Die einfachen Afghanen möchten unsere „Hilfe” mit Waffen nicht

von Siegfried R. Krebs

WEIMAR. (fgw) Dr. Heiko Kühn ist niedergelassener Anästhesist. Seinen Jahresurlaub 2010 hat er in Afghanistan verbracht, jedoch nicht als Tourist. In diesen vier Wochen stellte er sich in den Dienst der Organisation „Ärzte ohne Grenzen. Über seine Eindrücke sprach er am ersten Februar-Sonntag frank und frei bei einem Politischen Frühschoppen der Weimarer LINKEN.

Zu Jahresbeginn hat der Deutsche Bundestag gegen die Stimmen der LINKS-Fraktionen und einzelner anderer Abgeordneter das Mandat für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr erneut verlängert. Vier Wochen sind zwar nur eine kurze Zeit, um umfassende Eindrücke von einem Land zu erhalten, das seit über 30 Jahren durch Bürgerkriege und ausländische Besetzungen schwer leiden muß. Dennoch habe er trotz ärztlichen Einsatzes rund um die Uhr seine Augen offengehalten und könne sagen, daß alle die Begründungen für die nun schon neun Jahre andauernde Besetzung des Landes durch NATO-Truppen verlogen seien.

So hob Dr. Kühn hervor, daß sich die Sicherheitslage im Lande trotz immer mehr ausländischer Truppen immer weiter verschlechtere. Das hätten ihm freiwillige Helfer, die schon viele Jahre in Afghanistan tätig sind, bestätigt. Und auch die einfachen Menschen dort würden das immer wieder hervorheben. Entgegen den schönen Worten der Politiker würden die Militärärzte der NATO-Armeen sich auftragsgemäß nur um ihre eigene Soldaten kümmern und nur im Ausnahmefall mal einen Einheimischen behandeln. Und wenn die Bundeswehr Brunnen grabe, dann seien das lediglich saisonal nutzbare. Von Frauenrechten sei erst recht nichts zu spüren. Auch sei der Anbau von Mohn (als Grundlage für Drogen) nicht gestoppt, sondern weite sich immer weiter aus. Stattdessen bekämen zivile ausländische Helfer immer wieder zu hören, daß man ausländische Hilfe mit Waffen nicht möchte.

Daß das keine Worthülse ist, bekommen auch die „Ärzte ohne Grenzen” zu spüren. Sie können ihre humanistische Arbeit nur dann friedlich verrichten, wenn sie sich von den NATO-Truppen fernhalten… Statt de-eskalierend zu wirken, würde die Anwesenheit ausländischer Truppen die Gewaltspirale im Land nur anheizen.

Was die Verwendung der ausländischen Hilfsgelder angeht, da nannte Dr. Kühn einige Zahlen. Das wenigste komme bei den Menschen an und diene der Hilfe zur Selbsthilfe. Das meiste gehe für den Unterhalt der ausländischen Truppen drauf, auch für die privaten Sicherheitsdienste dort, die die Ausländer vor den Afghanen schützen sollen. 1.000 Dollar pro Tag erhalte so ein Privat-Söldner. Einem Arzt seiner Organisation zahle man lediglich 800 Euro Aufwandsentschädigung pro Monat…

Dr. Kühn schloß seine Ausführungen mit diesen Worten: „Die Politiker und Militärs müssen sich fragen lassen, was sie denn wirklich helfen. Denn ihre Hilfe ist nicht die Hilfe die die Menschen haben wollen. Daher verpufft auch die selbstlose Hilfe von zivilen Hilfsorganisationen. Auch die meine. Und ich hatte tatsächlich geglaubt, den Menschen wirklich helfen zu können.”

[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]


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