor allem auch emotionales Feedback. Auch wenn er das vielleicht selbst nicht merkt oder annehmen will. In der ersten Nacht zuhause weinte er zweimal, was er sonst nie macht. Er verarbeitet also schon auf seine Weise.
Für mich ist es enorm schwierig, direkt hinterher nichts zu erfahren. Beim Abholen ist dafür verständlicherweise keine Gelegenheit. Für Eltern von Kindern, die von selbst nichts erzählen, ist es ziemlich schwer erträglich, so in der Luft zu hängen. Ich hoffe, dass bald Entwicklungsgespräche in der Gruppe des Großen stattfinden. Diese sind extra auf die Zeit nach der Kitareise verschoben worden, damit diese mit einfließen kann. Ich bin gespannt, was wir dann erfahren werden. Vielleicht gibt der Große bis dahin häppchenweise noch ein wenig mehr preis. Und sollte ein Feedback der Eltern gewünscht sein, werde ich auf jeden Fall für eine kürzere Dauer plädieren, zumindest für dieses junge Alter. Auch wenn die seltenen Ein-Kind-Zeiten bei uns sehr willkommen und entlastend sind.

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