Die Erfindung der Liebe

Benazotti kann alles zugleich, eine Zigarette rauchen, drei Mitarbeiter feuern, die Namen speiend wie Kerne, die seine Sekretärin in ihrem Block auffängt, die sie beim Schließen darin zermalmen wird, den Schreien aus dem Blockinneren lauschend und lächelnd, dabei einen Espresso für ihren Chef Benazotti zubereitend, der sich indes ans Fenster lehnt, den Platz vor dem Gebäude inspizierend, dabei auf mich, den er nicht einmal anblicken will und muss, einsprechend, fragend, erzählend, befehlend, denn immerhin sei ich ja Schriftsteller, sind Sie doch, oder, fragt er nebenher, nicht interessiert, was ich dazu sagen möchte, fortfahrend, dann erfinden Sie mir eine Liebesgeschichte, das sagt er, zeigt zur Wand hin, zum Wandgemälde, darauf seine Frau neben Rosen steht, eine wunderschöne Frau, die so, ich weiß es, denn ich sah sie bereits in der Wirklichkeit, damals bei einer Abendgesellschaft im Hause Benazotti, überhaupt nicht aussieht, die vom Künstler geschönt wurde, die eine Fälschung ist, eine Erfindung, die nun Benazotti von mir verlangt, ich will, sagt er mit ruhigen und gesetzten Buchstaben, meine Geschichte, verstehen Sie, ich will, dass Sie meine Geschichte erfinden, die Geschichte meiner Frau, Sie sollen über unsere Liebe schreiben, ich werde Ihnen Anhaltspunkte geben, Orte und Zeiten, denn es soll ja den Anschein der Wahrheit haben, aber, unterbreche ich Benazotti, das ist nicht machbar, das ist mehr als schwer, was, schreit Benazotti auf, schwer, Sie sind doch ein professioneller Lügner, Sie müssen doch so etwas können, das sagt er, während seine Sekretärin in den Raum geschwebt kommt, ein Tablett mit Wasser und Espresso hinterlassend, eine Erscheinung wie aus einer anderen Welt, die durch Wände gehen kann, da bin ich mir sicher, sie würde es tun, würde es Benazotti von ihr verlangen, der nun wieder anfängt, die Stimme erhebend, Sie werden mir eine Lebensgeschichte erfinden, und Sie werden mit der Liebe zu meiner Frau beginnen, Sie werden Sie in rosa Buchstaben malen, schwülstig und großartig und zum Weinen, haben wir uns da verstanden, und dieses, haben wir uns da verstanden, war keine Frage, das war eine Ansage, ein Befehl, ein Knochen, hingeworfen, einfach so, von Benazotti, der sich nun genüsslich zurück lehnt, der mich ansieht und lächelt, das wird sich auch für Sie lohnen, sagt er, sicherlich und ganz gewiss, Sie können sich da auf mich verlassen, ich habe Kontakte, Beziehungen, ich kann sie bis ganz nach oben bringen, Sie wollen doch an die Spitze, einen Bestseller schreiben, nein, sage ich, leise, ganz leise, der müsse nicht sein, Benazotti schüttelt den Kopf, er kann das nicht verstehen, ein ehrgeizloser Autor, wo hat er so etwas denn schon einmal gesehen, er murmelt vor sich hin, er greift nach dem Espresso, er schlürft von der Brühe, er verzieht das Gesicht, kein Zucker, sagt er, die Schlampe hat den Zucker vergessen, ich werde sie, dann erinnert er sich an mich und blickt auf, nichts werde ich, sagt er, erst werden wir das Gespräch beenden, ich biete ihnen viel, auch viel Geld, Sie müssen nichts dafür tun, ein bisschen tippen, das können Sie doch, Sie sollen eine Geschichte erfinden, eine Liebesgeschichte, das werden Sie doch schaffen, oder, lassen Sie sich inspirieren, ein wenig Romeo und Julia, Sie dürfen sich mit diesem Shakesbär anlegen, schreiben sie diesen verschissenen Engländer an die Wand, ich will ihn daran erinnern, über wen er sich da auslasse, aber er winkt ab, Sie sind besser als diese teeschlürfende Tunte, haben Sie keine Angst, sollte er ihnen als Konkurrenz erscheinen, ich habe Geld, ich würde sogar eine Zeitmaschine bauen lassen, dann statten wir dem kleinen Spitzbart einen Besuch ab, er zwinkert mir zu, fährt fort, mit gebrochenen Fingern lässt sich schlecht schreiben, ich kann es nicht glauben, auch nicht fassen, was er da vorschlägt, dieser Benazotti, weil es ein ernsthafter Vorschlag ist, man kann es seinem Gesicht ablesen, solche Menschen, die tun alles, die lassen sich nicht aufhalten, es wird besser sein, wenn ich zustimme, wenn ich ihm seinen Roman schreiben werde, seine Lebensgeschichte, ich nicke also kurz, Benazotti schlägt mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte und ruft, ich wusste es, Sie fangen sofort an, Sie bekommen in unserer Stadtvilla ein Zimmer zugewiesen, dort finden Sie alles, was Sie brauchen, und sollte es Ihnen an etwas mangeln, dann lassen Sie es mich wissen, sagt Benazotti und winkt mich dabei schon aus seinem Arbeitszimmer, den Telefonhörer am Ohr, Geschäfte tätigend, zufrieden, bald sein Leben in den genehmsten Worten beschrieben zu sehen.



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